Agenda 2010, Hartz, Sozialreform: Versprechungen platzen wie Seifenblasen – wer bezahlt die Spesen?

Mit den Hartz-Reformen sollte die Arbeitslosigkeit angeblich innerhalb von 2-3 Jahren halbiert werden. Tolle Versprechungen!
Mit der Gesundheitsreform sollte die medizinische Versorgung angeblich
verbessert und die Krankenkassenbeiträge gesenkt werden. Schöne neue
Welt!
Versprechungen gab es serienweise!
Doch nun zeigen sich die ersten realen Ergebnisse:

Beispiel Hartz-Reform:
Ein wesentlicher Baustein waren die PSAs (Personal Service Agenturen).
Sie sollten im ersten Jahr laut Wirtschaftsminister Clement (SPD) im
ersten Jahr rund 40.000 Menschen Arbeit bringen. Ende 2003 wurde Bilanz
gezogen. Tatsächlich erhielten im ersten Jahr bis Ende Oktober
lediglich knapp 2800 einen festen Arbeitsplatz über eine PSA. Wieviele
Festbeschäftigte dafür durch den Einsatz billiger Leiharbeitskräfte in
die Arbeitslosigkeit entlassen wurden, verschweigt die Statistik.
Und es wird getrickst: „Susanne B. verbringt die Tage zu Hause. Das tut
die gelernte Apothekenhelferin schon seit Monaten. Dabei hat sie einen
neuen Job, ist festangestellt als Leiharbeiterin bei einer
Personal-Service-Agentur…
    Aus der Arbeitslosenstatistik ist sie damit
verschwunden, doch für sie selbst hat sich nicht viel geändert, wie sie
uns berichtet: ‘Ich sitze wochenlang zu Hause rum. Es kommen gar keine
Vermittlungssachen… herüber. Das Einzige, was passiert ist: Ich habe
von denen ein Bewerbungsprotokoll bekommen, mit dem ich mich selber
bewerben sollte und zwar auf eine Stelle, von der ich schon eine Absage
bekommen hatte.’” (aus einem ZDF-Bericht vom 11.11.03)

Die Maatwerk-Pleite
Schon länger wurde vor Maatwerk gewarnt. Doch man brauchte schnell
„Erfolge”. So stieg Maatwerk zum größten PSA-Betreiber Deutschlands
auf. In über 200 Agenturen beschäftigte sie 10.000 Zeitarbeiter. In
seiner Reportage vom 11.11.03 berichtete das ZDF: „Bei der
Maatwerk-Niederlassung in Lippstadt sind 85 Arbeitslose eingestellt
worden. Die PSA zahlt ihnen ein Gehalt. Nur einen Teil davon kassiert
die PSA vom Arbeitsamt, für jeden Zeitarbeiter monatlich rund 1000
Euro. Für die PSA rechnet sich das Geschäft nur, wenn sie genügend
Beschäftigte an ein Unternehmen gegen Geld verleiht oder direkt in
einen festen Job vermitteln kann. Sonst sind die Personalkosten nicht
gedeckt. Doch in Lippstadt gibt es nichts zu tun für die meisten
PSA-Leiharbeiter. Nur sieben von 85 sind verliehen und haben Arbeit,
der Rest sitzt zu Hause.”
Das Labournet veröffentlichte einen umfangreichen Bericht über die
Machenschaften bei Maatwerk
(http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/psa/achtungmaat.html),
der fortlaufend – zuletzt am 29.1.04 – aktualisiert wurde. 22
Betroffene berichten über die Zustände bei dieser „Personal Service
Agentur”, dass einem das Grausen kommt. So berichtet D.W., dass er in
der Niederlassung Aachen von Maatwerk nicht eingestellt wurde, weil er
50% behindert ist. Kommentar des Maatwerk-Mitarbeiters beim
Einstellungsgespräch, „bei Maatwerk (sei) noch nie ein Behinderter
eingestellt” worden. Viele berichten, dass bei Maatwerk Verträge vor-
oder rückdatiert wurden, dass beim Urlaub geschummelt wurde, dass die
Fahrtkostenerstattung bei überregionalem Einsatz mit langen
Anfahrtwegen und hohen finanziellen Belastungen für die Betroffenen
nicht geregelt waren. Verträge wurden auf 9 Monate befristet bei bis zu
6-monatiger Probezeit!!! Die groß angepriesene Beratung und
Einstiegshilfen für die Wiedereingliederung in den regulären
Arbeitsmarkt gab es nicht. Die „Berater” sind selbst oft ehemalige
Arbeitslose, die weit unter ihrer bisherigen Entlohnung eingestellt
werden und teilweise nur in 2-tägigen Kursen auf ihre Aufgabe
vorbereitet wurden. In den Berichten wird beklagt, dass Maatwerk kaum
eigene Vermittlung durchführte, was eigentlich zu den Aufgaben der PSAs
gehört, sondern die Leiharbeiter ständig zu eigener Stellensuche
antrieb. Ein Betroffener berichtet, dass er selbst eine feste Stelle
fand, Maatwerk aber als „Vermittler” die Entlohnung vom Arbeitsamt
einstreichen wollte. Nur dann wollte Maatwerk den Betroffenen aus dem
Leiharbeitsvertrag entlassen. Die Liste der berichteten Mißstände ist
so lang, dass damit problemlos mehrere Seiten gefüllt werden könnten –
siehe den ausführlichen Bericht im Internet.
Wo es keine Stellen gibt, kann auch eine PSA nichts vermitteln. Daher
muss das PSA-Konzept scheitern. Die Pleite von Maatwerk ist ein Symptom.

Arbeitslosengeld II – ab in die Armut
Ab Januar 2005 wird das Arbeitslosengeld II das Einkommen zahlreicher
Menschen auf Sozialhilfeniveau absenken. In einer Stadt wie Stuttgart –
mit relativ sehr niedriger Arbeitslosenzahl – werden davon bei ca.
590.000 Einwohnern 6.500 betroffen sein! Das sind über 1% der
Bevölkerung, mit den mitbetroffenen Familienangehörigen werden es dann
2% – zusätzlich zu den bereits vorhandenen Sozialhilfeempfängern. Der
Stuttgarter Oerbürgermeister: „Auf diese Menschen kommt ein harter
sozialer Schnitt zu”. Im Jahr 2006 werden weitere 1.000 folgen – und so
weiter. Versprochen war dafür eine Zusammenführung von Beratung,
Betreuung und Vermittlung – doch dieser Teil der „Reform” ist
gescheitert. Geblieben sind nur die Kürzungen. Städte wie Stuttgart
wehren sich gegen diese „Reform” nicht aus Mitleid (der Stuttgarter
Oberbürgermeister streicht selbst, wo er kann), sondern weil z.B. für
Stuttgart statt einer versprochenen Entlastung der Gemeindekasse eine
Mehrbelastung von rund 25 Mio. Euro erwartet wird. Die Folge werden
weitere soziale Einschnitte auf kommunaler Ebene sein.

Rentenkürzungen ohne Ende
Laut Stiftung Warentest verlieren Rentner mit Betriebsrenten im Jahr
2004 bis zu 500 Euro, weil sie dafür nun den vollen
Krankenkassenbeitrag zahlen müssen. Alle Rentner müssen den vollen
Pflegeversicherungsbeitrag zahlen. Dazu gibt es eine Nullrunde. Noch
nicht einmal die Inflation wird ausgeglichen – also eine Senkung der
Renten. In 2005 soll dann eine wieder eine Nullrunde kommen.
Hinzukommt die Einführung eines Nachhaltigkeitsfaktors durch die das
Renteniveau insgesamt von derzeit 53% allmählich auf 43% abgesenkt
werden soll. Ausbildungszeiten werden kaum noch angerechnet – das macht
ca. 5% Rentenkürzung aus.
Gleichzeitig wird die Rentenreserve, die bis jetzt eine Monatsausgabe
hoch sein mußte, auf 20% gesenkt – die sowieso knappen Rentenkassen
werden geplündert.
Doch das alles reicht nicht: Weitere Kürzungen sind geplant. So soll
z.B. Das Renteintrittsalter auf 67 Jahre erhöht werden. Doch derzeit
wird das nicht öffentlich ausposaunt, da ein Superwahljahr läuft. Die
Verfallzeit dieser „Reformen” wird immer kürzer. Als 2001 die
Riester-Rente und damit zugleich Rentenkürzungen von ca. 9% beschlossen
wurden, wurde dies als Jahrhundert-Reform zur Sicherung der Renten
gefeiert. Das Jahrhundert währte nur 2 Jahre bis zu den nächsten
Kürzungen. Und nun wird schon unmittelbar nach den beschlossenen
Kürzungen die nächste Streichorgie vorbereitet.
Übrigens das CDU-Rentenkonzept führt nach Angaben des
CDU-”Sozialexperten” Andreas Storm ebenfalls zu einer „massiven
Absenkung des Leistungsniveaus” (St.Z. V. 13.2.04) Experten haben
berechnet, dass damit die Renten sogar noch stärker sinken als bei den
Regierungsplänen.
Was für Arbeiter, Angestellte und mittlerweile auch für Beamte gilt,
gilt jedoch nicht für Politiker. So erwerben Minister und Abgeordnete
nach einer kurzen Verweildauer im Amt bzw. Parlament
Grund-Rentenansprüche, die ein normaler Arbeitgeber z.B. erst nach 45
Jahren harter Arbeit erreicht. Zudem betreffen Regelungen zur
Einschränkung des vorzeitigen Altersruhestandes zwar die gesamte
Bevölkerung, jedoch nicht die Abgeordneten. Denn diese können nach 18
Jahren Parlamentszugehörigkeit schon mit 55 Jahren in Rente gehen.

Gesundheitsreform – eine Katastrophe

Das Gemeinschaftsprojekt von CDU/CSU und SPD-Grünen-Regierung sei „der
notwendigste Teil der innenpolitischen Erneuerung” so Bundeskanzler
Schröder. Laut Sozialministerin Ulla Schmidt sollte damit die
Gesundheitsversorgung verbessert und die Krankenkassenbeiträge gesenkt
werden. Pustekuchen! Praxisgebühr, erhöhte Zuzahlungen bei
Medikamenten, Physiotherapie, Krankenhausaufenthalten usw. Haben die
Krankenversorgung verteuert und für die, die sich das nicht leisten
können, verschlechtert. Die Krankenkassenbeiträge wurden nicht gesenkt.
Aufgrund der Proteste mußte die Regierung ihre Pläne an vielen Stellen
wie z.B. der Fahrtkostenregelung etwas abmildern, sodass am Ende die
Einsparungen so gering ausfallen, dass bereits über die nächste Kürzung
nachgedacht wird.

Die versprochenen Effekte sind nicht eingetreten. Doch bezahlen müssen
die Arbeiter, Angestellten, Beamten, Rentner und ihre Familie trotzdem.
Deshalb muss der Widerstand weitergeführt werden. Neue Kürzungen müssen bekämpft und die Rücknahme der alten gefordert werden.
Am 3. April gibt es in Berlin, Köln und Stuttgart drei große
Demonstrationen gegen den Sozialabbau. Wir rufen alle Leser/innen von
„Arbeit Zukunft” auf, daran aktiv teilzunehmen und unter Kolleg/innen,
Bekannten, Freunden und in der Familie für die Teilnahme zu werben.
Nehmt Transparente mit euren Forderungen mit!
Aufstehen – gegen Sozialabbau!
ernst