„Festung Europa“ – Ausstellung und Vortrag in Ludwigsburg

Am 8. Dezember wurde im Demokratischen Zentrum Ludwigsburg, im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zum Thema Migration eine Ausstellung von Peter Schmidt „Festung Europa“ eröffnet. Dazu hielt Elias Bierdel, der frühere Vorsitzende der Hilfsorganisation Cap Anamur, einen bedrückenden Vortrag über „Das Sterben an den EU-Außengrenzen“. Die Fotos, die Elias Bierdel zeigte, waren gespenstisch, grausam, schockierend. Und die Zahlen, die er nannte, machten deutlich, hier handelt es sich nicht um Einzelfälle. 3-4000 Menschen sterben jährlich nach der offiziellen Zählung der EU an ihren Außengrenzen. Kirchen und Menschenrechtsorganisationen gehen jedoch von einer Fünf- bis Zehnmal so hohen Zahl von Toten aus. Bierdel zeigte Fotos von Gummibooten, die völlig überfüllt und ohne Treibstoff hilflos im Mittelmeer oder vor den Kanarischen Inseln herum treiben.

Er berichtete davon, wie er und der Kapitän des Schiffes „Cap Anamur II“, Stefan Schmidt, in Italien als angebliche Schlepper vor Gericht standen, weil sie in Seenot geratene Flüchtlinge vor dem Ertrinken bewahrten und auf ihrem Schiff aufnahmen. Sie wurden im Oktober 2009 aufgrund des hohen öffentlichen Drucks frei gesprochen.

Zur gleichen Zeit wurden jedoch sieben tunesische Fischer wegen angeblichen Angriffs auf ein Kriegsschiff der italienischen Marine verurteilt. Laut Anklage und Urteil sollen diese Fischer mit ihrem unbewaffnete, kleinen Boot ein bewaffnetes Kriegsschiff angegriffen haben. Real war es so, dass die tunesischen Fischer ein sinkendes Flüchtlingsboot sahen und die Behörden informierten. Die italienischen Behörden befahlen den Fischern, nichts zu unternehmen. Als nach Stunden immer noch keine Hilfe eintraf und die Flüchtlinge am Ertrinken waren, nahmen die Fischer die völlig entkräfteten Menschen an Bord und wollten sie in den nächstliegenden italienischen Hafen bringen. Dort wurden sie von mehreren bewaffneten Kriegsschiffen an der Einfahrt gehindert. Als sie an einem der Kriegsschiffe vorbei in den Hafen einliefen, weil sie Menschen an Bord hatten, die dringend medizinischer Hilfe bedurften, wurde ihnen das als „Angriff“ zur Last gelegt!

Elias Bierdel wies dabei unter anderem auf das Wirken von Frontex hin, der Agentur der EU zum „Schutz“ der Außengrenzen, die mit modernsten technischen Mitteln Menschenjagd an den Außengrenzen der EU betreibt. Mit Kriegsschiffen vor Afrika werden Flüchtlingsschiffe auf offener See bedrängt und an der Weiterfahrt gehindert – unter Bruch des Seerechts. Mit Satelliten werden die Meere auf Flüchtlingsbewegungen hin überwacht. Wehrzäune, Stacheldrahtanlagen, Minenfelder „schützen“ die EU vor Menschen. Bierdel zeigte Fotos von Menschen, die im Minenfeld zwischen der Türkei und der EU verstümmelt wurden oder starben. Die Bundeswehr lieferte die dafür notwendigen Minenlegepanzer.

Über viele dieser Ereignisse kann man sich auf den Internetseiten von http://borderline-europe.de/ oder auf http://frontex.antira.info/ genauer informieren.

Die Installation „Festung Europa“ von Peter Schmidt passte zu dem Vortrag. Mit kleinen Figürchen aus dem Modellbau, verschiedensten Materialien bastelte er eine bedrückende Festung Europa. Über einem Meer, auf dem kleine Papierboote besetzt mit Menschen in dickem Nebel schaukeln, ragt eine Burg mit Stacheldraht und mit Bewachern, die ihre Maschinengewehre bereit halten. In der Mitte der Burg ragt ein Glasturm auf. Da sieht man Manager, Banker, nette Cafés, aber auch Liegestühle mit Erholungssuchenden. Der Kontrast zwischen denen im geschützten und martialisch bewachten Glasturm und denen unten in den Booten, die verzweifelt hereinkommen wollen, ist krass und greifbar. Das ist eine Kunst, die sich nicht fernab von der Gesellschaft „dem Schönen und Guten“ widmet, sondern die Realität des Kapitalismus widerspiegelt.

Über die Ausstellung und die laufende Reihe von Vorträgen und Kunstbeiträgen kann man sich bei http://www.oma-maier.de/ unter dem Punkt „Aktuell“ und „Festung Europa“ informieren. Dort findet man auch eindrucksvolle Fotos der Installation von Peter Schmidt.

Das Programm des Demokratischen Zentrums Ludwigsburg „Grenzkontrolle“ findet man unter http://www.demoz-lb.de/