Ein Brief an Herrn Westerwelle: Danke, lieber Guido!

Offen rührst Du an ein Grundübel unserer Gesellschaft, wenn Deine FDP sagt: „Arbeit muss sich wieder lohnen!“

Da sind wir ganz Deiner bzw. Eurer Meinung. Denn konsequent umgesetzt, heißt das ja wenigstens als ersten Schritt: Her mit einem Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde! Weiter würde das bedeuten Verbot der neuen Sklavenarbeit wie Ein-Euro-Jobs oder Leiharbeit!

Dankbar bin ich dir auch dafür, dass du endlich klar gesagt hast: „Wer arbeitet muss mehr haben als derjenige, der nicht arbeitet.“ Ich muss dich nur darauf aufmerksam machen, dass es dann ganz schön eng für die Anhänger der FDP wird und einige eurer größten Spender zu Hungerleidern würden. Aber ich finde es auch richtig, dass nicht Aktienspekulanten, Börsenzocker, Kapitalisten, die nichts arbeiten und nur von der Ausbeutung anderer leben, nicht so viel haben dürfen, wie diejenigen, die den ganzen Reichtum der Gesellschaft schaffen: die Arbeiter, Bauern und kleinen Angestellten. Es wäre schon toll, wenn endlich, diejenigen, die jeden Tag hart arbeiten und die gesamte Gesellschaft tragen, auch den Reichtum, den sie schaffen, in ihren eigenen Händen halten.

Die Umsetzung Deiner Forderung würde aber auch dich selber sicher in Nöten bringen. Hast Du Dir das wirklich gut überlegt?

Denn ich habe noch keinen Politiker gesehen, der wirklich etwas gearbeitet hätte. Oder kannst Du Dich außer bei Fototerminen für irgendeinen Neubau mit einer Schaufel in der Hand vorstellen? Ich könnte mir das schon ganz gut vorstellen, wie Du, Merkel und all die anderen, die das hart erarbeitete Vermögen des Volkes an Banken und Konzerne verschleudern und selbst nichts schaffen außer Sprechblasen zur Volksverdummung endlich mal 7 Stunden auf einer Baustelle schuften und abends müde ihr Haupt in einem Baucontainer zum Schlafen legen.

Aber ich denke doch, Du hast das alles nicht so gemeint. Denn Du behauptest, das sei Sozialismus, wenn die, die nicht arbeiten, mehr erhalten als die, die arbeiten. Da liegst Du nun mal wirklich völlig daneben. Denn nur im Kapitalismus bekommen die, die gar nicht arbeiten, den größten Reichtum der Gesellschaft vor ihre Füße gelegt. Nur im Kapitalismus gibt es die von dir zitierte spätrömische Dekadenz. Da bekommen Hotelkonzerne, die kurz zuvor Geld an Deine Partei gespendet haben, eine millionenschwere Steuererleichterung, ohne einen Finger dafür krumm zu machen.

Ich glaube viele Deiner Spender würden es dir bös übel nehmen, wenn Du ihnen dieses Geld, dass sie von Dir und Deinesgleichen ohne jede Arbeit erhalten haben, wieder wegnehmen wolltest. Aber die Absicht hast Du ja nicht. Du wolltest im Gegenteil dafür sorgen, dass sich harte Arbeit noch weniger lohnt. Du möchtest Hartz IV senken und streichen, damit die Menschen, die tagtäglich für diese Gesellschaft arbeiten und ihren Reichtum mehren, gezwungen sind, für noch geringere Löhne Arbeit anzunehmen. Du möchtest die Konkurrenz unter den Arbeitenden anheizen, damit Deine Klientel und Spender noch billigere Ware Arbeitskraft erhalten und damit die, die gar nichts arbeiten, noch mehr absahnen können.
Vielen Dank, Guido!

So was mag ich nicht! Deshalb kämpfe ich doch weiter mit aller Kraft für den Sozialismus, wo tatsächlich die, die arbeiten, mehr bekommen als die, die nicht arbeiten. Das ist eine Gesellschaft, wo alle Arbeit erhalten und davon leben können. Und ich freue mich, Dich dann jeden Morgen pünktlich mit Helm und Schaufel auf Deiner Dir zugewiesenen Baustelle zu sehen. Ich werde Dich dann, wenn ich Dir begegne, auch freundlich grüßen und dir ein paar aufmunternde Worte für den schweren Arbeitstag, der vor Dir liegt, zukommen lassen.

Ich würde mich daher freuen, wenn diese Forderung von Dir möglichst rasch umgesetzt wird und Du und Deinesgleichen einmal, statt die Gesellschaft auszuplündern und dann noch durch Hetze zu spalten, einen nützlichen Beitrag für die Gesellschaft leisten müssten.

Also bis bald – im Sozialismus!

Mit unfreundlichen Grüßen Ernst