Kommentar: Weder Grußonkel noch Frühstücksdirektor!

Horst Köhler trat nicht nur zurück, weil er, wie Arbeit Zukunft im Internet unter dem Eindruck des dramatischen Rücktritts zunächst schrieb, die dem Imperialismus unerträgliche Wahrheit gesagt hatte, sondern weil er mit seinen umstrittenen Worten in der Weltpolitik herumgefuhrwerkt hatte – wahrscheinlich unabgestimmt mit Merkel und dem bereits angezählten Vizekanzler und Außenminister Westerwelle.

Artikel 59 des Grundgesetzes legt nicht nur nach innen, sondern besonders nach außen fest: „Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich.“ Was der Bundespräsident international von sich gibt, gilt als Äußerung des völkerrechtlichen Subjekts Bundesrepublik Deutschland. Und Köhler sagte seine umstrittenen Worte auf Staatsreise nach Afghanistan, auf der Rückkehr vom Truppenbesuch und nicht auf einem Privattrip. Ob seine Worte mit Merkel und Westerwelle oder gar mit dem Bundestag abgestimmt waren, das interessiert international niemanden. Dass Erklärungen korrekt abgestimmt sind, wird normalerweise vorausgesetzt. Völkerrechtssubjet BRD, gemäß Artikel 59 Grundgesetz vertreten durch Bundspräsident Köhler, ließ mal so eben verlauten, dass „ … wir auf dem Wege sind,… zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit … wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren“ Hoppla, werden da Obama, Putin, Yang Zemin, Sarkozi und sicherlich noch einige mehr gedacht haben. Derartige Ansprüche sind ihnen selbst zwar absolut nicht fremd, aber wenn „Deutschland“ das einfach mal so sagt, dann erregt das Aufsehen. Sofort stehen ihnen alle historischen Ansprüche und Untaten dieses „Verbündeten“ und „Partners“ vor Augen, da checkt das geistige Auge sofort alle Interessendifferenzen zu diesem Deutschland ab.

Da bemühen sich in zermürbenden öffentlichen Debatten Schwarz-Gelb, SPD und Grüne verzweifelt, genau solche Aussagen öffentlich zu vermeiden. So sei die Bundeswehr unter „kriegsähnlichen Bedingungen“ unterwegs. Man versteckt den eigenen Kriegseinsatz hinter US-Propaganda und gibt sich als treuer und geplagter Nato-Partner. Der Bundeswehr im faktischen Kriegseinsatz wird eine humanitäre Mission, der Schutz von Menschenrechten, der Bau von Brunnen und Mädchenschulen angedichtet.

Und nun das! Köhler referierte ja nicht einfach öffentlich die verteidigungspolitischen Richtlinien, wo das, was er sagte, „für den Dienstgebrauch“ schon lange drinsteht. Nein, nun war das die Äußerung einer imperialistischen Macht, die sich gar nicht mehr im Gespann mit USA und Nato präsentiert, sondern den Militäreinsatz für „unsere Interessen“ ankündigt. Man lese die Worte genau. Da wird für den „Notfall“ keinerlei Rücksicht mehr auf die Interessen der ach so hoch geschätzten „Partner“ – in Wahrheit imperialistische Konkurrenten! – erwähnt!

Gab es gar im Hintergrund unangenehme Nachfragen per „rotem Telefon“? Mussten Botschafter im Berliner Außenministerium „antichambrieren“, Verärgerung und Irritation mimen? Wurden deutsche Botschafter in den Hauptstädten der Konkurrenz zum Rapport ins jeweilige Außenministerium einbestellt?

Sind Sie wahnsinnig, Köhler?“, war das die Reaktion der sowieso genervten Westerwelle und Merkel? Sah so das von Köhler angeprangerte Mobbing aus? Wurde er zurückgetreten?

Der Bundespräsident ist weder ein Grußonkel noch ein Frühstücksdirektor, wie das in der Öffentlichkeit stets dargestellt wird, dessen hehre Waffe einzig das edle Wort sei. Das ist Volksverdummung! Er ist nicht mehr und nicht weniger als das Staatsoberhaupt einer imperialistischen Macht. Sein Wort gilt als förmliche Erklärung des imperialistischen Deutschland. So wie Obama für Amerika spricht oder Yang Zemin für China! Das muss man auch für den Herrn Wulff beachten.

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