Kiel: Veranstaltung – Gesetzliche „Tarifeinheit“: Kommt das Streikrecht unter die Räder?

Der offene gewerkschaftliche Gesprächskreis lädt ein zu einem Informations- und Diskussionsabend

Montag, 7. März, 17:30 Uhr

Garbesaal im Gewerkschaftshaus, Legienstraße 22 in Kiel
Referent: Helmut Platow (ehm. Leiter des Bereichs Recht und Rechtspolitik
beim ver.di-Bundesvorstand)

Am 4. Juni letzten Jahres haben der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, und der Vorsitzendedes Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, auf einer Pressekonferenz eine gemeinsame Initiative vorgestellt, die so genannte Tarifeinheit gesetzlich zu regeln. In den Gewerkschaften war die zusammen mit den Arbeitgebern gestartete Initiative des DGB vor ihrer Bekanntgabe nirgendwo zur Diskussion gestellt worden. Umso schärfer wird sie dort mittlerweile in vielen Gliederungen kritisiert. Die zweifellos wichtige größtmögliche Einheit unter den Arbeitnehmern darf keine Sache staatlichen Zwanges werden, bei dem dann nicht mehr nach dem Sinn und Zweck dieser Einheit für die Arbeitnehmer gefragt wird, sondern Unternehmenswohl und Staatsräson im Vordergrund stehen. Die Einheit muss die Sache politisch-praktischer Überzeugung und freiwilliger Einsicht bleiben. So der Tenor der Kritik.

Im November hatte Arbeitgeberpräsident Hundt auf der Tagung seiner Vereinigung Bundeskanzlerin Merkel zu Gast und sie eindringlich ermahnt, in Sachen gesetzlicher Tarifeinheit aktiv zu werden. Merkel versprach, sich dazu Anfang dieses Jahres zu äußern. Der Koalitionsausschuss hatte das Thema bei seiner Sitzung am 21. Januar auf der Tagesordnung, anschließend aber nichtsdazu verlauten lassen. Man ist offenbar noch dabei zu prüfen. Es geht immerhin um ein elementares demokratisches Grundrecht. Gut möglich, dass man auch abwartet, wie sich die gewerkschaftliche Diskussion entwickelt.

Die Diskussion um die Einführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Tarifeinheit betrifft alle in irgendeiner Weise gewerkschaftlich engagierten Menschen innerhalb und außerhalb des DGB. Es geht um das grundlegende Recht aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sich autonom, d.h. ohne Staatseinmischung für ihre Interessen zusammenzuschließen, Kampfmaßnahmen zu verabreden und durchzuführen. Es geht um unser Streikrecht.

Darum darf die Angelegenheit auch nicht allein den Chefetagen der Gewerkschaftsorganisationen überlassen bleiben. Wenn von Gewerkschaftsseite der Gesetzgeber aufgefordert wird, derart weit reichend in das Arbeitskampfrecht einzugreifen, sollte jedes Gewerkschaftsmitglied zumindest einigermaßen informiert sein und gegebenenfalls Einspruch einlegen können.

Der offene gewerkschaftliche Gesprächskreis hat deshalb Helmut Platow eingeladen, uns in Kiel mit Details und Problematik der angestrebten Änderung des Tarifvertragsgesetzes bekanntzumachen. Helmut Platow war bis 2010 über viele Jahre Leiter des Bereichs Recht und Rechtspolitik beim ver.di-Vorstand in Berlin und an zahllosen Arbeitskämpfen beteiligt, die er von der rechtlichen Seite her unterstützt hat. Er ist daher aufs Beste vertraut mit der Materie.

Folgende Fragen unter anderen wollen wir versuchen zu klären:
– Welche Rolle hat die so genannte „Tarifeinheit“ in der
gewerkschaftlichen Praxis bisher gespielt?
– Was hat sich in der Rechtsprechung bezüglich der
„Tarifeinheit“ tatsächlich geändert?
– Welche rechtlichen Folgen wären durch die angestrebte
Gesetzesänderung für die Tarif- und Arbeitskampfpraxis zu erwarten?
– Welche Alternativen gibt es dazu, um größtmögliche Einheit in
Tarifangelegenheiten zu erreichen?

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