Antifa-Demo am Samstag, 18.02.2012 in Dresden: Wo sind die Gegner?

Anti-Nazi-Demonstration, Dresden, 18.1.2010Geht man nach den „offiziellen“ bürgerlichen Medien, dann fand diese Demonstration gar nicht statt. Sie wurde geflissentlich regelrecht verschwiegen. Eigentlich verständlich, gab es doch nichts Skandalöses zu berichten über randalierende, steinewerfende und molotowcocktailisierende Linksradikalies! Und wenn ich nicht selber daran teilgenommen hätte, wüsst ich ebenfalls nichts von dieser sehr erfolgreichen und wirkungsvollen Demonstration.

 

Auch wenn die (Neo)Nazis ihre für den 18.02.2012 angekündigten „Märsche“ in Dresden abgesagt hatten (sie befürchteten zu Recht eine nächste Schlappe wie 2011): Das Bündnis „Nazifrei – Dresden stellt sich quer“ rief in die Republik und organisierte den Aufschrei. Mehr als 10.000 (persönlich geschätzt) Antifaschisten und Demokraten ließen es sich nicht nehmen, aus der gesamten Bundesrepublik nach Dresden zu kommen, um gegen die braune Brut ihre Stimme in die Öffentlichkeit zu tragen.

In aller Herrgottsfrühe, nämlich Sonnabend 0.15 Uhr, gings ab mit dem Bus von Bielefeld gen Dresden. Genauer gesagt waren es drei Busse, die von hier losfuhren.Unterwegs kamen noch weitere hinzu, so dass daraus ein kleiner Konvoi von mehr als acht Bussen wurde.

Alles war hervorragend organisiert. Schnell bildeten sich innerhalb unseres Busses Gruppen, wurden interessante Gespräche geführt. Schon kurz nach unserer Ankunft in der Nähe des Dresdener Hauptbahnhofes schlossen wir die erste „Bekanntschaft“ mit der Ordnungsmacht. Kaum hatten wir uns auf einem grösserflächigem Rasenplatz nahe dem Hauptbahnhof mit den Demonstranten aus den anderen hier angelangten Bussen versammelt, da schrillten auch schon die Martinshörner und blinkte es blau aus allen Richtungen und Ecken – hektisch rückte die Polizei in ihren Mannschaftswagen an und „umzingelte vorsichtshalber“ den Rasenplatz – zu unserem Schutze, versteht sich. Da wir Versammelten jedoch friedlich schwatzend zusammenstanden, gab es für die Grün- bzw. Schwarzgeröckten keine Veranlassung zu irgendwelchen weiteren Handlungen.

 

Allerdings schon mal eine kleine Episode vom Rande des Geschehens:

In kleineren Gruppen machten sich einige von uns auf die Suche nach Toiletten und evtl. einer Tasse Kaffee danach. Aus einer dieser Grüppchen heraus fragte ein junger Mann (mit „Migrationshintergrund“), warum denn hier schon so viel gerüstete Polizei unterwegs sei. Nach kurzem, gar nicht so provokativem Wortgefecht ließ dann einer dieser Polizisten die nicht so leicht verdauliche Bemerkung fallen „Sie können ja auswandern, wenn ihnen das hier nicht gefällt“. Wer denkt da an Rassismus in den Reihen der Polizei?

 

Um 11.oo Uhr dann der geplante offizielle Start auf dem Bahnhofsvorplatz. Tausende Demonstranten füllten schon den Platz und es wurden zusehends mehr! Ich sah ein Meer von Transparenten, Sprüchen und Fahnen von Linksjugend, SDAJ, Kurdischen Organisationen, Die Linke, VVN … Schilder mit den seit 1991 im vereinten Deutschland von Rechtsextremisten ermordeten 146 Menschen stachen mir ins Auge. Meine Blicke erfassten viele, sehr viele, überwiegend junge Menschen. Ich war begeistert, mittendrin zu sein. In mir breitete sich ein etwas erhabenes Gefühl aus. Musik und kurze Ansprachen von Lautsprecherwagen wechselten sich ab, ergänzt von organisatorisch wichtigen Hinweisen und Orientierungen. Es herrschte regelrecht optimistische, zudem friedlich–kämpferische Stimmung, gepaart mit so etwas wie Volksfeststimmung, trotz oder gerade wegen der Ernsthaftigkeit des Anliegens. In Blöcken der vertretenen Bundesländer aufgeteilt, setzte ich mich bald mit dem langen, auf mehr als 10.000 Demonstranten angewachsenen Zug in Bewegung. Wir skandierten Sprüche, zeigten unsere Fahnen und Losungen, passende Lieder klangen aus den Lautsprechern der Begleitfahrzeuge. Alles blieb friedlich, ohne jedwede Provokation aus unseren Reihen. Ich machte zudem die wohltuende Erfahrung, dass die auch hier mitdemonstrierenden „Schwarzen Blöcke“ so „kriegerisch“sie auch aussehen mögen, sich ganz friedlich und ohne Provokation voll in unseren Demonstrationszug eingliederten!

Ganz im Gegenzug dazu gab die uns permanent argwöhnisch beobachtende, links und rechts flankierende Polizei eine wahrhaft kriegerisches Bild ab! Ich sah sie in voller „Kampf“montur, Helm mit heruntergeklapptem Visier, Gelenk- und Schienbeinschutz, tränengasflaschen- und schlagstockbewehrt, z.T. schildtragend. Zu unserem Schutze? Schutz vor wem (Nazis waren ja abwesend)? Oder weswegen?

Natürlich führte unser genehmigter Demonstrationsweg geradewegs an der eigentlichen Innenstadt außen vorbei. Haben deshalb die Fernseh- und Funkmedien nichts von uns wahrnehmen können? Aber – Ironie des Schicksals oder Fehlplanung? – wir kamen an den Gebäuden des Innenministeriums des Freistaates Sachsen vorbei. Diese waren natürlich noch viel extremer polizeilich gesichert. In Dreifachkordons standen sie, schildbewehrt bereit, alles vor den „angsteinflössenden marodierenden“ linken Demonstranten verteidigen zu wollen. Ach ja, an den Elbwiesen sah ich zudem eine Einheit berittener Polizei zu Pferde, bereit zum Eingriff. Man, habe ich mich da sicher gefühlt! Oder eben doch mehr bedroht?

Mehr als drei Stunden zogen wir friedlich, aber lautstark durch Dresdens Straßen mit unserem legitimen Anliegen, den Nazis, ob neu oder alt, zu zeigen, dass uns die Straße gehört und für sie kein Platz in dieser Bundesrepublik sein darf.

 

Am Ende ließ ich mich auf meinen Sitz im Bus fallen, erschöpft ob der körperlichen Anstrengung, aber innerlich glücklich, selber dabei gewesen zu sein. Mich erfüllte die Zuversicht, dass es uns, Jung und Alt vereint, noch besser gelingen kann, den faschistischen Umtrieben Einhalt zu gebieten und ihnen unsere geeinte Kraft entgegenzustellen – auf der Strasse.

Beim nächsten Mal, wenn es gegen die faschistoiden Naziumtriebe gehen soll, werde ich ebenfalls dabei sein, das lasse ich mir nicht nehmen. Auch wenn ich im bürgerlichen Medienstream wieder nicht zu sehen sein werde. Das Anliegen des Antifaschismus ist mir eben zu wichtig. Aber, o weh, das ist LINKS, eben nicht medienträchtig Rechts.

KF