Erklärung der marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen Europas:

Wir werden weder die Krise noch die Schulden bezahlen!

Nein zum „Haushaltspakt“, dem sogenannten Merkel-Sarkozy-Vertrag!

Es lebe die internationale Solidarität!

 

Die Krise des kapitalistischen System trifft die Länder der EU schwer. Ob sie in die Rezession geraten oder noch ein gewisses Wachstum erfahren, die von den Regierungen auferlegte Politik ist die gleiche: die Sparpolitik lastet ausschließlich auf den Arbeitern, den Volksmassen, den Völkern.

Die Folgen dieser Politik sind auch jenseits der Grenzen der EU zu spüren. Die Völker der abhängigen Länder Afrikas erleiden durch sie eine Verstärkung der imperialistischen Politik der Ausplünderung ihrer materiellen und menschlichen Ressourcen. Die Monopole und die ihnen dienenden Staaten verstärken ihre weltweite Konkurrenz und versuchen, die Arbeiter und die Völker gegeneinander zu hetzen, um überall die kapitalistische Ausbeutung zu verstärken.

Überall wollen die rechten, sozialliberalen oder die eine Koalition bildenden Regierungen, unter dem Vorwand der Last der Staatsschulden, die Arbeiterklasse, die Bauernschaft, die kleinen Handeltreibenden und Handwerker, die Jugend, die Frauen aus den unteren Schichten, die breiten Massen der Städte und auf dem Land, die Krise bezahlen lassen.

In einem Land nach dem anderen erzwingen die Sparpläne Lohnkürzungen, Erhöhung der Steuern, insbesondere der indirekten Steuern, die schwer auf den Volksmassen lasten. Sie setzen die Privatisierungen und die Liquidierung des öffentlichen Dienstes fort, insbesondere im Gesundheitswesen, im Erziehungswesen und im Bereich der sozialen Sicherung, und dehnen sie aus.

Überall werden Reformen durchgeführt, um die Anwartschaftsjahre zu verlängern, um den Anstieg der Pensionen zu verringern und das Rentenalter hinauszuschieben. Während die Jugend keine Arbeit hat und zu den prekärsten Beschäftigungen verurteilt ist, sind die Älteren dazu verdammt, länger und härter für sinkende Löhne zu arbeiten. Die Arbeiterinnen sind besonders von diesen Gegenreformen betroffen, denn sie sind auf Berufe beschränkt, wo die Löhne am niedrigsten und die prekären Verträge Gang und Gäbe sind.

Dieser soziale Rückschritt zeigt sich insbesondere in einer starken Verschlechterung des Gesundheitszustands der Rentner, der Familien mit sehr kleinen Kindern, die unter der offiziellen Armutsgrenze leben.

Die Monopole verfolgen ihre Pläne der Verlagerungen und Massenentlassungen um höherer Produktivität und höherer Profite willen. Die Arbeitslosigkeit erreicht jeden Monat neue Rekorde und trifft dabei insbesondere die Jugend. Diese Sparpolitik geht einher mit der Infragestellung der fundamentalen Rechte der Arbeiterklasse: des Organisationsrechts, des Rechts auf Bildung von Gewerkschaften, des Streikrechts. Das Arbeitsrecht wird geändert, um Entlassungen zu erleichtern.

Diese antisoziale Politik wird von den einzelnen Regierungen umgesetzt und auf europäischer Ebene koordiniert. Der Pakt „Euro-Plus“ der Pakt für „Stabilität und Wachstum“, und der letzte europäische Vertrag, der von Merkel und Sarkozy gemeinsam verfasst wurde, sind genauso viele Kriegserklärungen gegen die Arbeiterbewegung, gegen die Gewerkschafts- und die Volksbewegung. Wie alle europäischen Verträge wollen sie die volksfeindliche Politik, die von der Finanzoligarchie diktiert ist, „konstitutionalisieren“ (Verfassungsrang geben, d. Übers.) und sie für alle Länder der EU verbindlich machen.

Überall haben die Staaten das Arsenal der Repression und der polizeilichen Überwachung verstärkt. Die Kriminalisierung des sozialen Protest nimmt zu. Große Demonstrationen, Besetzung von Plätzen, verschiedene Mobilisierungen, welche die Symbole der Oligarchie zum Ziel haben, entwickeln sich. Die Großunternehmer, die Bourgeoisie und die Reaktion antworten mit der Kriminalisierung des sozialen Protest.

Unter den Ländern, die am meisten von der Oligarchie angegriffen werden, sind Griechenland, Italien und Spanien. Die Sparpläne folgten einer auf den anderen und beförderten diese Länder um Jahrzehnte zurück. Zum ersten Mal in der Geschichte der Europäischen Union haben supranationale Institutionen, im vorliegenden Fall IWF (Internationaler Währungsfonds), Europäische Zentralbank und EU, gewählte Regierungen „entlassen“ und sie durch so genannte technokratische Regierungen ersetzt, die in Wirklichkeit Bankiers, Angestellte der nationalen und internationalen Oligarchie sind, die von den reformistischen und opportunistischen Parteien unterstützt werden.

Das ist ein neuerlicher Beweis des zutiefst antidemokratischen Charakters dieser Europäischen Union im Dienste der Oligarchie und der imperialistischen Großmächte wie Deutschland und Frankreich.

Die Banken wollen die Völker die Staatsschulden, die sie selbst gemacht haben, bezahlen lassen, indem sie von den Staaten fordern, dass sie ihnen im Augenblick der Finanzkrise zu Hilfe kommen. Zwischenzeitlich haben sie unablässig diese Schulden aufrecht erhalten und vermehrt, insbesondere durch Wucherzinsen für die Darlehen, die sie den Staaten „gewähren“.

Die Arbeiterklasse und die Volksmassen Griechenlands sind nicht verantwortlich für diese Schulden, die sie schon mehrfach bezahlt haben durch die Überausbeutung, die Ausplünderung der natürlichen Ressourcen des Landes und die Verschleuderung seines Erbes, das dem Heißhunger der Banken, der Spekulanten, der griechischen Großbourgeoisie und der internationalen Finanzoligarchie ausgeliefert wurde.

Wir sind mit dem griechischen Volk solidarisch in seiner Weigerung, die Schulden zu bezahlen, seiner Zurückweisung des Sparkurses und des „Memorandums“, der neuesten Version des Super-Sparplans, die ihm aufgezwungen wurden. Es hat soeben unmissverständlich seine Zurückweisung aller Parteien ausgedrückt, die es akzeptiert haben, sich den Forderungen der „Troika“, EU, Europäische Zentralbank und FMI, zu beugen.

Der deutsche Imperialismus wird besser damit fertig als seine Verbündeten und gleichzeitigen Rivalen in der EU. Aber das „deutsche Wunder“ beruht insbesondere auf einer sehr aggressiven Politik der Lohnkürzungen, der Flexibilisierung in großem Maßstab und des massiven Rückgriffs auf prekäre Arbeitsplätze in Deutschland selbst.

Angesichts des Anstiegs der Unzufriedenheit und der Bereitschaft weiter Teile der Arbeiterschaft, im öffentlichen wie im privaten Sektor, sich an einer Streikbewegung zu beteiligen, haben die Unternehmer und die Regierung es vorgezogen, mit den Führungen der großen Gewerkschaften einen Abschluss zu verhandeln, der Lohnerhöhungen vorsieht.Bedeutende Teile der Arbeiterklasse hätten weiter gehen und eine Auseinandersetzung großen Ausmaßes mit den Unternehmern führen wollen. Diese Mobilisierung bezeichnet nichtsdestoweniger den Eintritt der deutschen Arbeiter in den von den Arbeitern Griechenlands, Spaniens, Portugals, Italiens, Frankreichs geführten Kampf.

Die Völker ertragen die Arroganz der Vertreterin des europäischen Imperialismus, Merkel, und ihr Bestreben, die Krise von ihnen bezahlen zu lassen, indem sie ihnen das Sparen predigt und sich grob in das politische Leben der anderen Länder einmischt, nicht. Die Tatsache, dass ihr Verbündeter Sarkozy in Frankreich vor allem dank der starken Mobilisierung der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung aus der Regierung gejagt wurde, trägt dazu bei, sie zu isolieren.

Es ist notwendiger denn je, die Mobilisierung gegen den „Merkel-Sarkozy“-Vertrag genannten Vertrag auszubauen, die Solidarität zwischen den Völkern zu entwickeln und die ausländerfeindlichen, nationalistischen Kampagnen zu bekämpfen, die versuchen, die Völker gegeneinander aufzubringen.

Die rechtsextremen Parteien spielen eine aktive Rolle bei der Propagierung dieser reaktionären Ideen. Während sie ihre Hasstiraden gegen Immigranten und „die Fremden“ fortlaufend ausstreuen, profitieren sie von der wachsenden Diskreditierung der traditionellen, rechten und sozialdemokratischen Parteien, um ihre populistische, nationalistische und mit sozialen Akzenten versehene Propaganda zu entwickeln. Die extreme Rechte ist eine Spielkarte, welche die Oligarchie zieht, um die Arbeiter und die Völker zu spalten und um ihre Politik durchzuboxen.

Der Kampf gegen die extreme Rechte geschieht durch die Mobilisierung breiter Arbeiter- und Volksmassen für die Zurückweisung dessen, dass die Krise des kapitalistischen Systems von ihnen bezahlt werden soll.

 

Der Anstieg des sozialen und politischen Protests

Der Widerstand gegen die Sparpolitik hat sich in allen Ländern immer weiter entwickelt. Die Bewegungen spontaner Streiks verbinden sich mit größeren Bewegungen und den Generalstreiks, die in verschiedenen Ländern organisiert werden; mobilisieren jedes Mal Millionen von Arbeitern, Jugendlichen, Männern und Frauen aus den unteren Volksschichten.

Die Jugend tritt an der Seite der Arbeiter, der Werktätigen, der politischen Organisationen in den sozialen und politischen Kampf ein. Die jungen Arbeiter bringen ihre Dynamik und ihre Kampfkraft ein und erschüttern die reformistischen Praktiken und die reformistische Politik der Klassenversöhnung und Klassenzusammenarbeit.

Auf diesem Gebiet der konkreten Kämpfe ist der Wunsch nach Einheit groß. Er drückt sich insbesondere in der Bildung von Plattformen aus, welche Parteien, gewerkschaftliche Aktivisten, Aktivisten von Vereinigungen zusammenschließen.

Die marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen nehmen aktiv, mit allen verfügbaren Kräften, an der Bildung dieser Widerstandsbewegungen teil. Wir leisten unseren Beitrag mit unseren politischen Vorschlägen und unseren Forderungs-Plattformen, welche die unmittelbaren Forderungen der Massen ausdrücken.

Diese Frontpolitik ist eine dringende und unmittelbare Notwendigkeit, denn man muss die Einheit der Arbeiter und den Zusammenschluss aller Schichten, die Opfer der Politik der Oligarchie sind, aufbauen, um uns der Sparpolitik zu widersetzen, die uns die Krise des kapitalistischen System bezahlen lasen will.

In den fortgeschrittenen Bereichen entwickelt sich das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer umfassenden politischen Alternative, die mit der neoliberalen und sozialliberalen Politik, der gegenwärtigen Politik der Oligarchie, bricht.

Das Streben nach der Einheit aller Kräfte, die diese Politik, das kapitalistische System, bekämpfen für eine revolutionäre Änderung der Gesellschaft, entwickelt sich. Wir stützen uns auf diese Bestrebungen, um am Aufbau einer Alternative des Bruchs mit dem kapitalistischen Systems zu arbeiten.

In mehreren Länder haben sich politische Frontorganisationen gebildet, die von den sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien abrücken, welche mit den Parteien der Rechten die Macht wechseln.

Wenn sich in vielen Fällen diese politischen Frontorganisationen auf Wahlbündnisse beschränken, kämpfen wir dafür, sie in den Massen zu verankern, um aus ihnen Keime wirklicher Volksfronten zu machen.

In dieser Frontpolitik verstecken die marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen ihre Fahne nicht. Sie führen ihren Kampf fort gegen das imperialistische System und seine Politik der Vorherrschaft, der Ausbeutung der Völker und des Kriegs um die Herrschaft über die Rohstoffe. Sie kämpfen für eine revolutionäre Umwandlung der Gesellschaft und führen den Kampf für die politische Einheit, die Einheit der Aktion, die Einheit an der Basis und auf allen Ebenen gegen die opportunistischen, klassenversöhnlerischen Positionen.

Im kommenden Zeitraum nehmen wir uns folgende Ziele und Gebiete des Kampfes vor:

  • Brandmarkung und Bekämpfung des europäischen „Merkel-Sarkozy“-Vertrages, der in der Verfassung jedes EU-Landes das neoliberale Dogma der „Verringerung der Staatsschulden“, ein Vorwand für die Generalisierung der Sparpolitik, verankern will.

  • Unterstützung und Verbreitung der Forderung nach Verweigerung der Schuldenzahlung besonders in Griechenland sowie Brandmarkung und Bekämpfung der Einmischung der imperialistischen Mächte, der Troika. Das griechische Volk muss frei in der Wahl seiner Politik sein.

  • Unterstützung des Rechts jeden Volkes, zu entscheiden, ob es in der Euro-Zone bleiben will oder nicht ohne Einmischung, Erpressung und Druck von anderen Ländern, insbesondere von den imperialistischen Ländern und ihren supranationalen Instrumenten.

  • Entwicklung der Solidarität mit den Kämpfen der Arbeiter, der Völker, ihrer politischen, gewerkschaftlichen und sozialen Organisationen der verschiedenen Länder der EU und der anderen Länder der Welt, die mit der gleichen Politik konfrontiert sind.

 

Konferenz der Parteien und Organisationen Europas, die Mitglieder der Internationalen Konferenz der marxistisch-leninistischen Parteien und Organisationen sind.

Paris, im Mai 2012

 

Kommunistische Partei Albaniens – KPA

Organisation für den Aufbau der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands

Kommunistische Arbeiterpartei Dänemarks – APK

Kommunistische Partei Spaniens (Marxisten-Leninisten) – PCE(ml)

Kommunistische Arbeiterpartei Frankreichs – PCOF

Organisation für Wiederaufbau der Kommunistischen Partei Griechenlands (1918-1955)

Kommunistische Plattform Italiens

Revolutionäre Kommunistische Partei der Türkei – TDKP