ESM und Fiskalpakt: Außerhalb des Gesetzes!

Bei den ständigen „Rettungsaktionen“ werden immer neue hunderte Milliarden Euro wie ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert – zugleich werden demokratische Rechte „weg gezaubert“. Schlimmstes Beispiel ist der ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus).

Der ESM soll als „internationale Finanzinstitution“ separat von der europäischen Bürokratie und den nationalen Staatsapparaten aufgebaut werden und zunächst über 700 Milliarden Euro herrschen. Geleitet wird der ESM von einem Gouverneursrat aus Finanzministern der beteiligten Staaten.

Sie, ihre Vertreter und alle Angestellten des ESM unterstehen keinerlei parlamentarischer Kontrolle.

Sie stehen über dem Gesetz und sind straffrei.

Sie genießen Immunität.

Ihre Akten dürfen nicht beschlagnahmt werden. Hausdurchsuchungen oder gar Verhaftungen sind verboten. Über Ausnahmen entscheidet der Gouverneursrat selbst!

Selbst die konservative, bürgerliche Stuttgarter Zeitung meinte dazu am 23.6. süffisant: „Das entspricht nicht ganz dem traditionellen Recht und den demokratischen Regeln.“

Das stimmt! Denn selbst nach dem traditionellen bürgerlich-liberalen Staatsverständnis regiert das Parlament und besitzt als sein „heiliges“ Recht, das Recht, den Haushalt zu verabschieden, über die Finanzen zu bestimmen. Das war schon immer eine Idealisierung, die nicht der Realität entsprach. Mit dem ESM wird das zu einer Lachnummer und, das ist das Schlimmste, zu einer offenen Diktatur des Finanzkapitals. Ein Gremium, das 700 Milliarden Euro als Kredite vergeben darf, untersteht keinerlei Kontrolle und ist völlig straffrei gestellt. Unglaublich! Diese Dreistigkeit hat noch nicht einmal Berlusconi besessen.

Zurecht betonen die marxistischen-leninistischen Parteien und Organisationen Europas in ihrer Erklärung vom Mai 2012:

Das ist ein neuerlicher Beweis des zutiefst antidemokratischen Charakters dieser Europäischen Union im Dienste der Oligarchie und der imperialistischen Großmächte wie Deutschland und Frankreich.“

Der ESM und der Fiskalpakt sind real der Beginn einer offenen Diktatur! Diese Diktatur wurde schon in Griechenland und Italien spürbar, wo Regierungen im Rahmen der Rettungspläne ohne jede demokratische Legitimation von der EU und vom Finanzkapital erzwungen wurden. Diese Diktatur wird spürbar in dem europaweiten Diktat gegen die Arbeiterklasse: Lohnkürzungen, Sozialabbau, Entlassungen, Flexibilisierung, Verarmung.

 

Zeichen der Schwäche

Diese diktatorischen Maßnahmen sind zugleich, auch wenn sie noch so stark aussehen, ein Zeichen der Schwäche. Das Kapital selbst kann nicht mehr anders herrschen. Es stößt an seine Grenzen.

Weltweit suchen Kapitalmassen, die weit über dem Wert der realen Produktion liegen, nach Anlagemöglichkeiten, um ihren einzigen Zweck in diesem System zu erfüllen: Mehr Geld! Nur, wie soll das funktionieren, wenn man aus der realen Produktion gar nicht so viel Profit heraussaugen kann? Es geht – eine Zeit lang – durch Spekulation an der Börse, in Immobilien, in Rohstoffen – durch das Aufblasen der Preise. Das Spiel ist aus und alles kracht zusammen, wenn sich nichts mehr aufblasen lässt. Es zeigt zugleich, auf welch zerbrechlichen Beinchen dieses System mittlerweile steht.

 

Welche Möglichkeiten hat das Kapital?

Irgendwo muss mehr Geld her kommen. Das geschieht seit längerem über steigende Verschuldung. Ungedeckte Wechsel auf die Zukunft! Dadurch wird der Abstand zwischen realer Produktion und deren Wert und der umlaufenden Geldmasse ständig größer. Zugleich ächzen immer mehr Staaten unter der Schuldenlast und krachen wie Griechenland, Island, Irland, Italien, Spanien, Portugal zusammen. Mit ihnen kommen immer mehr Banken in die Gefahr eines Zusammenbruches. Zwar wird ständig darüber geredet, dass die Staaten ihre Schulden abbauen müssen. Es werden „Schuldenbremsen“ in die Verfassung geschrieben. In der Realität aber steigt die Verschuldung rasant an. Bei der Bankenkrise nahmen die Staaten der EU für 5 Billionen neue Schulden auf, um damit die „Banken zu retten“. Ähnliche Summen sind nun wieder fällig, um die mittlerweile hochverschuldeten Staaten „zu retten“. Und wie geschieht das? Über neue Kredite!

Eine wirkliche Reduzierung von Krediten würde die Profitmöglichkeiten drastisch senken und zu einem Platzen der Blase führen. Das irrsinnige Krisenrezept des Kapitals heißt also: Wo die Verschuldung bereits zu hoch ist, müssen neue Schulden gemacht werden, angeblich zum Abbau der Schulden!

Und da jemand diesen Irrsinn zur Rettung eines gescheiterten Systems zahlen muss, haben diese Herrschaften eine blendende Idee: Das Volk und die Arbeiterklasse müssen zahlen – mit Kürzungen, Lohnsenkungen, Steuererhöhungen usw. Der Haken an dieser großartigen Idee wird aber gerade in Griechenland, Spanien, Portugal usw. deutlich sichtbar. Die radikale Kürzung des Massenkonsums führt zum Zusammenbruch der realen Produktion und schmälert natürlich die Profite an anderer Stelle. Was ist die Antwort des Kapitals? Noch mehr Kredit muss her! Die Staatsverschuldung muss erhöht werden! Konjunkturprogramme müssen her! Nicht dem Volk und der Arbeiterklasse soll es gut gehen, sondern dem Kapital. Lohnerhöhungen sind tabu. Lukrative Staatsaufträge oder Zuschüsse zu Geschäften sind erwünscht. Denn Lohnerhöhungen würden den Profit schmälern, Subventionen erhöhen ihn.

Aus diesem ewigen Kreislauf von Verwertungsschwierigkeiten kommt das Kapital nicht mehr heraus! Es ist objektiv am Ende!

Nur noch mit diktatorischen Maßnahmen kann der Gesellschaft dieser Irrsinn aufgezwungen werden. Das Kapital ist vom Untergang, vom Zusammenbruch bedroht.

 

In die Barbarei? Oder zum Sozialismus?

Wenn wir das Kapital schalten und walten lassen, so führt der Weg tatsächlich in die Barbarei. Das Kapital hat keine andere Möglichkeit. Aber das Volk und die Arbeiterklasse haben sehr wohl andere Möglichkeiten. Ihr Schicksal hängt letztendlich weder an den Banken noch an den Staaten. Ihr Schicksal hängt allein an einer Produktion, die ihre Bedürfnisse erfüllt.

Doch dahin ist noch ein weiter weg, vor allem, weil sich die Menschen ihrer Macht und ihrer Möglichkeiten noch nicht bewusst sind.

Deshalb ist die erste Notwendigkeit der Aufbau einer breiten Front gegen die massiven Angriffe des Kapitals unter dem Motto: Arbeit, Wohnung, Auskommen und gleiche Rechte für alle!

Die Bedürfnisse, die Forderungen der Menschen das ist die Basis für eine breite Einheit! Wichtig ist, jeden noch so kleinen Schritt zum Kampf gegen die Angriffe des Kapitals zu unterstützen und auszubauen – ob Streik, Blockupy, Kampf für Bildung und Ausbildung, Umweltschutz, gegen Abbau der demokratischen Rechte und die Diktatur des Finanzkapitals, gegen Rassismus und Faschismus, für Renten, von denen man existieren kann.

In solchen Kämpfen erkennen die Menschen ihre Kraft und ihre Möglichkeiten! Darin erwachen sie und sehen ihren Gegner klarer! So entsteht und entwickelt sich ein Bewusstsein, dass das System nicht mehr länger in der Lage ist, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, dass es einer neuen Gesellschaft, einer sozialistischen weichen muss.

In der aktuellen Situation sagen wir:

Nein zu ESM und Fiskalpakt!

Nein zu der Finanzdiktatur!

Wir zahlen nicht für Eure Krise!


Aus dem Text des ESM:

 

§9, Abs.3:

Die ESM-Mitglieder verpflichten sich unwiderruflich und uneingeschränkt, Kapital, das der Geschäftsführende Direktor gemäß diesem Absatz von ihnen abruft, innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt der Aufforderung einzuzahlen.

 

§10

Veränderungen des genehmigten Stammkapitals

(1) Der Gouverneursrat überprüft das maximale Darlehensvolumen und die Angemessenheit des genehmigten Stammkapitals des ESM regelmäßig, mindestens jedoch alle fünf Jahre. Er kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern und Artikel 8 und Anhang II entsprechend zu ändern.
(Die bis jetzt 700 Milliarden Euro können also jederzeit erhöht werden, Anmerkung der Red.)

 

§32

Rechtsstatus, Vorrechte und Befreiungen

(1) Um dem ESM die Erfüllung seines Zwecks zu ermöglichen, werden ihm im Hoheitsgebiet eines jeden ESM-Mitglieds der Rechtsstatus und die Vorrechte und Befreiungen gewährt, die in diesem Artikel dargelegt sind. Der ESM bemüht sich um die Anerkennung seines Rechtsstatus und seiner Vorrechte und Befreiungen in anderen Hoheitsgebieten, in denen er Aufgaben wahrnimmt oder Vermögenswerte hält.

(2) Der ESM besitzt volle Rechtspersönlichkeit; er besitzt die uneingeschränkte Rechts- und Geschäftsfähigkeit,

a) bewegliches und unbewegliches Vermögen zu erwerben und zu veräußern,

b) Verträge abzuschließen,

c) Partei in Gerichtsverfahren zu sein und

d) ein Sitzabkommen und/oder Protokolle zu unterzeichnen, soweit dies notwendig ist, um sicherzustellen, dass sein Rechtsstatus und seine Vorrechte und Befreiungen anerkannt und durchgesetzt werden.

(3) Der ESM, sein Eigentum, seine Mittelausstattung und seine Vermögenswerte genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von gerichtlichen Verfahren jeder Art, es sei denn, der ESM verzichtet für ein Gerichtsverfahren oder in den Klauseln eines Vertrags, etwa in der Dokumentation der Finanzierungsinstrumente, ausdrücklich auf seine Immunität.

(4) Das Eigentum, die Mittelausstattung und die Vermögenswerte des ESM genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Form des Zugriffs durch vollziehende, gerichtliche, administrative oder gesetzgeberische Maßnahmen.

(5) Die Archive des ESM und sämtliche Unterlagen, die sich im Eigentum oder im Besitz des ESM befinden, sind unverletzlich.

(6) Die Geschäftsräume des ESM sind unverletzlich.

(Der ESM kann jederzeit klagen, umgekehrt aber nicht verklagt werden, außer er selbst verzichtet auf seine Immunität. Sein Eigentum ist gegen jeden Zugriff geschützt, Anmerkung der Red.)

 

§35

Persönliche Immunitäten

(1) Im Interesse des ESM genießen der Vorsitzende des Gouverneursrats, die Mitglieder des Gouverneursrats, die stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, die Mitglieder des Direkto-riums, die stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums sowie der Geschäftsführende Direktor und die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Schriftstücke und Unterlagen.

(Finanzminister Schäuble und die anderen Finanzminister, die in dem Gremium sitzen werden, sind damit vor jeder Strafverfolgung geschützt und können ungehindert Verbrechen begehen, Anmerkung der Red.)

 

§36

Steuerbefreiung

(1) Im Rahmen seiner amtlichen Tätigkeiten sind der ESM, seine Vermögenswerte, sein Gewinn, sein Eigentum sowie seine im Rahmen dieses Vertrags zulässigen Operationen und Geschäfte von allen direkten Steuern befreit.

(2) Die ESM-Mitglieder treffen in allen Fällen, in denen es ihnen möglich ist, geeignete Maßnah-men für den Erlass oder die Erstattung des Betrages der indirekten Steuern und Verkaufsabgaben, die in den Preisen für bewegliche oder unbewegliche Güter inbegriffen sind, wenn der ESM für seinen Dienstbedarf größere Einkäufe tätigt, bei denen derartige Steuern und Abgaben im Preis enthalten sind.

(5) Die Bediensteten des ESM unterliegen für die vom ESM gezahlten Gehälter und sonstigen Bezüge nach Maßgabe der vom Gouverneursrat zu beschließenden Vorschriften einer internen Steuer zugunsten des ESM. Vom Tag der Erhebung dieser Steuer an sind diese Gehälter und Bezüge von der nationalen Einkommensteuer befreit.

(Gehälter, Arbeitsbedingungen, Einkommenssteuer werden ausschließlich vom ESM ohne jede Kontrolle selbst festgelegt. Der ESM selbst ist von allen Steuern völlig befreit, Anmerkung der Red.)


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