Palästina: Der Eintritt des palästinensischen Staates in die UNO – ein politischer Fortschritt!

Am 29. November, genau 64 Jahre nach der Annahme des Teilungsplanes Palästinas, erhält Palästina den Status eines Beobachterstaates in der UNO. Mangels Erlangung des Status eines Mitgliedsstaates mit vollen Rechten, tritt Palästina mit diesem Übergangsstatus in die UNO ein, der nicht die Zustimmung des Sicherheitsrates erfordert, wo die Vereinigten Staaten ihr Veto eingelegt hätten. Die Neuigkeit wurde in den palästinensischen Gebieten, in Transjordanien aber auch in Gaza mit Jubel aufgenommen. Die Hamas hatte einige Tage zuvor ihre Unterstützung für den Schritt Mahmoud Abbas‘ bekundet.

Was Israel oder die Vereinigten Staaten auch sagen, dieser Eintritt stellt einen unleugbaren politischen Sieg für die Palästinenser dar. Wie der palästinensische Vertreter bei der UNO unterstrich, „wenn Palästina den Status eines Beobachterstaates erhält, bedeutet das eine implizite Anerkennung des Staates Palästina.“ Die Entscheidung der Generalversammlung der UNO kann man historisch nennen: 138 Staaten haben dafür gestimmt, 9 dagegen und 41 haben sich enthalten.

Die Gegenstimmen: natürlich Israel, die USA und Kanada, Panama, für Europa die Tschechische Republik und die Ministaaten des Pazifik. Unter den Enthaltungen: Großbritannien, das seine Stimme an die Bedingung geknüpft hat, dass die palästinensische Autonomiebehörde ohne Vorbedingungen an den Verhandlungstisch zurückkehrt und vor allem, dass sie Israel nicht mehr vor dem internationalen Gerichtshof anklagt, ohne Erfolg; aber vor allem Deutschland, das für Netanyahu immer ein sicheres politisches Hinterland darstellte, weil es bis dahin immer die israelische Politik unterstützt hatte.

Frankreich hat dafür gestimmt. Man hat einen Moment gefürchtet, dass sich Hollande im Namen der „europäischen Einheit“ und wegen seines naturgegebenen Hangs zum Kompromiss enthalten würde. Aber am Ende hat er sich für Ja entschieden und wir freuen uns darüber.

Trotz eines intensiven Lobbyings, besonders in den europäischen Hauptstädten, hat die israelische Regierung die Partie verloren und wird immer mehr isoliert. Und Netanjahu gewinnt die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft auch nicht durch Provokation zurück, wie durch die am Tag nach der Abstimmung gemachte Ankündigung, 3000 neue Wohnungen in Ost-Jerusalem und der Westbank bauen zu lassen oder das Einbehalten der von der Autonomiebehörde erhobenen Steuern. Selbst die Vereinigten Staaten mussten öffentlich protestieren, sechs EU-Länder haben die israelischen Botschafter einbestellt, um gegen die Repressalien zu protestieren und anlässlich des Besuchs von Netanyahu in Berlin wurden die Gespräche mit Merkel als „gespannt“ bezeichnet.

Auch wenn Israel immer noch auf die amerikanische Unterstützung und sein Veto als letztes Mittel zählen kann, so bleibt davon nichts weniger als dass die Situation der totalen Straflosigkeit, die Israel bei der UNO genießt, letztlich nicht mehr so leicht aufrecht erhalten werden kann. Der Mittlere Osten ist in vollem Aufruhr und die Kräfteverhältnisse ändern sich gerade. Israel kann nicht mehr auf Ägypten zählen wie in Zeiten Mubaraks. Selbst wenn die gegenwärtige Regierung in Kairo nicht die Karte der Destabilisierung Israels spielt, ist sie doch als Schlüsselfigur bei den Verhandlungen über die Waffenruhe bei der Operation „Pfeiler der Verteidigung“, die von der israelischen Armee Anfang November in Gaza durchgeführt wurde, in Erscheinung getreten. Das syrische Regime ist ausgezählt und man weiß nur noch nicht , welche Kräfte sich durchsetzen, aber es ist sehr gut möglich, dass sie gegenüber Israel weniger zuvorkommend sind als Assad.

Israel hat sehr wohl versucht, in diesem Sommer seine amerikanischen und europäischen Verbündeten in der iranische Atomfrage zu mobilisieren als Gegenfeuer zu den neuen Gegebenheiten im Mittleren Osten und im Maghreb. Aber abgesehen davon, dass der Zeitpunkt einige Monate vor den amerikanischen Wahlen schlecht gewählt war, war keiner von ihnen gewillt, eine neue militärische Front mit unkontrollierbaren Folgen in der Region zu eröffnen.

 

Die Gaza-Offensive: eine Niederlage für Israel.

 

Die Militäroperation „Pfeiler der Verteidigung“ gegen Gaza ist in diesen Kontext zu stellen. Sie wurde einige Tage vor dem Einreichen des Antrags zum UNO-Beitritt von Seiten der palästinensischen Autonomiebehörde gestartet. Mit der Opposition der Hamas und anderer radikaler Kräfte des islamistischen Widerstands gegen die Zwei-Staaten-Lösung rechnend, dachten sie zweifellos, die Initiative Abbas‘ zu marginalisieren und in Misskredit zu bringen, indem sie die Aufmerksamkeit auf Gaza lenkten, bereit, letztendlich die Hamas zu stärken.

Es gab auch ein politisches Kalkül seitens Netanyahus, der sich im Januar 2013 zur Wahl stellt. Nicht dass er um seine Wiederwahl fürchten müsste, – alle Beobachter betrachten ihn als großen Favoriten – aber das hätte ihm erlaubt, seine Popularität zu steigern und alle seine potentiellen Rivalen zu marginalisieren und insbesondere die Wahlkampagne der Arbeitspartei, die auf die immer mehr im Mittelpunkt der Sorgen der Israelis stehenden sozialen Probleme ausgerichtet ist, sehr zu erschweren.

Aber letztendlich ist die Bilanz für Netanyahu mehr als bescheiden. Wenn die Hamas aus der Operation trotz des Verlusts ihres obersten Militärkommandeurs gestärkt hervorgeht, so geschah das nicht zu Ungunsten der palästinensischen Regierung, die erlebte, dass die Hamas die Initiative von Abbas unterstützte. Und die Bevölkerung Gazas hat auch wie alle Palästinenser die Anerkennung ihres neuen Status als Beobachterstaat bei der UNO gefeiert.

Es gibt keine militärische Lösung für das israelisch-palästinensische Problem. Früher oder später wird Israel Konzessionen machen und Friedensverhandlungen akzeptieren müssen. Mit oder ohne Netanyahu.

 

Aus “La Forge“ Dezember 2012, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)