Da die US-Regierung ihre Giftgas-Beschuldigungen gegen Assad nicht beweisen kann, wird jetzt ein neuer Kriegsgrund nachgeschoben!

Giftgas ist ein Verbrechen, auch wenn Assad, was sehr unwahrscheinlich ist, dahinter stecken sollte! Schreckliche Bilder eines Giftgaseinsatzes werden aus Syrien verbreitet. Wir verurteilen einen solchen Einsatz gegen wehrlose Menschen, seien es Zivilisten, Frauen, Kinder, Alte, oder seien es Soldaten. Selbst diese sind wehrlos gegen Giftgas, wenn sie davon überrascht werden.

Ehe aber überhaupt bewiesen ist, was diese Bilder wirklich zeigen, ob sie überhaupt einen Beweis darstellen und wer angeblich das Giftgas verschossen hat, ist für die Nato und deren Oberhaupt USA der Schuldige schon klar: Das Assad Regime! Ohne Beweise und gegen jeden gesunden Menschenverstand wird die Verantwortung Assads einfach als Tatsache hingestellt. Nicht einmal die Frage, ob nicht vielleicht die „Rebellen“ Giftgas eingesetzt haben, will Washington zulassen.

Als jüngste Eskalation stellt nun US-Außenminister Kerry Assad ein Ultimatum, „seine Chemiewaffen“ bis zum Wochenende „der internationalen Staatengemeinschaft“ auszuhändigen, wenn er einem Militärschlag entgehen wollte. Die Antwort weiß Kerry freilich schon heute! „Aber das wird Assad nicht zulassen!“ Mit diesen Worten zitiert ihn Spiegel online am 9. September 2013. Klartext: Da die US-Administration offensichtlich nichts von ihren Beschuldigungen beweisen kann, wird jetzt ein neuer Kriegsgrund nachgeschoben!

 

Massive Kriegsgefahr!

 

Obama will der Weltöffentlichkeit weismachen, der Militärschlag auf Syrien sei der einzig mögliche Weg, um die internationale Ächtung von Giftgas durchzusetzen. Stündlich wächst damit die Gefahr eines imperialistischen Krieges um Syrien. Obama bereitet fieberhaft den Angriff des US-Militärs vor. Offizielle Sprachregelung: Begrenzter Militärschlag, keine Bodentruppen! Russland, ebenfalls voller imperialer Ambitionen im fraglichen Gebiet, steht – zusammen mit China – hinter dem syrischen Regime und unterstützt es mit Waffen. Russlands Präsident Putin bestreitet den USA jedes Recht zu einem Militärschlag und forderte – zu Recht! – endlich die Beweise! Dass diese wohl nicht beizubringen sind, darauf deutet das Kerry-Ultimatum vom 9. September.

So wächst auch die Gefahr eines dritten Weltkrieges. Es ist den Kriegshetzern scheinbar völlig gleichgültig, wenn zahllose, durchaus anerkannte Spezialisten und Fachleute die Verantwortung des Assad-Regimes bestreiten oder in Zweifel ziehen, es ist egal, wenn türkische Polizei bereits Ende Mai al-Nusra-Kämpfer (al Qaida-nah, zur syrischen „Opposition“ gehörig) verhaftete, die in der Südtürkei mit Giftgas(!) unterwegs waren, angeblich sogar zwecks Anschlägen gegen US-Stützpunkte. Es ist ihnen gleichgültig, dass noch nicht einmal der Befund der UN-Giftgasinspekteure vorliegt!

Assad seinerseits hat am Sonntag, dem 8.September 2013, in einem Interview mit der amerikanischen CBS bestritten, Giftgas eingesetzt zu haben.

Aber die Sache gestaltet sich für Obama schwieriger als gedacht. Nach Camerons krachender Niederlage im Unterhaus, das ihm seinen großmäulig angekündigten Kriegseinsatz untersagte, bleibt Frankreichs Sozialdemokrat Hollande an Obamas Seite. Der US-Imperialismus entfaltete eine diplomatische Offensive in den Reihen der eigenen Verbündeten. Sein Außenminister Kerry handelt Kompromisserklärungen für eine „starke Reaktion“ mit der EU aus, Obama fliegt in offen feindlicher Haltung gegenüber Russland nach Petersburg zum G-20-Gipfel und schlägt jeden Kompromissversuch Putins aus!

Angesichts der Unterhausniederlage seines – gezwungenermaßen – Ex-Kriegskumpanen Cameron bezieht Obama nun selbst den Kongress mit ein, um seinen Kriegsplänen, die über 60% der US-Bevölkerung ablehnen(!!), einen Schein der Legitimität zu verleihen. In seinem Auftrag haben US-Abgeordnete einen Resolutionsentwurf ausgehandelt, über den Senat und Repräsentantenhaus noch diese Woche abstimmen sollen. Der definiert, was die US-Imperialisten unter einem begrenztem Militärschlag verstehen: 60 Tage Luft- und Raketen-Angriffe, bei „Bedarf“ und vorheriger Unterrichtung des Kongresses noch 30 Tage mehr. Der Einsatz von Bodentruppen bleibt zunächst ausgeschlossen! Was das bedeutet? In sechzig bis neunzig Tagen bomben Nato-Luftstreitkräfte ein Land wie Syrien in Klump und Asche!

Aber auch im Kongress regt sich Widerspruch! Keineswegs ist sich Obama heute seiner Mehrheit sicher. Abgeordnete des Repräsentantenhauses werden in ihren Wahlkreisen von ihren Wählern bedrängt, gegen den Krieg zu stimmen! Nicht schlecht!! Deshalb schickte er nun Kerry vor, gibt zig TV-Interviews, und am 10. September hält er eine Fernsehrede „an die Nation“.

 

Aber Obama lässt trotzdem die brutale, volksfeindliche Soldateska der „Opposition“, die vom Ausland aus kommandiert wird, durch die Saudis und das Emirat Katar zu einer Inlandsarmee, zu einem US-Brückenkopf aufrüsten. Bekanntlich helfen britische und US-Geheimagenten direkt vor Ort. Bei diesem Hintergrund zu behaupten, die „Rebellen“ seien überhaupt nicht in der Lage, an Giftgas zu kommen und es einzusetzen, ist zynisch, bestenfalls naiv!

Die Risiken des US-Kriegsplans liegen für alle offen zu Tage, auch für all die Kongress-Abgeordneten, die nun plötzlich gefragt werden, natürlich auch für die Unterhausabgeordneten in London:

  • · Der geplante Militärschlag hat unkalkulierbare Folgen! In jedem Fall muss mit einer massiven Kriegs-Eskalation in der ganzen Region gerechnet werden, die auch Israel in Mitleidenschaft zieht.
  • · Die Sofort-Folgen des Schlages gegen Syrien sind schwer abschätzbar: An dem türkischen F-4-Phantom- Bomber, der im Juni „aus Versehen“ in den Luftraum Syriens hineinflog und binnen weniger Minuten von der syrischen Luftabwehr abgeschossen wurde – ein für die Piloten tödlicher Test!  –  wird heute sehr ungern erinnert! Seitdem wissen nämlich die Kriegshetzer, dass sie bei den syrischen Streitkräften ein heißer Empfang erwartet  –  auch dann, wenn man „nur“ mit Marschflugkörpern von „sicheren“(??) Kriegsschiffen aus angreifen sollte!
  • · Schließlich erklären weder Cameron noch Monsieur Hollande noch Obama noch sein republikanischer Oberhetzer Senator McCaine, was nach dem Sturz Assads kommen soll. Um den Sturz seines Regimes geht es, um nichts anderes! Wie soll man ein Syrien erklären, in dem die islamische Reaktion bis hin zu al Qaida, unterstützt durch die Saudis und Katar, die Macht ergreift? Auch Berlin hilft bekanntlich den Saudis mit skandalös großen Waffenlieferungen aller Art! Das ist ein Problem, wenn man gleichzeitig auf dem „Demokratie- und Menschenrechte-Ticket“ segeln will.

Diese schwer kontrollierbare Gemengelage hat Cameron seine Klatsche im Unterhaus eingebrockt. Nicht einmal die Abgeordneten der eigenen Truppe hatten die großmäuligen Londoner Kriegshetzer um Cameron hinter sich. Obama droht eventuell Ähnliches im Kongress. Ein nicht geringer Grund dieser Entwicklung ist allerdings auch die massive Ablehnung der Kriegspläne bei der Mehrheit der britischen Bevölkerung! Vorm Weißen Haus demonstrieren erfreulicherweise schon die US-Kriegsgegner! Widerstand gegen den Krieg ist keineswegs sinnlos!

 

Und Deutschland??!

 

Auch in Deutschland sind laut einer Forsa-Umfrage 69 Prozent gegen eine Intervention! Trotzdem ist die BRD schon voll dabei: Neben der bereits erwähnten massiven Aufrüstung der Saudis spionieren Bundesmarine-Schiffe vor Syriens Hoheitsgewässern. Patriot-Raketenbatterien der Bundeswehr sind an der türkisch-syrischen Grenze stationiert und stehen bei Kriegsausbruch sofort an der Front!! Wenn eine europäische Macht schon jetzt mit Waffen vor Ort ist, dann Deutschland! Das passt gar nicht zur offiziellen Propaganda, man werde sich nicht an einer Militäraktion gegen Syrien beteiligen; Tatsachen entlarven die Berliner Heuchelei!

Außerdem: Amerikanisches Militär kommandiert den Krieg von den Stuttgarter US-Kommandozentralen aus, und das US-Militär fliegt von Deutschland, z.B. von der US-Luftwaffenbasis Ramstein aus, in den Krieg – alles mit Billigung aus Berlin!

Auf Kosten und unter Leitung des Berliner-Außenministers Westerwelle wird die syrische „Opposition“ organisiert, ausgerüstet, und sie unterhält in Berlin ein Büro. Die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GIZ, eine deutsche Regierungsorganisation, ein Instrument des neudeutschen Kolonialismus, koordiniert schon jetzt Investitionsvorbereitungen für das zu „befreiende“ Syrien! Alles unter Leitung und Finanzierung durch Westerwelles Ministerium! Deutschland verfolgt seine eigenen Interessen – im Windschatten der USA. Darauf deuten auch Merkels Verzögern der Unterschrift unter die G-20-Erklärung von St. Petersburg – tags darauf von Westerwelle in Vilnius „korrigiert“ – , wie auch die Veröffentlichung angeblicher deutscher Schiffsspionage-Ergebnisse, die besagen sollen, dass syrische Offiziere in abgehörten Funksprüchen Giftgaseinsätze gefordert hätten, was Assad aber stets abgelehnt habe. Ausgerechnet in „Bild am Sonntag“! Was ist das anderes als die öffentliche Ansage „Deutschland hat auch eigene Erkenntnisse, wir agieren auch auf eigene Rechnung!“ mitten hinein in Obamas Kriegspropaganda-Show?

 

Bewegung! Gegen den Syrien-Krieg!

 

Wer gegen den Krieg ist, darf sich davon nicht bluffen lassen! Wir müssen von jeder Bundesregierung Taten statt geheuchelte Phrasen fordern:

  • Sofortiger Abzug aller Bundeswehrsoldaten aus der Türkei, aus dem Mittemeer und aus allen anderen Auslandseinsätzen!
  • Sofortiger Rückzug aller deutschen Soldaten aus den NATO-Kommandostäben
  • Sofortige Aufkündigung aller amerikanischen Kommandostrukturen, Basen und Überflugrechte.
  • Schluss mit der Organisation und Finanzierung der syrischen „Opposition“! Und:
  • Stopp aller Waffenlieferungen und Subventionen an die syrische „Opposition“, an Saudi-Arabien, Katar und alle anderen Kriegsunterstützer!

Das sind notwendige Forderungen an die Bundesregierung, gleich, wer die Regierung nach den Wahlen stellt. Auch ein Steinbrück oder eine große Koalition werden das freiwillig niemals machen!

Viel zu dick ist die BRD bereits in den Krieg involviert, viel zu massiv die Unterstützung für den US Imperialismus und viel zu dringlich die deutschen Interessen, die gegen die Völker in und um Syrien durchgesetzt werden sollen. Es ist kein Zufall, dass – wie alle westlichen Mächte – auch Berlin die inländische bürgerlich demokratische Opposition in Syrien, die eine US-Militärintervention ablehnt, konsequent ignoriert und demütigt.

Der Druck gegen den geplanten Krieg muss auch in Deutschland von unten kommen! Die Arbeiter- und Angestelltenbewegung, die Gewerkschaften sowie die Friedensbewegung – sie müssen unter den genannten Forderungen auf die Straßen zum offenen Protest. Krieg kann nie im Interesse der arbeitenden Menschen sein.

Sie bluten vielfach! Mit dem Leben vieler Söhne und Töchter, mit Steuern und wachsenden Rüstungslasten, mit Sozialabbau, mit Kahlschlag im Gesundheitswesen und an den Schulen, mit nationalistischer Hetze sowie mit zunehmend dramatischer Kriegsgefahr! Schluss damit!

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