Lampedusa oder die Heuchelei

Ein Frontex-Schiff will Migranten abdrängenNun sind alle betroffen und heucheln Mitleid. Denn die Medien haben breit berichtet, wie kurz hintereinander zweimal Boote mit Migranten bei Lampedusa sanken und mehrere hundert Menschen grausam zu Tode kamen.

Doch hier handelt es sich um kein „tragisches Unglück“, sondern um staatlich in Kauf genommene Ermordung von Menschen. Seit 1988 sind rund 20.000(!) Menschen an den Außengrenzen der EU ums Leben gekommen. Das ist den Regierungen bekannt, ohne dass man irgend etwas unternahm, außer die Immigration in die EU weiter zu erschweren, die Grenzüberwachung hochzurüsten und die Menschen abzuschrecken.

Doch Hunger und Elend kennen keine Grenzen. Auch wenn das Risiko steigt, versuchen Menschen dahin zu kommen, wo sie die Hoffnung haben, Brot und Leben zu finden. Und die Menschen sind verzweifelt und werden immer verzweifelter. Denn das herrschende System entzieht ihnen in ihren Heimatländern immer mehr die Lebensgrundlage.

Deutschland ist weltweit drittgrößter Waffenexporteur. Diese Waffen sind nicht zum Spielen da, sondern zum Krieg führen. Und real werden damit viele Kriege erst möglich. Zuletzt hat der Giftgasskandal, wo deutsche Firmen mit Genehmigung der Bundesregierung die Grundstoffe für die Herstellung von Giftgas nach Syrien geliefert haben, die abgrundtiefe Heuchelei dieses Systems gezeigt. Mit deutschen Waffen werden Menschen ihrer Heimat und ihrer Lebensgrundlage beraubt. Wenn sie dann nach Deutschland fliehen wollen, sind sie unerwünscht.

Dieses System entzieht den Menschen mit seiner Wirtschaftspolitik die Lebensgrundlage. So werden von großen EU-Fischfangflotten die Weltmeere leer gefischt. Der Profit ruft. Mit Agrarsubventionen in Europa wird die Landwirtschaft in den armen Ländern ruiniert, da sie gegen diese Konkurrenz nicht standhalten können. Die Bauern sind dann gezwungen mit EU-Hilfe Exportprodukte zu produzieren, statt die eigene Bevölkerung zu ernähren. Billig Schlachtabfälle aus der Hähnchenmassenproduktion überschwemmen beispielsweise Afrika, sodass die dortigen Bauern ruiniert werden. Wenn die Menschen dann nach Europa fliehen wollen, sind sie unerwünscht.

Mit Hilfe der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) werden abhängige Länder gezwungen, die sowieso kleinen Sozialleistungen wie verbilligtes Getreide zu kürzen, das Gesundheitswesen abzubauen bzw. zu privatisieren, Menschen aus ihren kleinen Jobs im Staatsdienst zu entlassen usw. Kommen diese Menschen nach Europa, um zu überleben, sind sie unerwünscht.

Schon weit vor den europäischen Grenzen kontrolliert die EU-Agentur Frontex die Meere, um zu verhindern, dass Boote mit Flüchtlingen nach Europa kommen. In Zusammenarbeit mit den verschiedenen Diktaturen in Nordafrika soll der Flüchtlingsstrom gestoppt werden. Schiffe werden an der Weiterfahrt gehindert und so bedrängt, dass manche kentern. In menschenunwürdigen Flüchtlingslagern werden Menschen in Nordafrika eingepfercht oder an den Grenzen nordafrikanischer Staaten, d. h. meist in der Wüste, ausgesetzt. Wenn Menschen dort verdursten und umkommen, dann ist das für dieses Europa kein Problem.

Von der EU werden solche Flüchtlingslager finanziert. Das Geld landet bei den korrupten Cliquen in diesen Ländern. Die Menschen werden wie Tiere behandelt. Amnesty International berichtet z. B. über Misshandlungen und Folter in einem libyschen Camp (http://www.amnesty.de/2012/9/20/migranten-libyen-sie-behandeln-uns-nicht-wie-menschliche-wesen).

Und bei aller Heuchelei ist klar, die EU wird ihren Kurs gegen die Flüchtlinge verschärfen. Gerade wurden neue hochtechnisierte Überwachungsinstrumente feierlich eingeweiht. Die EU einigte sich darauf, schärfer gegen so genannte Schleuser vorzugehen. In Italien werden bereits jetzt Fischer, die in Seenot geratene Flüchtlinge in ihr Boot aufnehmen, als „Schleuser“ vor Gericht gestellt. Flüchtlinge, die lebend an Land kommen, kommen ebenfalls wegen illegaler Einreise vor Gericht und werden abgeurteilt.

Das kapitalistische System zeigt seine ganze Inhumanität!