Armutsarbeit – Prekäre Arbeit

Outsourcing, Minijobs, Scheinselbständigkeit, Leiharbeit, Werkverträge, befristete Arbeitsverträge, Scheinpraktika

Nach Angaben der Hans-Böckler-Stiftung waren 1990 rund 22% der Arbeiter/innen und Angestellten in so genannter „atypischer Beschäftigung“, das bedeutete damals Teilzeit, befristet und 0,4% in Leiharbeit. Mittlerweile hat das Kapital zahllose weitere Formen der prekären Arbeit „erfunden“. Im Bereich der Lohndrückerei und von Arbeitsverhältnissen, von denen man nicht existieren kann, ist es ungeheuer „kreativ“. So waren denn auch 2010 bereits weit über 50% der Beschäftigten in „atypischen“ Arbeitsverhältnissen. Und dabei berücksichtigt die Böckler-Stiftung in ihrer Aufstellung einen Teil der prekären Arbeitsverhältnisse noch nicht einmal, wie Scheinselbständigkeit, Werkverträge.

Das Kapital hat mittlerweile zahlreiche Instrumente, um Tarifverträge zu umgehen und auszuhöhlen. Da gibt es „freie Unternehmer“, die für DHL, Hermes und andere Transporte durchführen und nicht davon leben können. Die Fahrzeuge können nicht gewartet werden. Die Fahrer sind ausgelaugt und kaputt. Sie müssen Stunden schinden, um zu überleben. In ähnlicher Weise gibt es „freie Unternehmer“ auf dem Bau, die allein oder mit kleinen Kolonnen als Sub-Unternehmer arbeiten. Das gibt es in der Möbelindustrie für die Montage, in den Großschlachtereien. Auf den Feldern arbeiten Saisonarbeiter/innen für Löhne um die 3 Euro/ Stunde. Über Werkverträge werden Aufträge an „freie Unternehmen“ vergeben, die klein, abhängig und erpressbar sind.

 

Zauberwort Outsourcing

Outsourcing nennt sich das Zauberwort. Unternehmensteile werden ausgegliedert und die Arbeit an Fremdfirmen vergeben. Damit verbunden ist immer: Weniger Lohn, weniger Sozialleistungen, mehr Arbeitshetze. Das Kantinenessen kommt von irgendwoher und schmeckt (kann man da von „schmecken“ sprechen?) auch so. Hauptsache billig! Putzkolonnen privater Unternehmer machen den Dreck weg – im Krankenhaus, Schule, Uni, Büro usw. Hauptsache billig!

 

Billiglohnland Deutschland

Deutschland ist in Europa führend bei den Billiglohnjobs. Ihr Anteil beträgt 22,2% – in Frankreich dagegen nur 6,1%. Tendenz in beiden Ländern steigend! Über 1.5 Millionen Menschen arbeiten für weniger als 5€/Stunde. Seit 2000 sind rund 2.3 Millionen Vollzeitarbeitsplätze vernichtet worden. Gleichzeitig sind 4.1 Millionen Arbeitsverhältnisse wie Mini-Jobs,Teilzeit, Leiharbeit entstanden. 2011 gab es bundesweit bereits 7,4 Millionen geringfügig Beschäftigte.

 

Das „Jobwunder“

Minijobs, vor allem für Frauen, die dann später keine Rentenansprüche haben, sind geradezu explodiert. Wie schon gesagt, gibt es mittlerweile über 7,4 Millionen davon. Im Gastgewerbe haben 34% der Beschäftigten einen Minijob; im Einzelhandel 23%; in der Land- und Forstwirtschaft 17%; selbst im Bereich wirtschaftliche, wissenschaftliche und freiberufliche Dienstleistungen machen Minijobs 12% aus. Das ist das angebliche „Jobwunder“ der Regierung.

 

Der löcherige Mindestlohn

Eigentlich sollte ja ein Mindestlohn wirklich das Minimum sein. Doch was die Bundesregierung jetzt plant ist ein Gesetz mit vielen Schlupflöchern. So gibt es z.B. bei Auszubildenden keinen Mindestlohn. Über zahlreiche weitere Ausnahmen für Saisonarbeiter, für Langzeitarbeitslose usw. wird noch verhandelt. Mehrere Millionen werden dann unter dem Mindestlohn beschäftigt sein können. Neben diesen Schlupflöchern stehen Scheinselbständige, Werkvertragsarbeiter/innen, Praktikanten außerhalb dieses Gesetzes. So darf ein „freier Unternehmer“ weiterhin mit Wissen seines Auftraggebers auch für 2 oder 3 Euro Stundenlohn auf einer Baustelle schuften, Transporte durchführen oder was sonst noch. Für die großen Konzerne bleiben so genügend Möglichkeiten, weiterhin mit Outsourcing die Löhne zu drücken.

Zudem ist klar, dass 8,50 Euro brutto Stundenlohn nicht reichen, um davon zu leben. Bis zu seiner Einführung im Januar 2017 hat die Inflation ihn schon real auf ca. 8 Euro heruntergeschraubt. Bei der ersten Erhöhung entsprechend der dem Durchschnitt der Tariferhöhungen der letzten 2 Jahre wird er bereits real bei 7,80 Euro sein.

In vielen Ländern Europas liegt der Mindestlohn bereits jetzt höher: Irland 8,65 Euro, Belgien 9,10 Euro, Frankreich 9,53, Niederlande 9,74 Euro plus Urlaubsgeld. Deutschland bleibt also auch mit Mindestlohn weiterhin Billiglohnparadies für das Kapital.

 

In und mit den Gewerkschaften gegen Armutsbeschäftigung kämpfen!

Dass es überhaupt zum Mindestlohn von 8,50 Euro kommt, ist ein Ergebnis des jahrzehntelangen Kampfes in den und mit den Gewerkschaften. Doch das reicht nicht! Alle Arten von prekärer Beschäftigung müssen abgeschafft und die dort Beschäftigten in Normalarbeitsverhältnisse übernommen werden. Der Mindestlohn muss 10 Euro betragen, damit man davon leben kann. Dagegen gibt es Widerstand. Der Widerstand seitens des Kapitals ist nur zu verständlich. Es profitiert von den Armutslöhnen. Aber auch seitens einiger Gewerkschaftsführer gibt es Widerstand. Man fühlt sich als „Partner“ des Kapitals und macht in Co-Management. Eine solche Politik schadet den Arbeiter/innen und Angestellten, denn sie kommen durch die Billiglöhne massiv unter Druck.

Deshalb muss der Kampf gegen jede Form der prekären Beschäftigung zusammen und mit den prekär Beschäftigten weitergeführt werden. In den Gewerkschaften, in den Betrieben, in Arbeitslosen- und Sozialinitiativen muss mobilisiert und der Kampf gegen Armutsbeschäftigung verstärkt werden.

 

Wir fordern:

Zehn Euro gesetzlicher Mindestlohn brutto und lohnsteuerfrei!

Keine Ausnahme vom Mindestlohn!

Abschaffung aller prekären Beschäftigungsverhältnisse!