Tarifeinheit – was soll das sein? Kapital und CDU/CSU-SPD gegen das Streikrecht!!

Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD, an der Spitze Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) arbeitet zur Zeit mit Hochdruck an einem gesetzlichen „schwarz-roten“ Streikverbot“! Was im Koalitionsvertrag und auch weiter in den aktuellen öffentlichen Verlautbarungen irreführend und ablenkend als „Tarifeinheit“ bezeichnet wird, ist höchst gefährlich! Zum ersten Mal will eine Bundesregierung eine ständige Forderung von Arbeitgeberverbänden gesetzlich umsetzen. Besonders pikant: Schon die Schwarz-gelbe Koalition hatte diesen Plan auf dem Tisch, konnte sich aber nicht darauf einigen.

Das Streikrecht hierzulande ist sowieso stark beschränkt. Es steht nicht im Grundrechtekatalog des Grundgesetzes. Nur im Rahmen von Tarifrunden darf der „Arbeitnehmer“ überhaupt „legal“ streiken. Spontane oder selbst organisierte Streiks sind bedroht durch Abmahnungen, ja Kündigungen, aber auch durch Schadensersatzforderungen. Deshalb fordern wir fordern mit zahllosen klassenkämpferischen Kolleg/innen ein uneingeschränktes politisches Streikrecht.

Aber die Kapitalisten in Deutschland wollen genau in die Gegenrichtung gehen, und das mit Hilfe der schwarz-roten Regierung. Originalton Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot: „Um den Koalitions- und Tarifpluralismus in geordnete Bahnen zu lenken, wollen wir den Grundsatz der Tarifeinheit nach dem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip unter Einbindung der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber gesetzlich festschreiben…

„… den Koalitions- und Tarifpluralismus in geordnete Bahnen lenken? Das klingt sofort nach Angriff auf unsrer Rechte! Die Chefs des deutschen Kapitals finden Streiks kleinerer Gewerkschaften wie der GDL lästig. Deshalb wird das bisschen Streikrecht zusammengestrichen. Dass die Sozialdemokraten mitmachen, ist ein Skandal. Wenn es einen auch nicht wirklich wundert…

Die Bundesregierung hat sich inzwischen auf Eckpunkte für eine neue gesetzliche Regelung verständigt. Und die besagen ganz einfach, dass in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag gelten darf. Gibt es mehrere Gewerkschaften, wie z. B. bei der Bahn oder in Großunternehmen, dann sollen die kleineren Gewerkschaften

* sich dem Tarifvertrag unterwerfen, den die größte Gewerkschaft abgeschlossen hat

* ihre Mitglieder nicht mehr für eigene Forderungen zum Streik aufrufen dürfen, wenn die größte Gewerkschaft bereits einen Abschluss getätigt hat. Kleinere Gewerkschaften hätten nichts mehr zu melden, wenn die angebliche größere einen Tarifvertrag abgeschlossen hat! Das heißt für sie im Klartext Streikverbot!

Ausnahmen gibt es nur, wenn verschiedene Gewerkschaften in einem Betrieb sich absprechen, welche Gruppen sie getrennt vertreten, können sie für diese, nicht für alle, Tarifverträge erstreiten. Auch wenn inhaltsgleiche Tarifverträge abgeschlossen werden, tritt die Unterwerfungspflicht unter den Tarifvertrag der größten Gewerkschaft nicht ein.

 

Arbeitgeber verfolgen ihre Strategie!

Fassungslos macht, dass Vorstände von IG Metall, IGBCE und auch DGB-Funktionäre dafür Verständnis aufzubringen scheinen. So blind kann nur sein, wer denkt: Ich bin automatisch der Größte! Und so argumentieren Gewerkschaftsbürokraten denn auch gerne. Aber sie verschließen die Augen davor, dass es keineswegs in allen Betrieben so aussieht. Kann sich ein Gewerkschaftschef, der hier wohlwollend zuschaut, nicht vorstellen, dass die Kapitalisten nicht nur ein Stück Papier wollen, sondern sich längst darauf vorbereitet haben, was sie tun, wenn die „Tarifeinheit nach dem betriebsbezogenen Mehrheitsprinzip“ erst mal gilt?

Man fängt in den schwächer organisierten Betrieben an. Dort versucht das Kapital, mit Tricks, Demagogie, Versprechungen, Geld usw. dafür zu sorgen, dass eine IG-Metall-, eine IGBCE, eine ver.di oder welche Gewerkschaft auch immer samt ihren Tarifverträgen nicht mehr die größte Gewerkschaft ist. Dann behaupten irgendwelche Vorstände, die Betriebsgewerkschaft im Betrieb sei stärker als sie, und deshalb gelte jetzt der mit dieser abgeschlossene Tarifvertrag! Dann müsste die DGB-Gewerkschaft erst einmal nachweisen, dass sie stärker ist – und das heißt ja wohl. Mitgliederzahlen auf den Tisch des Arbeitsgerichtes legen? Wollen wir das??

Gibt es erst mal genug Erfolge in solchen Fällen, wird der Flächentarif immer weiter ausgehöhlt, weiter als er bereits jetzt schon ist. Wer hier als Gewerkschaftsfunktionär mitmacht, öffnet Tür und Tor zu einer Strategie der eigenen Selbstentmachtung, was nichts anderes heißt, als zu einer Entmachtung der Gewerkschaftsmitglieder, der eigenen Basis!

 

Verfassungsklage wird bereits angekündigt

Dass es da vielleicht eine „verfassungsrechtliche Problematik geben könnte, haben die kleineren Gewerkschaften wie z. B der Beamtenbund oder der Marburger Bund(Ärzte) öffentlich gemacht: Sie haben Verfassungsgerichtsklagen gegen ein eventuelles Gesetz angekündigt. Das ist verständlich und ihr Recht.

 

Widerstand ist dringend!

Aber entscheidend ist der Widerstand gegen solche Angriffe von der Basis der Gewerkschaften. ver.di-Gliederungen haben gegen diese Pläne bereits protestiert. Aber es ist Sache der Vertrauensleute der DGB Gewerkschaften, diesen Protest und Widerstand überall in den Betrieben zu organisieren. Und es wird höchste Zeit: am 8.7. will Merkels Kabinett Beschluss fassen. Ministerin Nahles soll laut Tagesspiegel vom 26.06.2014 bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorlegen.

 

Wir empfehlen die Website zu diesem Thema: www.politischer-streik.de

Dort findet sich auch der Wiesbadener Appell für ein uneingeschränktes politisches Streikrecht unter: www.politischer-streik.de/downloads/

Lesenswert ist auch der bemerkenswerte Artikel von Detlef Hensche, der die Gefahren eines gesetzlichen Streikverbotes („Tarifeinheit“) brillant herausgearbeitet hat. Er zeigt wichtige Knackpunkte und Argumente. Hier der Link zum Artikel von Hensche: https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/januar/schwarz-rotes-streikverbot

 

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