Buchbesprechung: Der Crash ist die Lösung, von Matthias Weik und Marc Friedrich

Der Crash ist die Lösung, Buchbesprechung

Wer aufmerksam „Arbeit Zukunft“ liest, wird vieles kennen, was die beiden Ökonomen Weik und Friedrich in ihrem neuen Buch gesammelt haben. Allerdings ist die geballte Form, in der sie die zahllosen Verbrechen des gegenwärtigen Wirtschaftssystems darlegen, ausgesprochen bedrückend und macht zugleich wütend.

Heftig kritisieren die beiden, dass Banken aufgrund ihrer „Systemrelevanz“ machen können, was sie wollen, und am Ende doch immer wieder vom Steuerzahler „gerettet“ werden. Sie sagen offen, dass hier die Profite privat eingestrichen, die Verluste aber sozialisiert werden. Sie gehen auf die zahllosen faulen Bankinstitute ein, die nur mit Staatshilfe überleben konnten. Sie prangern das schreiende Unrecht an, dass jeder Arbeiter und Angestellte seine Schulden zahlen muss, nur die Banken nicht. Dabei gehen sie oft in die Details der verschiedenen kriminellen Machenschaften, mit denen die Banken riesige Geldsummen abgeschöpft haben und am Ende doch vor dem Zusammenbruch standen. Obwohl der Autor dieser Besprechung schon vieles wusste: In dieser komprimierten Form sitzt man manchmal beim Lesen mit vor ungläubigem Staunen offenem Mund da.

Richtig legen die Autoren auch dar, dass Deutschland nur Exportweltmeister sein kann, weil es das Land der Billiglöhne ist. Sie decken auf, dass dies über die Steuergelder und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in Form von aufstockendem Hartz IV überhaupt erst ermöglicht wird. Die Arbeiter und Angestellten selbst finanzieren also diese Armutslöhne, mit denen sie erpresst werden. Die Autoren belegen mit Zahlen, dass der größte Batzen aus dem Staatshaushalt bei den Banken landet, während Bildung und Wissenschaft stiefmütterlich behandelt werden.

Sie weisen eindringlich darauf hin, dass diese Art der Krisenrettung nicht lange gut gehen kann und die nächste Krise vor der Tür steht. Und sie beschreiben, dass eine solche noch tiefere Krise katastrophale Folgen für die Menschen haben wird. Denn mittlerweile sind die Staatsschulden so hoch, dass eine erneute Billionen schwere „Rettung“ kaum möglich erscheint. Sie sagen vorher, dass dann der Mittelstand praktisch enteignet wird und die große Masse der Arbeiter und Angestellten durch Zwangsabgaben und Inflation die Krise bezahlen müssen.

Soweit, so gut!

Allerdings wird auch deutlich, dass die Autoren nicht für die Arbeiter und Angestellten geschrieben haben. Ihr Buch richtet sich an den ängstlichen Kleinbürger und Mittelständler, der sein Vermögen nicht in der nächsten Krise verlieren möchte. So enthält das Buch ein ganzes Kapitel, wie man sein Vermögen „retten“ kann. Dazu muss man allerdings erst einmal Vermögen besitzen. Für die Bezieher von Billiglöhnen, für die meisten Arbeiter und Angestellten trifft das ja nicht zu.

Ja, die Autoren fühlen sich sogar zum Retter des Kapitalismus berufen.

So appellieren sie auf S.16:

Was wir brauchen, ist eine Reform des Bank- und Finanzwesens an Haupt und Gliedern. Eine Neuausrichtung an einer nachhaltigen, menschenfreundlichen Unternehmensphilosophie. Wir alle müssen den Banken und Versicherungen die Hand reichen und sie wieder in die Gesellschaft integrieren.“ (Hervorhebung durch uns, die Red.)

Integrationskurse für asoziale Banker – vom Jobcenter finanziert? Eine groteske Idee. Die Opfer sollen den Tätern die Hand reichen?

Da, wo die Mechanismen des Systems aufgedeckt werden müssten, machen die Autoren deutlich, dass sie das System retten und erhalten wollen. Marx lesen ist da erhellender! Ihre Kritik beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass die Geldmenge zu groß aufgebläht und unkontrollierbar ist sowie auf den Zins und Zinseszins, der exponentielles, unaufhörlich steigendes Wachstum verlangt. Sie kritisieren die Globalisierung, dass diese eine ungeheure internationale Arbeitsteilung gebracht hätte. Dementsprechend sind ihre Antworten und Reformvorschläge:

– Unkontrollierte Geldschöpfung verhindern

– Banken strenger regulieren

– Haftung der Manager für Risiken

– Lobbys kontrollieren

– Verschwendung von Steuergeldern verhindern

– Steuersystem einfacher und gerechter

– Marshallplan für Krisenstaaten

– Abschied von den Weltwährungen

– Bewusst konsumieren und investieren

Das ist nichts weiter als eine Liste frommer Wünsche! Und allzu neu ist diese Liste nicht. In zahlreichen Sonntagsreden diverser Politiker werden solche Wünsche und Illusionen verbreitet. Die Realität sieht anders aus. Das kapitalistische Profitkarussel dreht sich immer schneller und riskanter. Liegt das an „unbewusstem Konsumieren und Investieren? Nein! Es wird bewusst investiert, um Höchstprofite zu erzielen. Auch die Abschaffung von Zins und Zinseszins oder dessen Einschränkung ist entweder ein frommer Wunsch oder man muss gleich den gesamten Kapitalismus abschaffen.

Das der Zins und Zinseszins an allem Schuld ist, wird schon seit langem beispielsweise von Silvio Gesell und seinen Anhängern geglaubt und verbreitet. Sie unterscheiden, wenn auch in anderen Worten zwischen schaffendem und raffendem Kapital. Da gibt es das „gute“ produktive Kapital, das Werte schafft und das böse raffende Finanzkapital. Diese Theorien stehen dem Weltbild der Nazis verdammt nahe.

Tatsächlich basiert aber schon die Produktion im Kapitalismus auf dem „Zins“, nur dass das hier der Profit ist. Denn kein Kapitalist investiert sein Geld, um am Ende des Produktionszyklus genauso viel Geld wie am Anfang oder gar weniger zu haben. Das Ziel ist – mehr Geld. Und im darauf folgenden Produktionszyklus soll es noch mehr werden. So ist dem kapitalistischen System die Anhäufung ungeheurer, ständig wachsender Kapitalmassen immanent, also ein wesentlicher, untrennbarer Bestandteil. Wissenschaftlich nachgewiesen ist das alles bei Karl Marx. Man muss es nur lesen. Wer also die Verrücktheiten des Kapitalismus ernsthaft beseitigen will, der muss das ganze System beseitigen. Erst wenn der Profit als Motor der Wirtschaft abgeschafft ist, kann man diese nach den Bedürfnissen der Menschen lenken.

Schade! In der Darstellung der Fakten ist „Der Crash ist die Lösung“ lesenswert. In der Analyse und in den Lösungsvorschlägen wandelt es auf bedenklichen Pfaden.

Eichborn-Verlag, 384 Seiten, 19,99 Euro, ISBN 978-3847905547