Waffen „für die Kurden“ – Verwirrspiel der Regierung

Tränenreich hat Kanzlerin Merkel ausgerechnet am 1. September, dem Antikriegstag, dem 75. Jahrestag des Überfalls Hitlerdeutschlands auf Polen, im Bundestag für Waffenlieferungen nach Irak-Kurdistan geworben. Sie meinte, dass der Vormarsch von IS (Islamischer Staat) „uns in vielerlei Hinsicht auf keinen Fall kaltlassen. Seine Expansion muss aufgehalten werden.“ Hier werde eine Religion „in furchtbarer Weise missbraucht, um Mord, Terror und Herrschaftsanspruch zu legitimieren.“ Und deshalb müsse man halt „humanitär“ mit Waffenlieferungen „helfen“.
Diese Sprüche kennen wir von sämtlichen Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der NATO. Doch keiner dieser Einsätze hat diese hehren Ziele je erreicht. Im Gegenteil! Afghanistan? Statt Befreiung der Frau, Demokratie, Bildung ist viel zerstört. Bildung ist in noch weitere Ferne gerückt als je zuvor. Frauen werden mehr unterdrückt. In Kabul herrschen Drogenbarone, Warlords, korrupte, verkommene Politiker. Libyen? Heute herrscht dort Chaos, Gewalt und Terror, wo man zuvor einigermaßen existieren konnte. Überall, wo die „Helfer“ gewütet haben, herrscht Elend, Hunger, Gewalt, Zerstörung.
Wie sieht es nun wirklich in Irak-Kurdistan aus?
Interessant ist ein Artikel der Süddeutschen vom 29.8.14 (http://www.sueddeutsche.de/meinung/jesiden-und-kurden-im-irak-waffen-fuer-die-falschen-1.2106836-2). Darin wird berichtet, dass sich die Peschmerga der irakischen Kurdenpartei KDP beim Angriff der IS auf die Jesiden am Berg Sindschar zurückgezogen und diese ihrem Schicksal überlassen haben. Die Süddeutsche Zeitung berichtet weiter, dass Jesiden und Christen auch im Irak-Kurdistan verflogt und unterdrückt werden. Die Hilfe der Peschmerga kam allein von den Volksverteidigungseinheiten der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), die in Syrien das unabhängige Gebiet Rojava aufgebaut haben. Bestätigt wird dieser Bericht durch eine Sendung von „report München“ (http://www.br.de/fernsehen/das-erste/sendungen/report-muenchen/videos-und-manuskripte/kurdische-kaemperinnen-und-pkk-100.html). In dem Beitrag wird eindrucksvoll gezeigt, wie im befreiten Rojava auch Frauen selbstbewusst kämpfen und einen unabhängigen Status erreicht haben. Doch die PYD erhält aus Deutschland keine Unterstützung. Sie gilt als PKK-nah, wie auch der „report München“ deutlich zeigt.
Die PKK gilt jedoch in Deutschland und der gesamten EU als Terrororganisation und ist verboten. Wer jetzt also ernsthaft den Jesiden und Christen im Irak helfen will und etwa Spenden für die PYD sammelt, macht sich strafbar und kann wegen „Unterstützung einer terroristischen Organisation“ schwer bestraft werden.
Die IS hingegen ist in Deutschland nach Auskunft des Bundesinnenministeriums nicht verboten. Es ist also völlig legal, für diese Organisation Geld zu sammeln und zu werben. Die Heuchelei unserer Waffenlieferanten und „Menschenrechtsverteidiger“ wird offensichtlich.
Am 12.
9. kam die Meldung, dass der Bundesinnenminister nun die IS und ihre Unterstützung verbieten lässt. Da hat er lange gebraucht und die PKK bleibt weiterhin verboten.
Warum schicken diese Leute den Kräften der KDP Waffen, die Jesiden und Christen nicht verteidigen, sondern sie unterdrücken und benachteiligen? Die Erklärung ist einfach. Die KDP kontrolliert ein Gebiet mit wichtigen Erdölvorräten und -förderanlagen. Die KDP ist seit vielen Jahren eng mit den USA und den US-Ölkonzernen verbunden. Sie garantiert gegen einen Anteil der Gewinne für die korrupten Führer die sichere Ausplünderung dieser Ressourcen. Bei der PKK hingegen wäre das derzeit nicht garantiert.
Den imperialistischen Herren kann auch gar nicht an einer völligen Stabilisierung des Irak gelegen sein. Denn solange dort eine noch beherrschbare Unordnung und Chaos herrscht, kann man die verschiedenen Gruppen gegeneinander ausspielen. Nach dem alten Motto „Teile und herrsche!“ lässt sich das Gebiet tatsächlich kontrollieren und ausbeuten. Und da die dortigen Vasallen immer auf die Unterstützung ihrer imperialistischen Herren angewiesen sind, müssen sie auch die wertvollen Rohstoffe billig herausrücken oder gleich an die ausländischen Mächte übergeben.
Mit den Waffenlieferungen aus Deutschland werden diese Ausbeutungs- und Abhängigkeitsverhältnisse aufrecht erhalten. Mit „humanitärer Hilfe“ hat das nichts zu tun.