Vor der nächsten Metall-Tarifrunde: Ein starke Forderung aufstellen!

Die nächste Tarifrunde der IG Metall steht vor der Tür! Die Entgelttarifverträge laufen am 31. Dezember 2014 aus. Im Januar gibt es erste Verhandlungen, ab Februar kann es Warnstreiks geben.
Der IG Metall Vorstand hält sich diesmal bei der Entgeltforderung auffällig zurück – wohl eine Konsequenz aus der letzten Tarifrunde, als der Diskussionsaufruf gleich verbunden war mit einer stark zurückgeschraubten Empfehlung: Nicht zu viel fordern! Dieses Vorgehen des Vorstandes erregte damals heiße Kritik in der ganzen IG Metall! Aber auch wenn es 2014 vordergründig anders ausschaut – hinter den Kulissen hat sich nicht viel geändert.

Tarifrunden sind Klassenkampf!
Es gibt keinen Anlass zur Bescheidenheit bei den Metaller/innen! Die Metallindustrie hat satte Gewinne gemacht, trotz schwieriger Marktbedingungen. Außerdem haben „unbescheidene“ Abschlüsse, also kräftig steigende Entgelte der IG Metall sehr wichtige soziale Folgen:

  • Hohe Entgeltforderungen und –abschlüsse in der Metallindustrie sind ein wichtiger Maßstab über die Branche hinaus, für die gesamte Wirtschaft, auch u. A. für die Renten! Sie haben Vorbildfunktion.
  • Sie sind ein Zeichen, was wichtig ist: Die Interessen der arbeitenden Menschen und nicht der Erfolg des Kapitals und des zunehmend aggressiven Kriegs- und Sozialkahlschlagskurses der CDU/SPD-Bundesregierung!
  • Streik ist der Königsweg zum möglichst hohen Abschluss! Er ist zudem auch ein wichtiges Zeichen für die Verteidigung des Streikrechts, das gegenwärtig von der Regierung angegriffen wird – siehe das Koalitionsprojekt Tarifeinheitsgesetz!

Der IG Metall-Vorstand stellt aber nicht die Erhöhung der Entgelte in den Vordergrund.
Er betont stattdessen

  • die Notwendigkeit, den Altersteilzeit(ATZ)-Tarifvertrag weiter zu entwickeln. Zumindest in Baden-Württemberg läuft der einschlägige Tarifvertrag zur ATZ während der Tarifrunde ersatzlos aus. Will man ihn weiter haben, dann wird diese Frage automatisch Bestandteil der Tarifrunde.
  • bessere Bedingungen für die Qualifizierung der Kolleg/innen.

Jeder erfahrene Gewerkschafter weiß: das kostet Entgeltprozente! Es geht nicht darum, dass Altersteilzeit und Qualifikationsförderung unwichtig wären, aber Abschlüsse auf diesen beiden Feldern kosten und werden zur Entgelt-Minderung genutzt werden. Deswegen kann der IG-Metall-Vorstand sich gut zurückhalten und diese Themen herausstreichen.
Das hat für das Kapital große Bedeutung! Die Entgelt-Tarifverträge gelten für alle, die beiden anderen kommen dagegen nur in individuellen Fällen zur Anwendung. Die üblichen Entgelt-Abschläge für ATZ und Qualifikation werden deshalb keineswegs im angerechneten Umfang betrieblich umgesetzt. Es gibt viele Möglichkeiten, Menschen diese Tarifleistungen vorzuenthalten: Wo kein Kläger, da kein Richter,. Kollegen lassen sich um ihre Ansprüche prellen, sie werden nicht selten zu Bittstellern, weil in ihrem Betrieb Gewerkschaft oder Betriebsrat zu schwach sind. Das Kapital wird also längst nicht alles real zahlen müssen, was für ATZ- und Qualifikationstarifverträge beim Entgelttarifvertrag abgezogen wird.
Es gibt allerdings durchaus Interesse vieler Kolleginnen und Kollegen an diesen Forderungen. Sie wollen

  • erleichterten Zugang und finanziell attraktivere Ausstattung der Altersteilzeit, längere Zeiträume, keine Bindung des Zugangsrechts zur ATZ an Schichtarbeit, sondern Zugang für alle.
  • Kostenübernahme für Qualifikationsmaßnahmen durch die Arbeitgeber, die schließlich davon profitieren. Wahlweise Freistellung oder Qualifizierungs-Teilzeit, vom Arbeitgeber bezahlt, wenigstens zum Teil.

Entscheidend an der Forderungsgdebatte bleibt aber, dass es eine hohe Entgeltforderung gibt, gerade wenn Abschläge nicht verhindert werden können.

IG Metall-Vorstand: keine „soziale“ Komponente!
Erneut wird zudem vom IG Metall-Vorstand jede soziale bzw. Strukturkomponente ausgeblendet. Kein Wort über eine Festgeld-Forderung! Nicht einmal eine Mindestforderung! Die wäre wichtig! Sie würde die unteren Entgeltgruppen besser stellen.
In der nun laufenden Diskussion in den Vertrauensleute-Körpern (VK) wird deswegen oft eine Forderung von ca. 7 bis 8%, mindestens 200 bis 220 Euro genannt! Das ist zu begrüßen! Allerdings gibt es auch deutlich niedrigere VK-Beschlüsse. Z. B. bei Audi Ingolstadt, wo der VK die Forderung von 5,8 % beschloss, ohne Mindestentgelt! Audi ist in Bayern natürlich nicht irgendein Betrieb, und kritische Beobachter/innen ahnen: Da also geht´s lang beim Entgelt, wenn´s nach der IG Metall-Führung (Bezirksleitungen und Vorstand) geht!
Dazu passt auch die Rechnung, die die Stuttgarter Zeitung am 29.September dem Baden-Württembergischen IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger in den Mund legte: „Angesichts eines erwarteten Plus der gesamtwirtschaftlichen Produktivität von bis zu 1,5 Prozent und einer mittelfristigen Inflationsrate von zwei Prozent, werde die Forderung über 3,5 Prozent liegen, rechnete Zitzelsberger vor. Hinzu komme die sogenannte Umverteilungskomponente in einer Bandbreite von eins bis drei Prozent.“
Mehr als 3,5%? Da passen 3,8% ganz gut. Wenn dann bei der „Umverteilungskomponente“ der Mittelwert von 2 % (zwischen eins bis drei Prozent) angesetzt würde, stimmt es mit dem Audi-VK mit seinen 5,8% überein.

Hohe Entgeltforderung und Streikbereitschaft!
Wir können alle Kollegen nur ermutigen, eine hohe Forderung zu stellen:

  • 8%, mindestens 230 Euro (entspricht der Erhöhung bei der Eck-Entgeltgruppe EG 7 in Baden Württemberg!) bei einem Jahr Laufzeit – das ist ein Vorschlag, den wir unterstützen!
  • ATZ für alle Kollegen, die es wollen, bessere finanzielle Ausstattung, längere Laufzeiten, kein Schlusstermin wie zur Zeit!
  • Qualifizierung nützt dem Kapital, deswegen bezahlte Freistellung – entweder Teilzeit oder eine Auszeit – für berufliche Qualifizierungsmaßnahmen.
  • Dem Kapital und den Kapitalisten der Metallindustrie geht es wirtschaftlich gut! Deshalb ist eine kämpferische Tarifrunde sowohl notwendig als auch wichtig! Schnelle Urabstimmung und Erzwingungsstreik! Darauf sollten sich Mitglieder, Vertrauensleute und alle Funktionär/innen an der Basis einstellen und das auch gegenüber den Bezirksleitungen und dem Vorstand vertreten! Ohne Voll-Streik wird es ein übliches mageres Ergebnis geben. Die streikenden Cockpit- Piloten und Eisenbahner der GDL sind kein Horror, wie die Bundesregierung und dass Kapital hetzen, sondern ein Vorbild für uns! Seien wir mit ihnen solidarisch: Tun wir es ihnen nach!

Die Großen Tarifkommissionen werden im November ihre Beschlüsse fällen.
Vorher heißt es: Die Metaller/innen und ihre Vertrauensleute müssen ihre Forderungen aufstellen und in den Funktionärskonferenzen im November den Mitgliedern der Tarifkommission klarmachen! In der Tarifkommission versuchen immer wieder IG Metall-Vorstand und –Bezirksleitungen, ihre sich schon abzeichnenden gemäßigten Vorstellungen durchzusetzen. Deshalb: Je stärker die Vorgaben von der Basis, desto größer die Chance für eine kämpferische Tarifrunde!
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