Burkina Faso: Rückblick auf die 4 Tage, die den Sturz von Compaoré bewirkten

In seiner Erklärung vom 1. November hat die PCRV (Revolutionäre Kommunistische Partei Voltas) an die Wurzeln dieser Bewegung erinnert: „Seit den Hungerrevolten von 2008 verging kein Tag, ohne dass die armen Bauern, die Arbeiter und die abhängig Beschäftigten, die armen Schichten der Städte, die sich aus Arbeitern, Auszubildenden, kleinen Händlern und Handwerkern zusammensetzen, hauptsächlich aus den jugendlichen Randgruppen der Bevölkerung, die auf den informellen Sektor abgedrängt worden waren, nicht revoltierten und Aktionen, die manchmal aufstandsähnlich waren, entfalteten für das Recht auf ein anständiges Leben, auf Gerechtigkeit und Freiheit und für einen wirklichen Wandel zugunsten des Volkes.“ Das ist der praktische und konkrete Ausdruck der Vertiefung der revolutionären Krise, welche unser Land seit dem Mord an dem Journalisten Norbert Zongo und seinen drei unglücklichen Begleitern am 13. Dezember 1998 erschüttert. Diese revolutionäre Krise, die sich seitdem in Etappen entwickelt, hat heute ein ungleiches Ausmaß erreicht…“

Zeitlich gab es drei entscheidende Tage: die Demonstrationen, zu denen die „Opposition“ am Dienstag, dem 28. Oktober, aufgerufen hatte, die des 29. Oktober auf den Aufruf der „Koalition gegen die Teuerung“ hin und dann der Tag des Aufstands am Donnerstag, dem 30. November. An diesem Tag war ursprünglich die Abstimmung der Nationalversammlung vorgesehen, die die Verfassungsänderung, welche die Präsidentschaft Blaise Copaoré auf Lebenszeit erlauben sollte, bestätigen sollte.

 

Warum ist Compaoré gestürzt?

 

Das Scheitern und der Misskredit des Regimes, das Auseinanderbrechen der Partei des Präsidenten und die Lebenskraft der sozialen Front sind die drei Elemente, welche den „Rücktritt“ Compaorés möglich gemacht heben.

Die Armut und die Teuerung sind unerträglich geworden, ebenso wie die Korruption und üble Geschäftemacherei, die politischen Verbrechen, die Polizei-“übergriffe“ und die Auswüchse bei der Staatssicherheit. Nach dem sehr heißen Alarm des Jahres 2011 haben diejenigen, welche die Aneignung der gesamten wirtschaftlichen Macht durch den Compaoré-Clan nicht mehr ertrugen und die, welche sich sagten, es sei besser, das Schiff zu verlassen, bevor man mit dem Kapitän zusammen unterginge, begonnen, auf Distanz zu gehen. Aber der Hauptaspekt ist der, den die PCRV unterstreicht: „die immer deutlichere Entschlossenheit der Massen, um Brot und Freiheit zu kämpfen, wie es die vielfachen Aktionen und Kämpfe, die von der Partei organisiert und geleitet wurden, gezeigt haben.“

 

Warum spricht die PCRV von einer „reaktionären bürgerlichen Opposition“?

 

Unter den zwei wichtigsten Oppositionsparteien, die zur Demonstration gegen die Manipulation der Verfassung am 28. Oktober aufgerufen haben, befindet sich die „Volksbewegung für den Fortschritt“ (MPP) und die „Vereinigung für Fortschritt und Wandel“ (UPC). Die Führer der MPP sind ehemalige Stützen des Regimes. Salif Diallo war der Mann fürs Grobe des Regimes. Simon Compaoré ist der ehemalige korrupte und reaktionäre Bürgermeister von Ouagadugu. Roch Marc Christian Kaboré ist ein Ex-Bankier, ein Großmeister der Privatisierungen der 1990er Jahre, ehemaliger Führer der CDP, Minister, Vorsitzender der Nationalversammlung… Was Zéphirin Diabré (UPC) betrifft, der sich selbst zum „Anführer der Opposition“ ernannt hat, so hat er zuerst auf Rechnung der französischen Castel-Gruppe, dann als Afrikadirektor von AREVA (*) gearbeitet. Er war Vorsitzender eines Think-tanks über Rohstoffe bei der Medef (französischer Arbeitgeberverband – d. Übers.) Er ist ein enger Freund der französischen Unternehmer. Sobald Blaise Compaoré den Präsidentenpalast verlassen hat, riefen sie zur Rückkehr zur Ruhe auf und führten Verhandlungen mit der Militärführung.

 

Welche Rolle haben die Militärs gespielt?

 

Zuerst haben sie auf die Menge geschossen. Dies Repression kostete mehrere Dutzende Tote und Verwundete. Aber als sie begriffen hatten, dass Compaoré nicht mehr gerettet werden konnte, sind sie auf den „Platz der Revolution“ zurückgekehrt, um mit den Aufständischen zu sprechen, ehe sie die Machtübernahme durch sie bekannt gaben. Die Konfiszierung der Errungenschaften der Kämpfe des Volkes durch putschistische Clans der neokolonialen Armee ist ein Szenario, dass in Burkina schon mehrmals abgelaufen ist. Die Intervention der Armee wurde direkt von Gilbert Diendéré, dem Chef der Präsidentengarde, gelenkt. Er hat seine rechte Hand, den Oberstleutnant Isaac Yacouba Zida, als neuen starken Mann in den Sattel gehoben. Um diesem Staatsstreich einen akzeptablen Anstrich zu geben, hat der neue Interimspräsident einige Tage später den Posten einem Zivilisten übergeben, während er selbst „Übergangs“-Premierminister blieb.

 

Welche Rolle hat Frankreich gespielt?

 

Frankreich und die Vereinigten Staaten mahnten ständig zur Ruhe und zur „Zurückhaltung“. Ihre Diplomaten setzten sich in Bewegung. Als die Armee übernommen hatte, übernahm Frankreich die Initiative, Blaise Compaoré zu evakuieren. Um ihn dem Volkszorn und der Gerichtsbarkeit seines Landes zu entziehen, aber auch, um ihm zu verstehen zu geben, dass er gegenwärtig verschwinden solle: „Um den Übergang zu erlauben, haben wir dafür gesorgt, dass der Präsident, der nicht mehr Präsident war, Richtung Elfenbeinküste evakuiert werden konnte,“ erklärte F. Hollande einige Tage darauf. Drei Wochen zuvor, am 7. Oktober, hatte F. Hollande seinem „lieben Blaise“ geschrieben. In diesem Brief, der von „Jeune Afrique“ veröffentlicht wurde, dankte er ihm für sein Engagement an der Seit Frankreichs in Mali, und wies dann darauf hin, dass „Burkina Faso ein Beispiel für die Region sein könne“ in Sachen Demokratie und Regierungssystem, „wenn es in den kommenden Monaten auch in diese Richtung vorankomme und die Risiken einer nicht konsensfähigen Verfassungsänderung vermeide“. Nach einem herzlichen „Alles Gute“, schloss der Brief mit einem expliziten Vorschlag zur Wiedereingliederung: „Sie können also auf Frankreich zählen, dass es Sie unterstützt, wenn Sie ihre Erfahrung und ihre Fähigkeiten der internationalen Gemeinschaft zur Verfügung stellen wollen.“!

Wie es die PCRV sagt, haben die Reumütigen der CDP, die nach mehr als zwei Jahrzehnten in den höchsten Stellungen jetzt das Gewand der Opposition umgehängt haben, die Militärs, welche es am 30. Oktober als notwendig ansahen, die Geschäfte in die Hand zu nehmen und der französische Imperialismus ein gemeinsames Kalkül: „den gegenwärtigen, revolutionären Prozess zu ersticken und das bankrotte, neokoloniale System zu retten“.

Aber das Volk von Burkina Faso ist nicht gewillt, seinen Sieg stehlen zu lassen! Unterstützen wir seinen Kampf für Brot und Freiheit, indem wir fordern „französischer Imperialismus, Hände weg von Burkina“!

 

*) AREVA = französischer Industrie-Konzern, der auf dem Gebiet der Herstellung, des Verkaufs usw. von Energieerzeugungsanlagen tätig ist. Er ist im Besitz des französischen Staates.

 

Aus „La Forge“, Zeitung der kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF), Dez. 2014