Der Musik-Tip: The Last Internationale

„Wenn die Sonne untergeht,
wird Schießpulver die Straßen waschen
mit Indianerblut
und die Samen der Revolution (s.u.)
werden eng um den Hals
unserer Kinder wachsen wie Schlingen,
die man benutzt, um Sklaven
in Schach zu halten, in Ketten,
und noch Jahrzehnte später
könnt Ihr Euch nicht erklären,
warum es immer noch dasselbe bleibt.“

(aus: Life, Liberty and the Pursuit of Indian Blood)

In Irland sind sie schon aufgetreten, in Griechenland, auf Teneriffa waren sie, in Schottland, England, Chile, in Kempten, München, Köln… Oft traten sie im Beiprogramm anderer „etablierter“ Bands auf – die inzwischen oft als „legendär“ bezeichneten Musiker der Gruppe „The Last Internationale“ aus New York. In einem Bericht des Senders RT führt die Ansagerin sie mit den Worten ein: „Musik mit tiefem Sinn zu finden, ist eine Seltenheit.“

Die Musiker um die Sängerin Delila Paz-Hernandez, selbst Kind der Arbeiterklasse, und den Guitarristen Edgar „Edgay“ Pires treten seit etwa 6 Jahren auf mit einem reichhaltigen Programm auf. Sie begannen als Folkgruppe in der Tradition des legendären US-amerikanischen Arbeitersängers Woody Guthrie; sie lieben aber auch RocknRollmusik, die sie mitreißend herüberbringen; sie haben Spaß dabei, den wir ihnen und dem Publikum gönnen, allerdings geht bei dem Rhythmus und der Lautstärke der politische Text oft etwas unter. Aber sie haben auch zahlreiche Lieder – eigene und die anderer Volkssänger – im Repertoire, bei denen die Musik „nur“ den untermalenden Hintergrund für den hervorragenden Gesang von Delila abgibt. Beeindruckend sind ihre Casting-Aufnahmen im Internet.

In den Konzertankündigungen für Deutschland erfährt man nicht viel über die politischen Vorstellungen der Musiker, deswegen zitieren wir aus dem bereits erwähnten RT-Bericht. Wir geben dabei die Äußererungen von Edgay und Delila mit unseren Worten wieder.

Ihren Namen „Internationale“ führen sie zurück auf die sozialistische Internationale von Karl Marx und Friedrich Engels. Die Ergänzung „letzte“ wählten sie angesichts der in jeder Beziehung bedrohlichen Weltlage. „Now or never“ – Jetzt oder nie – wenn diese (letzte) Internationale es nicht schafft, wird es keine weitere Möglichkeit mehr geben. Eines ihrer Lieder trägt daher den Titel „Workers of the World Unite!“ (Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!). Für sie ist klar, dass es die arbeitenden Menschen sein müssen, die die notwendigen Kämpfe organisieren und anführen. Für sie ist klar, dass die US-amerikanische Revolution (s.o.) nur wenigen die Freiheit gebracht hat – sie verurteilen den Völkermord an den Indianern, weisen darauf hin, dass die Sklaven durch diese an jedem 4. Juli offiziell gefeierte „Revolution“ nicht frei wurden, die Landlosen, die Untergebenen. Nicht viel hat sich mach ihren Worten seit dieser Revolution verändert. Sie zitieren „Armut ist die neue Form der Sklaverei“. Viele große, wichtige Streiks hat es in den USA gegeben, doch Freiheit haben sie nicht gebracht. Viele soziale Bewegungen hat es gegeben, doch was wurde aus ihnen? Zunächst wurden ihre Führer umgebracht und dann die Organisationen aufgebrochen. Wir nennen hier Joe Hill, ermordet vor fast genau 100 Jahren; Sacco und Vanzetti, Malcolm X, Martin Luther King, Abraham Lincoln – auch John F. Kennedy wurde aus diesen Gründen umgebracht; die Liste ließe sich verlängern – „countless nameless“ (ungezählte Namenlose) heißt es in einem Lied. Obama ein Sozialist? Das ruft bei Edgay eher Heiterkeit hervor. „Niemand ist weiter davon entfernt als er, ein Sozialist zu sein.“ Die Gewerkschaft sehen beide als wichtiges Mittel an, dass sich die Arbeiterklasse organisiert, wohl wissend, welches Schindluder auch in den USA von „gelben“ Gewerkschaftsführern betrieben wurde.

Das sind Positionen, die mit den unseren übereinstimmen und die wir nicht von vielen anderen Gruppen oder Sängern so klar hören. Wir haben „The Last Internationale“ leider erst jetzt entdeckt, obwohl sie im vergangenen Jahr an wenigstens 3 Konzerten in Deutschland zumindest teilgenommen haben. Und die Entdeckung war eher Zufall. Wir waren anlässlich des 100. Todestages von Joe Hill im Internet auf der Suche nach Liedern von und über ihn. Dabei wurde uns von der Suchmaschine auch „Workers of the World Unite“ angeboten – Joe Hill hatte ein Lied mit dem ähnlich klingenden Titel „Workers of the World Awake“ geschrieben.

Von „The Last Internationale“ gibt es in Deutschland eine CD im Handel mit dem Titel „You Will Reign“ – aus dem Jahr 2014. Im Internet gibt es aber eine ganze Reihe von Liedern, auf die man stößt, wenn man den Namen der Gruppe als Suchbegriff eingibt. Ihr wisst alle, dass es bei YouTube schwachsinnige Beiträge gibt, die in wenigen Tagen millionenfach angeklickt werden. Letzteres ist bei den gar nicht schwachsinnigen Texten von „The Last Internationale“ leider nicht der Fall – vielleicht kann dieser Artikel dazu beitrage, das etwas zu ändern…

Zwei Titel möchten wir noch besonders hervorheben: „Deportees“ – ein Lied von Woody Guthrie. Jede(r) US-amerikanische Folksinger, jede Gruppe, die etwas auf sich hält, hat dieses Lied im Repertoire. Doch die Interpretation, die Delila, Edgay und ihr Schlagzeuger Brad Wilk dem Lied geben, ist unserer Meinung nach mit großem Abstand die ergreifendste – sie fordert auch zum Kampf gegen Ungerechtigkeit auf.

Sehr eindrucksvoll ist auch ihr Lied über den erst 17jährigen Trayvon Martin, der im Februar 2013 von George Zimmermann (einem Zivilschutzmitglied) „in Notwehr“ ermordet wurde. Der Täter wurde selbstverständlich als „not guilty“ (nicht schuldig) freigesprochen. „We’ve seen it all before…“ (Liedtext)

Ein weiterer Titel: (Keep that) Fire (den revolutionären Geist).

Als Abschluss hier einige Zeilen aus „Workers of the World, Unite!“

„Unser Vater brachte uns nach New Orleans,
dort wurde er gezwungen, seine Hände zu benutzen.
Dann spät eines Nachts holten sie ihn weg von uns,
weil er gelernt hatte, seinen Kopf zu benutzen.
…Freie Arbeiter, vereinigt Euch,
Gebt Euren Kampf nicht auf,
Arbeiter der Welt, vereinigt Euch!“

Wir wünschen uns, dass Delila und Edgay sich von dem von ihnen beschrittenen Weg nicht abbringen lassen und sind da sehr zuversichtlich.

„Hold that fire, before you lay that burden down –
Carry it higher, before you lay that burden down!“