S21: Katastrophe droht – Protest geht weiter

6.6.16, Stuttgart: 324. Montagsdemonstration gegen S21

Am Montag, dem 6.6.16 kamen wieder weit über 1.000 Menschen aus der Region Stuttgart, um gegen das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 zu protestieren. Seit einigen Tagen überschlagen sich die Negativmeldungen. Nach zahllosen Dementis und gegen alle Expertenmeinungen vorgetragenen Schwüren, S21 werde nicht teurer und bleibe im Zeitplan, musste der Bahnvorstand nun eingestehen, dass Stuttgart 21 mindestens zwei Jahre später fertig wird, als zuletzt geplant. Und auch die Kosten sind bereits jetzt, sieben Jahre vor der geplanten Fertigstellung, am Limit angekommen. Man braucht keine fünf Finger mehr, um sich auszurechnen, dass der Kostendeckel, der angeblich felsenfest war, aber bereits zweimal erhöht werden musste, erneut gesprengt wird.

 

Zu klein, zu teuer, brandgefährlich

Doch langsam wird der Boden für all die treuen Befürworter von Stuttgart 21 zu heiß. Oder: Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Denn neben allen Kosten- und Zeitfragen ist jetzt schon selbst bei ehemals eifrigen Fans von Stuttgart 21 klar, dass die Kapazität des neuen Bahnhofs nicht reicht und es mit den bisherigen Plänen zu massiven Störungen vor allem des Nahverkehrs, bei der S-Bahn führen wird. Und die S-Bahn ist für die Industrie wichtig, denn sie bringt einen großen Teil der Arbeitskräfte in die Fabriken und Büros. Das sind keine guten Aussichten für Daimler, Porsche, Bosch usw., wenn sie einen todschicken, topmodernen Tiefbahnhof haben, aber ihre Arbeitskräfte durch das Bahnchaos nicht mehr pünktlich bei der Arbeit erscheinen.

Hinzu kommt, dass der Bahnhof im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich ist. Die Bahn hat bis heute das Problem des Brandschutzes nicht gelöst. Der Berliner Flughafen BER ist nun seit vielen Jahren lahmgelegt, weil unter anderem der Brandschutz kompletter Murks war und bis heute ist. Bei Stuttgart 21 haben zudem Gleise und Bahnsteige eine weit über der Norm liegende Neigung – dank einer Ausnahmegenehmigung des Eisenbahnbundesamtes (EBA). Allerdings steht der Praxistest und die Endabnahme noch lange aus. Ob es zu einer endgültigen Genehmigung kommt, ist extrem fraglich. Denn durch die extreme Schieflage der Gleise und Bahnsteige verlängern sich die Bremswege der Züge ebenfalls extrem. Kinderwagen können davon rollen, wenn die Eltern mal eine Sekunde nicht aufpassen.

 

Chaos

Das angeblich „bestgeplante Projekt Deutschlands“ befindet sich im absoluten Chaos. Halb Stuttgart ist aufgegraben, aber die Bahn hat noch nicht einmal alle Pläne vorgelegt und zahllose Teilgenehmigungen stehen aus. Ständig muss die Bahn ihre Pläne ändern – um kurz darauf die geänderten Pläne erneut zu ändern. Eine Ausnahmegenehmigung folgt der anderen. Praktisch alles, was Experten als Probleme vorher angesprochen haben, tritt ein. Als Mineralogen auf den schwierigen Untergrund in Stuttgart, insbesondere den Gipskeuper und die Mineralquellen hinwiesen, tat die Bahn das als Stimmungsmache ab. Sie sei auf alles vorbereitet. Nun klagt sie, dass die Tunnelbohrungen im Preis explodieren, weil sie an vielen Stellen auf Gipskeuper stößt und nun mit deutlich teureren Verfahren die Bohrungen durchführen muss. Denn wenn Wasser an den Gipskeuper gelangt, dann quillt er und gefährdet die Sicherheit der Tunnel. So ist es an vielen Stellen. Es zeigt sich, dass die Gegner von Stuttgart 21die besseren Ingenieure und Techniker auf ihrer Seite haben, die die kritischen Punkte ausgesprochen exakt dargelegt haben. Wenn die Bahn nun so tut, als ob sie von all den Problemen „überrascht“ worden sei, nachdem zuvor alle „bestgeplant“ war, dann ist das ein Täuschungsmanöver.

 

Wer wird geopfert?

Schon wird hinter den Kulissen gerangelt, wer angesichts der drohenden Katastrophe geopfert werden soll. Bahnchef Grube? Sein Handlanger und Chefplaner für Stuttgart 21 Kefer? Im Aufsichtsrat geht die Angst um, für die Fehlplanung und die Verschwendung von Milliarden Euro haftbar gemacht zu werden, was nach dem Aktienrecht möglich ist. Da wäre es doch schön, einen „Schuldigen“ zu finden und dann zu behaupten, man habe von nichts gewusst, aber nun müsse man halt weiterbauen, weil Stuttgart bereits zu einer Baugrube umgewandelt worden ist. Die Stuttgarter Zeitung, die lange eifriger Befürworter von S21 war, geht auf Distanz und schießt sich in Kommentaren auf Grube und Kefer als „Schuldige“ ein.

 

Stuttgart 21 jetzt stoppen!

Die Bewegung gegen Stuttgart 21 hat sich vorbereitet. Experten haben bereits Pläne vorgelegt, wie man die bisherigen Baumaßnahmen sinnvoll weiter nutzen und zugleich das Projekt S21 beenden könnte. Dann könnte ein verbesserter Kopfbahnhof deutlich billiger gebaut werden und man hätte immer noch viele Milliarden Euro gespart. Und es wurde bereits angekündigt, dass die Bahnaufsichtsräte wegen Untreue nach dem Aktienrecht angeklagt würden, wenn sie noch mehr Geld bewilligen und zum Fenster rausschmeißen.

Dass Woche für Woche tausende in Stuttgart gegen S21 auf die Straße gehen, dass hervorragende Ingenieure und Wissenschaftler verschiedenster Fachrichtungen ihr Wissen im Interesse des Volkes und der Arbeiterklasse zur Verfügung stellen, dass der Schwung des Kampfes wieder zunimmt, ist ermutigend und zeigt die Kraft einer Volksbewegung. Die Chancen für einen Sieg sind gewachsen. wir werden aktiv mitkämpfen.