Erbschaftssteuerreform: Kleine Betriebe müssen mehr zahlen – Großkonzerne können „gestalten“

Zweimal, 2006 und erneut 2014, hatte das Bundesverfassungsgericht die geltende Erbschaftssteuer für verfassungswidrig erklärt. Einmal, weil Grundvermögen ungleich, d.h. zu niedrig besteuert wird, und das zweite Mal, weil Betriebsvermögen zu niedrig besteuert werden. Nach dem Urteil von 2006 wurde das Erbschaftsteuergesetz so reformiert, dass es noch mehr Ausnahmen und Schlupf löcher gab. Nachdem das Bundesverfassungsgericht diese Trickserei 2014 erneut als verfassungswidrig einstufte, liegt nun ein neuer Entwurf der CDU/CSU/SPD-Bundesregierung vor, der noch mehr Tricksereien und „Gestaltungsmöglichkeiten“ für Großkonzerne eröffnet.
Nur in einem Fall hat die Regierung kräftig zugelangt: Kleinbetriebe werden künftig schärfer kontrolliert und müssen höhere Steuern zahlen, so teilt die FAZ auf ihrer Internetseite am 20.6.16 mit.
Für Großkonzerne jedoch sind die Regelungen so komplex, dass diese mit einem guten Steuerberater zahllose Wege haben, um entweder keine Erbschaftssteuer zu zahlen oder diese zu minimieren. Bis 26 Mio. Betriebsvermögen kann man ohne Prüfung Steuersparmodelle anwenden. Ab 26 Mio. Euro gibt es eine Bedürftigkeitsprüfung durch das Finanzamt, ob der Erbe „Erbschaftssteuer“ zahlen kann. Das erinnert sehr an die Bedürftigkeitsprüfungen bei Hartz IV Empfängern, die je nach Alter nur ab 3100 Euro „Vermögen“ behalten dürfen. Doch bei den Erben mit einem Betriebsvermögen von mehr als 26 Mio. Euro geht es um andere Summen; da gelten Millionäre als „bedürftig“ und werden von der Erbschaftssteuer ganz oder teilweise verschont. Ein Skandal!
Doch die Industrie und ihre Verbände jammern und klagen, als drohe ein Weltuntergang. Ihnen reichen die zahllosen Schlupflöcher nicht, die sie mit Hilfe kluger Steuerberater finden und ausnutzen werden. Sie wollen mehr! Sie wollen möglichst gar keine Steuern zahlen. Und die Regierung hilft ihnen dabei.
Seit 2006 verzichtet die Regierung verfassungswidrig auf Milliarden Euro Steuereinnahmen. Doch ihre Verfassung ist nur geduldiges Papier. Wenn es um die Interessen des Kapitals geht, ist die Verfassung wertlos. Eine verfassungsgemäße Erhebung der Erbschaftssteuer würde mehrere Milliarden Euro jährlich zusätzlich in die Staatskasse bringen.
Zufall ist das alles nicht. Wie wir bereits mehrfach dargelegt haben, verzichtet der Staat seit 1997 auf die Erhebung der Vermögenssteuer, nachdem auch hier das Bundesverfassungsgericht geurteilt hatte, es werde zu wenig von den Vermögenden verlangt. Obwohl das Gesetz gilt und auch im Artikel 106 des Grundgesetzes ausdrücklich vorgesehen ist, verzichtet der Staat einfach auf Milliarden. 1996 nahm der Staat bei der letzten Erhebung der Vermögenssteuer 9 Milliarden DM ein. Allein in den 20 Jahren hat der Staat auf weit über 100 Milliarden Euro Einnahmen verzichtet!
Auch der Einkommensteuerspitzensatz, der über Jahrzehnte bei 53% lag, wurde seit 2000 auf mittlerweile 45% gesenkt. Zudem muss dieser Spitzensteuersatz erst ab 250.731 Euro gezahlt werden und nicht wie früher ab 54.998 Euro. Das ist ein üppiges Steuergeschenk für die Reichen! Würde man den alten Steuersatz von 53% ab ca. 55.000 Euro erheben, kämen geschätzt über 10 Milliarden Euro zusätzliche Steuern herein.
Mit dieser „Sozialhilfe“ für die Reichen muss Schluss sein. Bei Rentnern, Bildung, Gesundheitswesen, Jugend usw. hat dieser Staat nie Geld. Den Reichen hingegen schenkt er Milliarden. Wir verlangen:
Weg mit dem neuen Erbschaftssteuergesetz!
Mindestens Erfüllung der vorgaben des BVG!