Weder NATO noch Europäische Verteidigung!

Als Antwort auf die Erklärungen Trumps zum überholten und teuren Charakter der NATO machen die Chefs der EU Druck in Richtung eines „Europa der Verteidigung“. Eine doppelte Bedrohung der Völker.

Vergessen wir sofort die Vorstellung, dass der US-Imperialismus die NATO aufgeben würde. Das macht keinen Sinn und Trump, so unberechenbar er auch ist, kann keine solche strategische Entscheidung treffen. Was er ständig wiederholt, ist, dass die USA nicht mehr „für die anderen zahlen“ werden; dass man die „Last der Verteidigung“ teilen muss und dass die europäischen Staaten ihre Militärhaushalte deutlich erhöhen müssen. Das hat auch Obama vor ihm gesagt, vielleicht auf etwas „freundlichere“ Art, und das will Trump durchsetzen, indem er mit der Faust auf den Tisch haut. Das Ziel, 2% des BIP fürs Militär auszugeben, das von der NATO für ihre 28 Mitglieder festgesetzt wurde, ist keine Option mehr, sondern eine Forderung.
Trump hat auch einen Wandel in der Haltung gegenüber Russland angekündigt: er will mit Putin auf pragmatische Weise sprechen, ohne Betrachtungen über den demokratischen oder nicht demokratischen Charakter der Regimes, die in die Kriege verwickelt sind, nur mit Rücksicht auf die strategischen Interessen des US-Imperialismus.
Obama hat dafür gearbeitet, den US-Imperialismus aus einer gewissen Isolation herauszubringen, in die ihn die Jahre von Bush hineingebracht haben und um einen „Multilateralismus“ mit seinen Verbündeten zu fördern. Das zeigte sich insbesondere durch die Verhandlungen über internationale Handelsverträge. Das ändert sich mit Trump. Aber wie er von den US-Spezialisten für Verteidigungsfragen , die sich mit ihren westlichen Kollegen vom 18. bis 20. November in Halifax (Kanada) trafen, erinnert wurde, sind die vier großen Bedrohungen für die USA „Russland, China, Nordkorea und der Terrorismus“.
Anders gesprochen, Trump plant, mit Putin aus einer Position der Stärke zu sprechen, mit der Ankündigung, das Verteidigungsbudget jährlich um etwa 100 Milliarden $ zu erhöhen.

Die Wiederbelebung der „europäischen Verteidigung“
Nach dem Brexit haben Hollande und Merkel gemeinsam angekündigt, dass eine Neubelebung der EU durch die des „Europa der Sicherheit und Verteidigung“ geschehe. Relativ unbeachtet und kaum aufgenommen, folgte dieser Erklärung ein Treffen der Verteidigungsminister und die am 30. November erfolgte Ankündigung eines „Aktionsplans für die Verteidigung“, dessen erster Schritt die Bildung eines „Europäischen Verteidigungsfonds“ ist. Einige Tage zuvor hatte die deutsche Kanzlerin Merkel im Bundestag verkündet, dass der Verteidigungshaushalt deutlich steigen werde, um die Schwelle von 2% des BIP, die von der NATO festgelegt wurde, zu erreichen. Ohne ein Datum zu nennen, gab sie an, dass dieser Haushalt dann 60 Milliarden erreichte, eine Summe, die Deutschland in Bezug auf den Militärhaushalt an die Spitze der EU-Staaten stellen würde.
Das ist eine bedeutende Wende, die von den deutschen Spitzen vollzogen wird, die in den Jahren 1990 bis 2015 ihre Verteidigungshaushalte gesenkt hatten, während Frankreich sie, nachdem es sie gesenkt hatte, sie wieder wie Großbritannien anhob, dessen Haushalt schon die Schwelle von 2% erreicht hat.
Wie der Präsident des Militärausschusses der NATO verdeutlicht hat, geht es darum, das Ziel von 2% des BIP und von 20% Investitionen (!) in die Entwicklung der Transportlogistik (besonders Transportflugzeuge), der Geheimdienste, der Aufklärung und Überwachung und vor allem auf dem Gebiet der „Cyber“-Angriffe zu erreichen. Das sind die Bereiche, in denen die Europäische Kommission „die gemeinsame Forschung und Entwicklung von Ausrüstungen und Technologien zur Verteidigung“ (Elektronik, Verschlüsselungssoftware, Drohnen, Satelliten…) entwickeln will. Sie besteht auf der Notwendigkeit, „den einheitlichen, offenen und wettbewerbsfähigen Markt zu stärken“ und so den Unternehmen zu gewährleisten, in allen Staaten der EU Märkte zu gewinnen.
Das ist die gleiche neoliberale Logik, welche die Konzentrationen und Restrukturierungen in der Rüstungsindustrie beschleunigen wird, wie man es auf dem Gebiet des Transportwesens, der Telekommunikation usw. mit dem Kurs auf die Produktivität sieht. Das geschieht bei Airbus, einem Hauptakteur der Rüstungsindustrie (Satelliten, Flugzeuge, Raketen…), wo fortlaufend Stellen gestrichen werden, während die Auftragsbücher voll sind.

Was sind die Konsequenzen?
Die erste ist die Erhöhung der Rüstungsausgaben der Staaten der EU und der EU selbst, um eine „strategische Autonomie“ zu erreichen, wie es der Präsident der Europäischen Kommission, Juncker, ausdrückt. Und indem er hinzufügt, „wenn Europa sich nicht um seine Sicherheit kümmert, wird es auch niemand anderer tun“, antwortet er gewissermaßen positiv auf Trump, indem er diese Orientierung in die gemeinsame Erklärung von EU und NATO aufnimmt, die im vergangenen Juli beim NATO-Gipfel in Warschau unterzeichnet wurde.
Die zweite ist die Zunahme der Bedeutung des Militärischen auf dem Gebiet der Forschung und Innovation, insbesondere in den wichtigsten Sektoren.
Drittens sind es natürlich die dramatischen Folgen für die Volksmassen, welche diese Politik durch die Senkung der Sozialhaushalte „bezahlen“, die die Politik der Spaltung, der Diskriminierung … erleiden.

Der Kampf gegen die Kriegspolitik und deren Instrumente
Mit Trump werden das Niveau der Konfrontation, die Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten nicht weniger, ganz im Gegenteil. Für uns bleibt der Kampf gegen die Kriegspolitik des französischen Imperialismus, der Teil des Militärbündnisses NATO ist, im Kampf gegen den Imperialismus vorrangig. Deshalb agieren wir auf verschiedenen, sich ergänzenden Gebieten:
der Mobilisierung gegen die Kriegspolitik, die Kriege, die der französische Imperialismus in Afrika, im Irak und in Syrien führt; die zunehmende Militarisierung der Wirtschaft und Gesellschaft, der Forschung, gegen „das Militär in der Schule“, die Anwerbung von Jugendlichen in die Armee… Wir kritisieren die Waffenverkäufe, wir kämpfen für den Verzicht auf die Atomwaffen und wir kritisieren die Steigerung der finanziellen, materiellen und menschlichen Mittel, die dafür aufgewandt werden.
Wir kritisieren und bekämpfen den Ausnahmezustand und alle Mechanismen zur Überwachung und Kriminalisierung des gesellschaftlichen und politischen Protests, die in Zusammenhang mit der Kriegspolitik eingesetzt werden.
Wir treten für den Austritt Frankreichs aus der NATO ein, einem aggressivem Militärbündnis, das die Spannungen in Europa erhöht, insbesondere durch die Konzentration von immer mehr Truppen an den Grenzen Russlands und durch Stationierung von Raketen. Wir sind gegen das Diktat der NATO, das die Erhöhung der Militärhaushalte auf 2% des BIP der Staaten verlangt und gegen die Stärkung der Bindungen zwischen EU und NATO.
Wir wenden uns gegen jede Politik der „Europäischen Verteidigung“, die darauf abzielt, in jedem Land und auf europäischer Ebene die militärischen Mittel zu entwickeln, die im Dienste einer imperialistischen Politik, der Konkurrenz, des Kampfs zur Kontrolle über Märkte und Rohstoffe, besonders in Afrika, Verwendung finden werden.
Wir kritisieren alle imperialistischen Mächte und kämpfen für die Befreiung der Welt vom kapitalistischen und imperialistischen System. Wir kritisieren die Kriege, die von den imperialistischen Mächten im Irak, in Syrien, in Afrika… geführt werden. Das betrifft vor allem den französischen, den amerikanischen, russischen, japanischen und chinesischen Imperialismus und wir weigern uns, ins Schlepptau des einen gegen irgendeinen anderen genommen zu werden.
Unser Lager ist das der Völker, die gegen diese imperialistischen Mächte kämpfen, für ihre Befreiung und wirkliche Unabhängigkeit, für die Solidarität unter allen Völkern.

Aus „La Forge“, Dez. 2016, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)