Vogelgrippe – zweiter Teil

Vor zwei Jahren veröffentlichte Arbeit-Zukunft bereits einen
Artikel zur Vogelgrippe, nachzulesen im Internet Archiv (http://www.arbeit-zukunft.de/index.php/item/115).
Damals ging es noch um die Ausbreitung des Erregers in Asien. Heute hat man
schon über 300 verendete Wildtiere in Deutschland gefunden, die der asiatischen
Form des H5N1 Virus zum Opfer fielen. Darunter eben nicht nur Vögel, sondern
auch Haustiere wie Katzen. Dass Katzen sich durch Verzehr von infiziertem
Geflügel anstecken können, ist schon bei Großkatzen in Zoos in Asien in den
vergangenen Jahren beobachtet worden und unterstreicht die Gefährlichkeit des
Erregers für den Menschen. Bisher hat die Weltgesundheitsorganisation 191
Vogelgrippe-Infektionen bei Menschen registriert, davon sind 108 bislang
gestorben. Diese Menschen hatten einen engen Kontakt zu erkranktem Geflügel.
Typisch für die ärmsten Regionen der Welt ist die Tierhaltung auf dem Hof und im
Haus selbst ohne besondere hygienische Maßnahmen.

Es ist daher auch logisch dass der Erreger seinen Ursprung
in diesen Ländern hat. Man geht davon aus, dass von den mindestens 1400
verschiedenen Arten menschlicher Krankheitserreger mehr als die Hälfte seinen
Ursprung im Tierreich hat. In den letzten 25 Jahren sind 38 tierische
Krankheitserreger auf den Menschen übergegangen und dieser Prozess scheint sich
zu beschleunigen. Durch den modernen Reiseverkehr sind selbst entlegene
Gegenden der Welt miteinander verbunden. Auch exotische Tiere werden weltweit
gehandelt, so dass den Erregern eine große Angriffsfläche auf den Menschen
geboten wird. Der Vogelgrippe Virus H5N1 gehört zur Gruppe der RNA-Viren, die
ihre Erbinformationen nicht über die stabile DNA weitergeben, sondern in
kleinen Einheiten, die häufiger mutieren. Man geht davon aus, dass in bis zu
15% der Wildvögel Influenzaviren, also Grippeviren, vorkommen. Diese werden
aber als schwach pathogen, also schwach krankmachend eingestuft und sind für
den Menschen nicht gefährlich. Aber Erreger der Unterarten H7 und H5 können
eben mutieren. So wurde 2004 in Frankreich 
bei einer Wildente  eine schwach
pathogene Variante des H5N1 Virus nachgewiesen. Der Erreger besitzt also
mehrere Virenstämme, weshalb es relativ ungefährliche Varianten gibt und eben
den jetzt so bedrohlichen Asia-Typ. Sollte durch Mutation aus diesem Erreger
oder gar durch Verbindung mit einem beim Menschen vorkommenden Grippevirus ein
Killervirus entstehen, also ein hochpathogener Typ, der von Mensch zu Mensch
übertragbar wäre, käme es zu einer Pandemie, einer weltweiten Seuche, der
Millionen Menschen zum Opfer fielen. Je weiter sich die asiatische Variante des
H5N1 Virus verbreitet, desto wahrscheinlicher wird dieses Szenario. Während in
Deutschland  betroffene Gebiete
abgesperrt werden und Ställe mit Desinfektionsmitteln dekontaminiert werden,
verfügen viele Länder nicht über die Mittel, um die notwendigen Maßnahmen zu
treffen. Daher ist es wahrscheinlich, dass auch der Killervirus in diesen
Regionen entstehen wird und so wie der Asia-Typ, der über Zugvögel und
Warenverkehr nach Europa gelangte, wird sich auch der Killervirus weltweit
verbreiten. Daher ist es im ureigensten Interesse diesen Ländern eine
umfangreiche Hilfe im Kampf gegen die Seuche zukommen zu lassen und die Hygiene
und Lebensbedingungen entsprechend zu entwickeln.

Die konkrete Gefahr des jetzt aufgetretenen Vogelgrippevirus
zeigte sich Anfang April durch den Ausbruch der Seuche auf einem sächsischen
Geflügelhof. Der Putenbestand wurde massiv vom Erreger befallen, obwohl er im
Stall gehalten wurde. Um eine Verbreitung des Virus zu verhindern, wurden die
16.000 Tiere des betroffenen Hofes gekeult. Durch das Töten des Wirtstieres
soll die Verbreitung des Virus gestoppt werden. Allerdings ist trotz
Stallpflicht, wie der Fall zeigt, kein absoluter Schutz sicher. Da die
Wildtiere ja als Wirtstiere bleiben, ist der Erreger mit dieser Methode nicht
gänzlich auszulöschen. Daher wäre eine Impfung der Nutztiere sinnvoll und auch
technisch möglich.

In Asien wird sie praktiziert und auch Frankreich und
Holland wollen Geflügelbestände auf diese Weise schützen. Geimpfte Tiere lassen
sich von infizierten nicht unterscheiden, da beide Antikörper  bilden. Derzeit wird an einem speziellen
Markerstoff geforscht der geimpfte Tiere kenntlich macht. Die Bereitstellung
von geeigneten Impfstoffen, sowie von Desinfektionsmitteln, Schutzanzügen und
auch qualifiziertem Personal vor allem in den ärmsten Regionen der Welt ist der
einzige Weg die Verbreitung des Virus zu stoppen. Ebenso müssen umfangreiche
Gelder bereitgestellt werden, um Bauern und Geflügelzüchter zu entschädigen. Ansonsten
werden auftretende Infektionen in Tierbeständen weiter vertuscht und der
Erreger gelangt massiv in die Nahrungskette des Menschen. Auch wenn er beim
Braten oder Kochen bei Temperaturen ab 70 Grad abgetötet wird, so verbleibt
schon ein hohes Risiko bei der Verarbeitung des Fleisches selbst. Durch die
Mutationsfreudigkeit des Erregers sind Medikamente schnell wirkungslos, sodass
die Sterblichkeit extrem hoch ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich dann ein
Pandemievirus entwickelt steigt natürlich, aber das wäre dann der dritte und
letzte Teil der Vogelgrippe.

(J.T.)