Neoliberalismus und monopolistische Konzentration

Aus La Forge,
Juli – August 2006

 
Der Neoliberalismus ist die Politik der Monopole unter den
aktuellen Bedingungen der Krise und der erbitterten Konkurrenz, die sie sich um
Märkte, die Kontrolle der Rohstoffe und um der Beseitigung aller Hindernisse
für ihre Hegemonie willen liefern. Die Regierungen und die internationalen
Institutionen haben die Aufgabe, die Hindernisse für die „freie und
unverfälschte“ Konkurrenz zu beseitigen, aber das ist eine sehr einseitige
Freiheit: totale Freiheit für die Monopole, wenn es darum geht, in die Märkte,
die sie begehren, einzudringen, aber höchsten Schutz für ihre Hinterhöfe, die
Positionen, die sie erobert haben.

Die Eroberung der Märkte geschieht im Weltmaßstab und die
Monopole, die sich um sie streiten, erreichen gigantische Ausmaße. Dieser
Prozess der monopolistischen Konzentration hat sich mit der neoliberalen Welle
der 80er Jahre beschleunigt. Ausgehend von den USA ist dieses Phänomen für die
Gesamtheit der kapitalistischen Ökonomien beherrschend geworden. Es wurde
angenommen, dass die „new economy“, welche die Schlagkräftigkeit von mächtigen
Geldanlegern mit den technologischen Möglichkeiten verband, welche durch die
Informationstechnologien eröffnet wurden, die traditionellen Industriesektoren
bald ersetzen würde. Um sich zu entwickeln, musste sie auch die sozialen Netze zerreißen,
welche die Arbeiter- und Volksbewegung errichten konnten und sie musste die
Arbeiterbewegung atomisieren, indem sie diese in die Unsicherheit zwang.

Die wiederholten Finanzkrisen, die der südostasiatischen
Tigerstaaten, die Russlands und die mehrerer lateinamerikanischen Staaten und
die Explosion mehrerer „Spekulationsblasen“, vor allem in der Telekommunikation
und im Internetbereich, haben die Ökonomien verwüstet und Millionen
Beschäftigter auf die Straße geworfen, Millionen von Rentnern und Sparern
ruiniert und die ökonomisch schwächsten Länder ein Stück tiefer in die Flaute
getrieben. Automatisch folgte jedes Mal eine neue Welle monopolistischer
Konzentrationen, die noch stärkere und aggressivere Monopole denn je gebar.

Der Zusammenbruch der UdSSR und die rasende Hinwendung der
Führungscliquen der Länder des Ostens zum Neoliberalismus haben der Entwicklung
der privaten Monopole, sowohl der nationalen wie der ausländischen, ein neues
Feld geöffnet. Die Europäische Kommission und Washington drängten diese
Regierungen, die Konversion der Ökonomien zum Liberalismus sehr rasch zu
vollziehen.

Der große Ausverkauf der Ökonomien der alten Länder des
Ostens, die für obsolet erklärt wurden, hat es den Monopolen gestattet, billig
einzukaufen. Bei dieser Gelegenheit hat die Familie Mittal ihre Hand auf die
Stahl- und Bergbaukomplexe der meisten Länder, die sich von der UdSSR losgelöst
hatten, gelegt. Die erlaubte ihr einige Jahre später, eines der größten
Vermögen der Welt zu werden und im Kreis der größten Stahlproduzenten der Welt
mitzuspielen.
    

Erstere knüpfte alle Möglichkeiten des Beitritts zur
EU an die Bedingung der Akzeptanz und sofortiger Anwendung der Dogmen der
„Marktwirtschaft“. Washington seinerseits versprach seinen militärischen
Schutzschirm als Gegengabe zu ihrem Beitritt zur NATO und seiner unmittelbaren
Folge, dem Kauf seiner standardisierten Waffen. 

Der Zusammenbruch der
UdSSR erlaubte es „Oligarchen“, sich ganzer Industriezweige zu bemächtigen. Sie
beriefen sich auf den zügellosesten Liberalismus, alle Mittel nützend, um an
die Macht zu kommen, aber sie haben den westlichen Monopolen trotzdem nicht das
Feld überlassen. Mit Putin „ist Russland zurück auf der Weltbühne“, reich an
Erdöl, Gas und Rohstoffen, bereit, mit der EU Verträge zu verhandeln, um der
US-Hegemonie zu begegnen.

China und Indien und in etwas geringerem Maß Brasilien, sind
gleichfalls in den Tanz eingetreten, zugleich als Akteure und als Objekte aller
Begehrlichkeiten. 

Die Kriege um das Öl und die Rohstoffe

Mit dem zweiten Irakkrieg, der mit dem Krieg gegen
Afghanistan und seiner Besetzung begonnen hat, sind wir in eine Periode des
Krieges um die Kontrolle über das Erdgas, das Erdöl und ihrer Transportmittel,
derer, die schon existieren und derer, die geplant sind, eingetreten. Die
Völker haben sich nicht darüber getäuscht, als sie den Krieg der Supermacht USA
gegen den Irak als einen Krieg um das Öl anprangerten. Aber heute sind alle
Rohstoffe das Ziel der großen Manöver um ihre Beherrschung. Eine Handvoll
riesiger Monopole kontrolliert die Minen und ihre Ausbeutung, die in Afrika und
Asien in einigen Fällen Subunternehmern überlassen werden kann, welche alle
Risiken der Gewinnung des Rohstoffs tragen, der nichts desto weniger in den
Säckel der Minengiganten fällt. In Afrika zögern sie nicht, lokale Kriege
anzustiften,  um sich die Kontrolle über die
Rohstofflagerstätten abzusichern, die von Söldnern, von Armeen im Dienste der
Regime vor Ort oder von internationalen Koalitionen, die geschickt werden, um
„den Frieden aufrecht zu erhalten“, geschützt werden.

Diese Monopole, die sich meist hinter verschlüsselten Namen
verstecken, werden von einer Ineinanderschachtelung von Gesellschaften
kontrolliert, deren Stammsitze sich sehr oft in den verschiedenen
Finanzparadiesen befinden. Dieser Finanzmechanismus erlaubt es den
Kapitaleignern, Zusammenschlüsse zu kontrollieren, deren Umsatz das Budget
ganzer Staaten übersteigt. Jede Kapitalverschiebung löst eine Kaskade von
Erschütterungen aus, die hier eine Betriebsschließung, dort die
Destabilisierung einer Region auslöst.

Niemals hat die Konzentration des Reichtums in den Händen
der Besitzenden ein solches Ausmaß erreicht. Parallel dazu sind immer mehr
Frauen und Männer auf der ganzen Welt von Not und Hunger betroffen und die
Ungleichbehandlung bezüglich Gesundheit, Erziehung und Zugang zu den
lebenswichtigen Bedürfnissen werden ständig größer. Die Zahlen, die von den
Finanzgesellschaften geliefert werden, im vorliegenden Fall Merril Lynch und
Cap Gemini, geben eine Vorstellung dieser 
Konzentration des Reichtums in Händen einer winzigen Minderheit: die
Zahl der sehr Reichen hat in einem Jahr um 6,5% zugenommen und erreichte 8,2
Millionen Personen. Sie besitzen ein Vermögen von geschätzten 33 300 Milliarden
$, ohne ihren nichtfinanziellen Besitz zu zählen (Residenzen, Kunstgegenstände
etc.). In Frankreich dürften es 367 000 Personen sein. 

Um mit dem Liberalismus zu brechen, muss man sich gegen die
Monopole wenden.

 Diese Tatsache lässt uns behaupten, dass eine Politik des
Bruchs mit dem Neoliberalismus sich zwangsläufig gegen die Monopole richten
muss, dass sie diese mit Steuern belegen, ihnen eine ganze Reihe von
Beschränkungen, Bremsen, auferlegen muss, um sie zu schwächen. Aus diesen
Gründen sagen wir auch, dass die Steuerpolitik die Kapitalbesitzer und alle
ihre Instrumente, besonders die Finanzgesellschaften und andere
Bankeinrichtungen, die sich speziell der Anlage von Erbschaften widmen,
schwerer belasten muss. Deshalb ist die Konfiszierung der Güter von
Eigentümern, die versuchen, zu betrügen oder der Steuer zu entkommen, eine
Maßnahme der öffentlichen Gesundheitspflege.

Aus all diesen Gründen ist auch der sozialliberale Weg, der
glauben macht, dass es möglich wäre, alles Mögliche für die Arbeiter, die
Volksmassen und die Völker herauszuholen ohne sich an den Interessen der
Monopole zu vergreifen, eine gefährliche Illusion.

Das Ziel ist freilich ehrgeizig, aber es ist lebenswichtig,
die Bedingungen dieses Kampfes klar im Auge zu behalten, um Enttäuschungen zu
vermeiden.

Gleichzeitig sind diese Ziele nicht so unerreichbar, wie man
es uns glauben machen will. Die kurz zurückliegenden Beispiele der Beschlüsse
der bolivianischen und der venezolanischen Regierungen betreffs des Erdöls und
Erdgases ihrer Länder zeigen, dass es möglich ist, der Allmacht solch mächtiger
Monopole wie der des Erdöls Widerstand entgegenzusetzen. Dazu muss man sich auf
die Macht einer demokratischen Regierung, auf die Mobilisierung der Massen und
auf die Unterstützung der Arbeiter und der Völker stützen. Die Mobilisierung
der Arbeiter aus dem Volk um die Charta ist ein erster Schritt auf diesem Weg.