Finanzminister Steinbrücks Startsignal für die Streichung von Urlaubstagen: Finger weg vom Urlaub!

„Wir müssen wieder mehr an unser Land und weniger an unsere
Einzelinteressen denken.“
Finanzminister Peer Steinbrück [1]

Korrespondenz: Es las sich zunächst als ein gut gemeinter Ratschlag,
als der derzeitige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) im Gespräch mit
der Zeitschrift Hörzu auf die steigenden Kosten im Alter aufmerksam machte und
dazu aufrief, auf die ein oder andere Urlaubsreise zu verzichten. Doch der auf
den ersten Blick gut verpackte Ratschlag an die Bürger zielt auf die Streichung
von Urlaubstagen oder Feiertagen ab! Schon in den folgenden Tagen wurde die
öffentliche Debatte in den Medien in diese Richtung gelenkt.

In der Wortwahl Steinbrücks ging es zunächst noch nicht um
konkrete Vorhaben bestimmte Urlaubstage zu streichen. Zunächst wies er in der
Zeitschrift Hörzu auf die allseits bekannte Tatsache hin, dass in den nächste
Jahren mehr Geld für Alter, Gesundheit und Pflege ausgegeben werden müsse. Und
dann Steinbrücks praktischer Sparvorschlag:

„Wir müssen im Zweifel auf eine Urlaubsreise verzichten, um
für später vorzusorgen [2].“

Also nur auf eine Urlaubsreise verzichten? Das eingesparte
Geld in die Altersvorsorge investieren, um später nicht am Bettelstab zu nagen,
-war dies Steinbrücks anliegen?

Natürlich ist Steinbrück nicht an den Renten und Pensionen
der Lohnabhängigen dahingehend interessiert, dass diese ausreichen werden! Die
von Steinbrück mit angeführte Phrase, 
„wir müssen mehr an unser Land und weniger an unsere Einzelinteressen
denken“, ist ein Signal, dass in dieser Form von allen Vertretern des Kapitals
ausgegeben wird, wenn die nächste Kürzung, Streichung, Abgabenlast etc.
ansteht! Mit solchem Hohn und Sarkasmus, „wir müssen im Zweifel auf eine Urlaubsreise
verzichten“, „wir müssen wieder mehr an unser Land und weniger an unsere
Einzelinteressen denken“, verkauft Steinbrück seinen Betrug. Als müsste auch
er, Steinbrück, am Urlaub sparen, als hätten die Arbeiter und Angestellten, die
Schüler und Studenten, die Arbeitslosen und Rentner etc. wenig Interesse am
Land und zuviel Einzelinteressen. Hier und dort wird von der
Regierungskoalition ein Kriegseinsatz der Bundeswehr beschlossen, hier und dort
wird Zusammengestrichen und gekürzt. Wer denkt da an seine Interessen, wenn
nicht die Aktionäre, die Vorstandsbosse und Aufsichtsräte, die Bankiers, die
Militärstrategen und Rüstungsschmieden?

Mit solch einem verlogenen Patriotismus geht mit Peer
Steinbrück schon wieder ein politischer Vertreter des Finanzkapitals zum
Angriff über. Denn in den folgenden Tagen ging Steinbrücks Stichwort Urlaub in
die vorgegebene und gewünschte Richtung. Zwar fanden sich auch einige
Oppositionspolitiker, die sich gegen diese Vorhaben aussprachen, ebenso die
Tourismusbranche, der es jedoch nur um den Profit geht, der bei
Urlaubsstreichungen und bei weiterer Mehrbelastung der Bürger in der
Altersvorsorge geschmälert werden könnte. Doch die Regierungsparteien werden in
nächster Zeit von diesem Thema nicht mehr ablassen. So stieß der CSU-
Landtagsfraktionschef Joachim Hermann ins gleiche Horn wie Steinbrück und
äußerte sich hierzu wie folgend: „er gönne zwar jedem Menschen seinen Urlaub,
aber jeder müsse einsehen, dass wir alle mehr als bisher für die
Zukunftsvorsorge unternehmen müssen [3] „. Und schließlich brachten es
zwei  Politiker aus den Reihen der CSU,
Hans Michelbach und Andreas Scheuer auf den Punkt, indem sie den Verzicht auf
ein bis zwei Urlaubstage ins Gespräch brachten [4].

Auf unverschämte Weise, wird nach dem Motto argumentiert:
den Urlaub könnt ihr euch zukünftig eh nicht mehr leisten, also streichen wir
diesen auch gleich zusammen!

Der nächste Angriff auf die breite Masse der Bevölkerung,
die nächste Umverteilung zugunsten  des
Kapitals, bahnt sich also an.

Für die Arbeiterklasse und allen anderen, die vielen
Menschen die von den geplanten Urlaubsstreichungen betroffen sind, ergibt sich
jedoch die Möglichkeit gemeinsam dagegen anzukämpfen, mit den Gewerkschaften,
Sozialverbänden, linken Organisationen usw. ein recht breites Bündnis zu
bilden, um diese Pläne des Kapitals, die schon bald konkreter formuliert
werden, zu verhindern.

 

Finger weg von Urlaub und Feiertagen, – keinen einzigen Tag
für das Kapital!

 

1 Süddeutsche Zeitung vom 18.08.2006, „Mehr Vorsorge weniger
Urlaub“.

2 Abendzeitung München vom 18.08.2006, Weniger Urlaub für
die Rente?

3 Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.08.2006, Steinbrücks
Urlaubsäußerung wirbelt Staub auf.

4 ebenda