Filmbesprechung: THE CORPORATION

Kapitalismuskritik: The corporationDer Dokumentarfilm aus dem Jahr 2003 von den kanadischen
RegisseurInnen Mark Achbar und Jennifer Abbot handelt von der wichtigsten
Institution des Kapitalismus, dem Konzern.

Juristisch gesehen ist ein Unternehmen eine Person, ist also
Träger von Rechten und Pflichten wie ein Mensch.

Der Film versucht an Hand der DSM-IV Richtlinien1  zum
psychischen Zustand einer Person, die Konzerne für geisteskrank zu erklären, da
alle Symptome auf den Konzern zutreffen.

Der Film lässt Konzernchefs und kapitalistische
Wirtschaftswissenschaftler zu Wort kommen eben so wie Kapitalismuskritiker.

Unter anderem erzählt Lucy Hughes, Vizepräsidentin der
Initiative Media und Autorin des Buches „Der Quängelfaktor“, von ihrer
„Quengel-Studie“, worin sie untersucht, wie man Kinder durch Werbung dazu bringt,
ihre Eltern zu nerven, damit sie das Produkt kaufen, um das Kind ruhig
zustellen.

Eine realitätsfremde Vorstellung vom Kapitalismus hat
Michael Walker. Er ist der Direktor vom berühmten Fraser Institut. Walker
erläutert am Anfang würden die hungernden Menschen in Entwicklungsländern mit
Fahnen wedeln und „Rettet uns“ rufen, dann würde ein hilfsbereiter westlicher
Konzern eine Fabrik in dem Entwicklungsland bauen. Wenn nach einigen Jahren der
Konzern wegen Kostengründen weiterziehe, dann würden die Einheimischen „rund
und gesund“ sein.

Die grausame Ausbeutung der Menschen, die Zerstörung der
Umwelt und die folgende Krise findet in den Vorstellungen des Direktors des
Fraser Institutes kein Platz. Die Entwicklungsländer werden nach den Überfällen
der westlichen Konzerne keineswegs selbstständig, da die Herrschenden sich
etwas einfallen lassen, um dieses Abhängigkeitsverhältnis aufrechtzuerhalten,
sei es durch genmanipuliertes Saatgut oder durch niemals zurück zahlbare
Kredite.

Besonders tragisch ist der Fall des US-Konzerns Bechtel,
denn er hat in der bolivianischen Stadt Cochabamba die Rechte an jedem
Regentropfen und hat dies auch öfter mit Polizeigewalt durchsetzen lassen.

Ein unüberbrückbares Defizit des Filmes ist, dass er die
Gesetzmäßigkeit des Kapitals nicht genauer beleuchtet. Folglich bietet er dem
Zuschauer auch keine Lösungsmöglichkeit. THE CORPORATION kann das fehlende
revolutionäre Bewusstsein auch nicht durch klare Darstellungen des Problems
vertuschen.

Im groben und ganzen ist der Film eine gute bürgerliche
Dokumentation über die krankhaften Symptome des Kapitalismus.

Leider ist THE CORPORATION nur auf Spanisch oder Englisch
mit deutschen Untertiteln erhältlich.

Der Film beinhaltet unter anderem Interviews mit Noam
Chomsky, Naomi Klein und Michael Moore, aber auch mit Peter Ducker und Milton
Friedman.

Erhältlich bei Zweitausendeins, 14,90 Euro

 

 1 Diagnostisches und Statistisches Handbuch
Psychischer Störungen

Richtlinien: schwere mentale Fehlstörung und
Lernunfähigkeiten, Dauerhafte Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen,
körperliche Probleme, Psychosoziale und umgebungsbedingte Belastungsfaktoren

 

Wir danken der Sozialistischen Linken Hamburg (SoL-HH) für
die Genehmigung zum Abdruck. Entnommen aus „Ratschlag“, Nr.4/06