Das wirksamste Grün ist rot

Das wirksamste Grün ist
rot

Umweltzerstörung war lange Zeit ein Problem, das den meisten
Deutschen als wenig bedeutend erschien. Auch bei vielen Linken galten
Umweltthemen, in anbetracht der vielen anderen gesellschaftlichen Probleme wie
Arbeitslosigkeit und Verelendung, eher als „Randthemen“. Aufgeschreckt durch die auch in Europa immer öfter
stattfindenden Umweltkatastrophen, wie Überschwemmungen, extreme Hitze und
Trockenheit, begreifen immer mehr, wie notwendig eine intakte Umwelt für das
Leben der Menschen ist. Inzwischen halten mehr als 90 Prozent der deutschen
Bevölkerung Umweltschutz für wichtig.

Das wohl größte und gefährlichste Problem ist die weltweite
Klimaerwärmung. Vor allem die Treibhausgase Methan und Kohlendioxid sorgen in
der Erdatmosphäre dafür, dass die Sonnenenergie nicht reflektiert wird und so ins
Weltall entweicht. Die Gase führen ähnlich wie in einem Treibhaus zur Erwärmung der
Erdoberfläche. Je höher die Konzentration dieser Gase ist, desto mehr Sonnenenergie wird
im Klimasystem gespeichert.

Seit der Industrialisierung hat sich der Anteil dieser Gase
in der Atmosphäre stark erhöht, somit hat sich in den letzten hundert Jahren das
Klima um 0,9 Grad erwärmt, wobei 0,6 Grad allein aus den letzten dreißig Jahren
stammen. Eine Erwärmung um knapp einen Grad in hundert Jahren klingt zunächst nicht
sehr bedrohlich, ist aber erdgeschichtlich gesehen eine sehr schnelle
Veränderung, die gewaltige Auswirkungen auf unsere Umwelt hat. Die meisten Wissenschaftler sind sich
einig, dass der Anstieg des Meeresspiegels, Überflutungen, Hitzewellen und Trockenheit,
sowie die Häufung von außergewöhnlichen Wetterereignissen wie Wirbelstürme, direkt
mit der Klimaerwärmung in Verbindung stehen. Die wissenschaftliche Vereinigung
„Union of Concerned Scientists“ warnt eindringlich: „Wenn wir nicht handeln,
dann wird die weltweite Erwärmung unsere Gesundheit bedrohen, sowie Städte, Landwirtschaft,
Wälder, Feuchtgebiete und andere natürliche Lebensräume.“

Die Gefahren der globalen Erwärmung sind den Regierungen auf
der ganzen Welt bekannt. Doch außer schönen Reden und einigen eher
symbolischen Klimaschutzmassanahmen ist in den großen Industrieländern bisher
wenig geschehen. Im so genannten Kyoto-Protokoll von 1997 verpflichten sich die
Vertragsstaaten immerhin die Treibhausgasabgabe weltweit bis zum Jahre 2012 um
5,2 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken. Die USA, in denen vier Prozent der
Weltbevölkerung leben, sind für rund ein Viertel des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes
verantwortlich. Die Bush-Regierung weigert sich jedoch vehement das Kyoto-Protokoll zu
ratifizieren. In Europa ist die Lage nur geringfügig besser. Die Ausstöße sind gegenüber
1990 sogar noch um vier Prozent angestiegen. Eine Ausnahme bildet hier Deutschland,
dies liegt aber nicht an der angeblich so umweltfreundlichen Politik der Regierung,
sondern an der massenhaften Stilllegung von Industriebetrieben in der ehemaligen DDR.

Der Klimawandel wird spürbarTrotz der Zunahme von Naturkatastrophen werden die mehr als
bescheidenen Ziele von Kyoto wohl aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreicht und immer
mehr Abgase in die Luft geblasen werden. Die schlimmsten Auswirkungen werden
zuerst die Länder zu spüren bekommen, die selbst am wenigsten zum
Treibhauseffekt beitragen. „Die Ärmsten der Armen werden zuerst und am härtesten
getroffen, obwohl sie am wenigsten zu den Ursachen beigetragen haben,“ so Jan
Kowalzig von der Umweltschutzorganisation „Friends of the Earth“. Es ist also dringend notwendig
endlich Maßnahmen zu ergreifen, um die Menschen und die Erde vor immer größeren Katastrophen
zu schützen.

Heutzutage wäre es möglich innerhalb kürzester Zeit wirksame
Maßnahmen für den Umweltschutz zu ergreifen. Beispielsweise sind die
technischen Möglichkeiten zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes schon sehr
weit entwickelt und könnten sofort in Autos, LKWs und bestehende Kraftwerke eingesetzt werden.
Ein gut ausgebauter und kostenloser öffentlicher Nahverkehr würde für viele
Menschen das Auto überflüssig machen. Durch bessere Gebäudeisolierung und den Umstieg auf
erneuerbare Energien wie Wind-, Wasser- und Solarenergie, könnten
umweltverschmutzende Kohle- und gefährliche Atomkraftwerke überflüssig werden. Dies würde
nicht nur der Umwelt dienen, sondern sogar noch neue Arbeitsplätze schaffen.
Diese dringend erforderlichen Schritte werden jedoch mit allen Mitteln von den großen
weltweit agierenden Konzernen verhindert. Die in den fossilen Wirtschaftszweigen tätigen
Konzerne wie Esso, Shell, Texaco und BP gehören zu den größten der Welt,
gemeinsam mit gigantischen Automobilkonzernen wie Toyota, VW, Daimler-Chrysler und
General Motors, sowie zahlreichen weiteren von Brennstoffen abhängigen
Unternehmen, bilden sie den Kern der herrschenden kapitalistischen Klasse. Unter
den Energiekonzernen herrscht ein brutaler Konkurrenzkampf um Marktanteile und
Profite, sie vereinigt jedoch das Interesse so wenig für Umweltschutz und menschenwürdige
Arbeitsbedingungen auszugeben wie möglich. Ford, Texaco, Shell und weitere Brennstoffkonzerne gründeten 1989
die „Globale Klimakoalition“, die jährlich Millionen dafür ausgibt zu belegen, dass
keine Klimaerwärmung stattfinde, außerdem spendete diese Vereinigung jeweils 50
Millionen US-Dollar an die Republikaner und die Demokraten. Wenn einer dieser
Konzerne überhaupt einmal etwas für den Umweltschutz tut, dann nur kurzfristig
und aus Werbegründen. Ein besonders kurioses Beispiel hierfür ist der britische
Öl Riese BP. Der Name stand früher für „British Petroleum“, im Juli 2000 begann
der sechstgrößte Konzern der Welt in einer teuren Werbekampagne sich ein
umweltfreundliches Image zu verpassen. Sein Werbeslogan lautete seitdem: BP-
Beyond Petroleum (Jenseits vom Öl). In Wirklichkeit ist BP jedoch
einer der größten Öl-Verkäufer der Welt, der mehr in seine Imagekampagne über Umweltschutz
investiert, als in den Umweltschutz selbst.

Nicht nur in der Klimapolitik gehen die Herrschenden
unverantwortlich mit unserem Leben und unserer Gesundheit um. Die Liste von Beispielen, in
denen für Konzerninteressen massive Umweltzerstörung betrieben wurde, ist so lang, dass sie
den ganzen Ratschlag füllen würde. Erinnert sei hier an das Treiben des
Shell-Konzerns in Nigeria, dem größten Ölproduzenten Afrikas. Trotz des
Ölreichtums gehört die Bevölkerung zu der ärmsten der Welt und leidet unter permanentem Benzinmangel,
da das Öl für den Export bestimmt ist. Die maroden Pipelines
führen dazu, dass tonnenweise Öl ins Grundwasser sickert oder
fußballfeldgroße Seen bildet und somit die Lebensgrundlage der Bevölkerung
zerstört. Schell lässt seine Förderanlagen vom Militär bewachen, das auch vor
Mord an Gegnern der Förderung nicht zurückschreckt. Tagtäglich ereignen sich so
viele Umweltskandale auf der ganzen Welt, dass sogar die bürgerlichen Medien nicht
mehr darum herum kommen, über sie zu berichten. So erregt aktuell der
Giftmüll-Skandal einer niederländischen Firma Aufsehen, die in der Elfenbeinküste zahlreiche
Mülldeponien mit illegal entsorgtem Müll verseucht. Über 30.000 Menschen mussten wegen
Vergiftungserscheinungen einen Arzt aufgesucht, sechs Menschen starben an der
Verseuchung.

Auch in Deutschland zeigt der Gammelfleischskandal, bei dem bis zu vier Jahre
altes Fleisch verkauft wurde, wie wenig die Gesundheit der Menschen zählt, wenn es
um Profite geht. Dieser Lebensmittelskandal ist nur einer von vielen der letzten
Jahre. Politiker aller Parteien zeigen sich mal wieder empört und fordern einen besseren
Verbraucherschutz, tatsächlich passiert aber wenig. Mit der Wirtschaft will man es sich
schließlich nicht verscherzen, der Allgäuer Moksel-Fleischkonzern hat der CSU schließlich
nicht einfach so 30.000 Euro gespendet.

Immer mehr Menschen erkennen die dramatischen Folgen der
skrupellosen Umweltzerstörung durch die Konzerne. Aber viele hegen noch Illusionen,
dass dem Problem durch Druck auf die Regierung, neue Gesetze, Verzicht- oder
Boykott-Kampagnen beizukommen sei. Das kapitalistische System beruht jedoch auf
der Konkurrenz zwischen den Konzernen und dem Zwang die Produktion immer weiter
auszubreiten und immer neue Profite zu erwirtschaften. Die Interessen des Menschen
und seiner Umwelt werden der Jagd nach mehr Profit untergeordnet. Gleichzeitig
hat der Kapitalismus erstmals in der Menschheitsgeschichte die Produktion so
ausgeweitet, dass es möglich wäre jedem Menschen ein Leben im materiellen
Wohlstand zu ermöglichen. Deshalb sind auch die „back to the roots“ Bewegungen,
die eine Lebensweise wie vor tausend Jahren fordern, äußerst rückschrittlich.
Das Problem liegt nicht am technischen Fortschritt oder der Industrie, sondern
in der Art und Weise wie im Kapitalismus produziert wird. Deshalb ist eine
Gesellschaft, in der der technische Fortschritt zum Wohl der Menschen und der
Umwelt eingesetzt wird, heute dringend nötig, um die Menschheit vor gewaltigen
sozialen und ökologischen Katastrophen zu bewahren. Je länger das
kapitalistische System noch herrschen wird, desto länger werden Mensch und Natur gnadenlos ausgebeutet werden. Es liegt in
unseren Händen dem ein Ende zu bereiten.

Wir danken der Sozialistischen Linken Hamburg (SoL-HH) für die Genehmigung zur Veröffentlichung).