Wissenschaftliche Studie bestätigt erneut: Deutsches Schulsystem vergrössert Chancenungleichheit

Neu ist diese Nachricht nicht. Erstaunlich ist, dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), eine konservative Zeitschrift des Kapitals, in ihrer Ausgabe vom 25. März zugeben muss, dass das deutsche Schulsystem uneffektiv ist und Schüler nach ihrem sozialen Status, nach ihrer Klassenzugehörigkeit aussiebt.
Die Tatsachen sind mittlerweile erdrückend. Ob PISA-Studie oder der Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Bildung, Vernor Munoz, das deutsche Schulsystem hat bei allen wichtigen internationalen Vergleichen immer äusserst schlecht abgeschnitten. Deutsche Schüler schneiden in der Regel erheblich schlechter ab, als vergleichbare Schüler anderer Länder. Selbst so genannte Entwicklungsländer schneiden mit ihren Schulsystemen teilweise besser ab als das deutsche. Das deutsche Schulsystem ist bekannt dafür, dass es Schüler aus ärmeren Schichten, also vor allem aus der Arbeiterklasse, stark benachteiligt.
UN-Sonderberichterstatter für Bildung, Vernor Munoz, hatte zuletzt Aufsehen damit erregt, dass er das deutsche Schulwesen anklagte. Er erklärte, dass das dreistufige Schulsystem, die Aufgliederung in Haupt- und Realschulen sowie Gymnasien zu den niedrigen Leistungen führe. Ebenso bemängelte er die schreiende soziale Ungerechtigkeit und Benachteiligung.
Ludger Wößmann von der Universität München, der am Ifo-Institut und an der Harvard University forscht, veröffentlichte nun eine Untersuchung, in der er die Daten der Pisa-Studie von 2003 „ökonomisierte“, wie die FAZ so nett schreibt. Das Ergebnis ist eindeutig: auch aus ökonomischer Sicht, also in Euro und Cent gerechnet, wie es das Kapital liebt, ist das deutsche Bildungssystem unsinnig. Bei der Untersuchung kommt klar heraus, dass das Bildungssystem sozial umso ungerechter wird, je früher die Schüler nach Schularten getrennt werden. Je länger die Schüler gemeinsam unterrichtet werden wie z.B. in der Ganztags- und Gemeinschaftsschule, desto sozial gerechter wird das Bildungswesen. Und entgegen der Propaganda der Gegner von Gemeinschafts- und Ganztagsschulen wird die Leistung der Besseren nicht dadurch beeinträchtigt, dass sie gemeinsam mit Schwächeren lernen müssen. Im Gegenteil, auch ihre Leistung wird besser. Also alle, die Schwächeren und die Besseren profitieren vom gemeinsamen Unterricht. Und ein zentrales Fachabitur in Mathematik, Naturwissenschaften und Deutsch spornt offensichtlich zu mehr Leistung an als zersplitterte Abiturprüfungen.
Die Ergebnisse sind eindeutig und schreien nach Konsequenzen. Die Kleinstaaterei im Bildungswesen mit ihrer Zersplitterung ist reaktionär und ein Hemmschuh für ein fortschrittliches, zeitgemäßes Bildungswesen. Ein zentrales, gleiches und allgemein anerkanntes Abitur ist notwendig. Ganztags- und Gemeinschaftsschulen müssen bundesweit her. Eine Förderung der Schwächeren ist notwendig, um die Chancengleichheit zu erhöhen.
Doch statt die Kleinstaaterei abzuschaffen, wurde vor kurzem zwischen Bund und Ländern entschieden, dass die Länder vollkommen selbständig in Bildungsangelegenheiten entscheiden. Statt der bisherigen minimalen Koordinierung wird so die Zersplitterung weiter steigen. Deutschland leistet sich eines der reaktionärsten und ineffektivsten Bildungssysteme weltweit. Die zahlreichen Hinweise, dass dieses Bildungssystem bankrott ist, werden ignoriert und die reaktionären, rückschrittlichen Elemente dieses Systems sogar gestärkt.
Alle fortschrittlichen, demokratischen und revolutionären Kräfte müssen gemeinsam fordern:

  • Schluss mit der Kleinstaaterei im Bildungswesen!
  • Einheitliches Schulsystem in ganz Deutschland!
  • Abschaffung des dreigliedrigen Schulwesens!
  • Ganztags- und Gemeinschaftsschulen überall!

ernst