Unabhängigkeitserklärung Kosovas: Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht in den Zeitschriften Rotfuchs und Konkret

Korrespondenz: Auf die Unabhängigkeitserklärung Kosovas gab
es wie zu erwarten unterschiedliche Reaktionen. Nicht nur von einer ganzen
Reihe von Staatsregierungen wird die Unabhängigkeitserklärung kritisiert oder
abgelehnt. Auch die meisten linken Publikationen in Deutschland nehmen eine
ablehnende Haltung zum neuen Staat auf dem Balkan ein.

Auf die Unabhängigkeitserklärung Kosovas wird weltweit
höchst unterschiedlich reagiert.

Einige Staaten haben den neuen Staat bereits anerkannt,
andere fürchten um die Vorbildfunktion, die in ihren eigenen Ländern Schule
machen könnte. Da es imperialistische Länder wie die USA und die Bundesrepublik
Deutschland waren, die eine Lostrennung Kosovas unterstützt haben, lehnen
einige linke Organisationen die Unabhängigkeitserklärung schon aus diesem Grund
rundweg ab. Bei manchen linken Gruppen und Organisationen kommt hinzu, dass sie
dem serbischen Staat immer noch solidarisch gegenüberstehen. Einige
Publikationen haben sich über die Lostrennung Kosovas von Serbien jedoch in
übeler Weise geäußert. Als Beispiel sollen einige Textstellen aus den
Zeitschriften Rotfuchs und Konkret zitiert werden. Das linke Organisationen,
darunter selbst Parteien und Gruppen, die sich sozialistisch oder kommunistisch
nennen, der nationalen Frage nur geringe Bedeutung beimessen und das
Selbstbestimmungsrecht der Völker ablehnen, ignorieren, gering schätzen oder
verdrehen, ist keineswegs neu. Die Auseinandersetzung über die nationale und
koloniale Frage ist so alt, wie die Arbeiterbewegung selbst.  Als besonders schädlich für die
kommunistische und Arbeiterbewegung 
erwies sich dabei der Verrat an bestimmten Grundsätzen des Marxismus-Leninismus
durch den revisionistische Verrat der KPdSU nach dem XX. Parteitag auch in
dieser wichtigen Frage. Die unter Chruschtschow, Breschnew und Konsorten
verbreiteten Thesen und Positionen zur nationalen Frage wirken bis heute nach.
So wirkt sich der Einmarsch der sowjetischen Revisionisten in die
Tschechoslowakei und der Überfall auf Afghanistan 1979 bis heute fatal auf das
Ansehen des wissenschaftlichen Sozialismus aus. 
Am Beispiel der im Februar 1998 gegründeten Zeitschrift Rotfuchs, die
sich selbst  als Tribüne für Kommunisten
und Sozialisten in Deutschland bezeichnet, werden diese für die
Arbeiterbewegung so schädlichen Standpunkte in einer besonders krassen Form
vertreten. In der Ausgabe vom April 2008 wird in einem Artikel zur Unabhängigkeitserklärung
Kosovas die Verachtung gegenüber dem Willen der Mehrheit der Kosovaren mehr als
deutlich, wenn es heißt: „Am 17 Februar 2008 proklamierte die einstige Führung
der antiserbischen Banditenorganisation UCK unter dem jetzigen
‚Premierminister’ Thaci einseitig die ‚Unabhängigkeit’ der serbischen Provinz
Kosovo.“  An anderer Stelle heißt es im
gleichen Artikel der Zeitschrift Rotfuchs: „Während die imperialistischen
Hauptmächte – besonders USA und BRD –den Bastard hätscheln und auf dem Schoß
wiegen, lehnen Spanien und neun weitere EU-Länder eine Anerkennung Pristinas
ab.“ Mit keiner Silbe geht der Autor auf die jahrzehntelange Unterdrückung der
albanischen Bevölkerung unter dem serbischen und vormals jugoslawischen Regime
ein. Für die Zeitschrift Rotfuchs ist die Unabhängigkeitserklärung alleine ein
Akt der Willkür von imperialistischen Staaten, wie den USA und der BRD.
Natürlich ist der Staat Kosova in Wirklichkeit nicht unabhängig sondern
abhängig von den USA und anderen imperialistischen Mächten wie Frankreich und
Deutschland (s.a. Artikel, AZ 2-2008) Und dennoch  ist die Lostrennung  ein Akt der Selbstbestimmung der Kosovaren,
weil die große Mehrheit in Kosova lange unter dem serbischen Regime leiden
musste und sich daher auch mehrheitlich für einen eigenen Staat einsetzte. Klar
ist, dass diese Unabhängigkeitserklärung auch von einigen imperialistischen
Staaten letztendlich zugelassen wurde, und dass diese Profit- und
Einflussinteressen verfolgen. Die Großmächte USA und EU haben die
Unabhängigkeitsbestrebungen der Albaner in Kosova für sich und zum Nachteil der
russischen Großmacht bisher ausnützen können. Da uns jedoch weder mit der einen
noch der anderen imperialistischen Großmacht irgendeine Sympathie verbindet und
die Nationalisten in Serbien immer noch die Oberhand haben, Kosova also
weiterhin mit der Knute dirigieren würden, unterstützen wir das
Selbstbestimmungsrecht der Völker und das demokratische Recht auf Lostrennung
in Kosova!

Schäbig ist es, dieses Land nun als „Bastard“ zu bezeichnen
und die UCK einseitig zu bewerten und als „Banditenorganisation“ abzustempeln,
– haben sich doch der UCK viele Menschen aus dem einfachen Volk angeschlossen,
um gegen die serbische Unterdrückung zu kämpfen. Das jetzt nach der
Proklamierung der Unabhängigkeit in Kosova und auch schon zuvor,  Fahnen der USA zu sehen sind, die von
Albanern geschwenkt werden, gefällt natürlich keinem fortschrittlichen
Menschen. Dies kann jedoch nicht ernsthaft Grund sein, das
Selbstbestimmungsrecht abzusprechen. Dagegen scheinen etliche Linke, die sich
gegen einen Staat Kosova aussprechen, viel Wert auf das ablehnende Verhalten
einiger Staaten zu legen, zu denen entweder eine offene oder versteckte
Sympathie gepflegt wird. So heißt es etwa im oben genannten Rotfuchs-Artikel
hierzu: „Unmissverständlich wenden sich Serbien und Russland, aber auch das
Sicherheitsratsmitglied China gegen die völkerrechtswidrige Proklamierung des
neuen Gebildes, das überall dort Nachahmer finden könnte, wo es nationale
Minderheiten gibt.“ Wenn man Wert auf das Urteil von Staaten wie Serbien,
Russland und China legt, diese vielleicht noch als unterstützenswerte
Gegenmacht zur USA und EU ansieht, so wird die Abwehrhaltung gegen Kosova
„verständlicher“. Die „Globalisierung“, wie sie von den imperialistischen
Staaten gewünscht wird, verläuft für eine ganze Reihe von Staaten weltweit
anders als erhofft. Auch in China und Russland widersetzen sich immer mehr
Völker dem Diktat der herrschenden Kapitalisten in Peking und Moskau! 

Ebenso wie die Zeitschrift Rotfuchs pflegt das Monatsmagazin
Konkret zum serbischen Staat und zum Nationalisten Milosevic eine Solidarität,
bei der das Selbstbestimmungsrecht der albanischen Bevölkerung in Kosova nicht
vorgesehen ist. Für Jörg Kronauer, Autor des Heftes April 2008, ist Kosova nur
ein serbischer Verwaltungsbezirk, deren Bevölkerung an Serbien untrennbar
gebunden ist: „Aber erst die Sezession des Kosovo und deren Anerkennung im
Westen haben bewiesen: Man kann im 21. Jahrhundert auch Staaten gegen ihren
Willen zerschlagen, und zwar auch dann, wenn es sich bei diesen
Sezessionsgebilden nicht (wie im Jugoslawien der neunziger Jahre) um die Teile
eines Bundesstaats handelt, sondern um einfache Verwaltungsbezirke  .“ Auch der Konkret-Autor kommt gar nicht auf
die Idee, die Albaner in Kosova und die Unterdrückung durch den serbischen
Staat als den entscheidenden Widerspruch und das Recht der Menschen auf
Selbstbestimmung  anzuerkennen. Für
Konkret und Jörg Kronauer geht es im Artikel nur um die äußeren Triebkräfte der
Abspaltung wenn es eingangs heißt: „Wer 
waren die treibenden Kräfte bei der Abspaltung des Kosovo von Serbien – die
USA oder die Deutschen?“ Die unterdrückten Völker haben auf die Unterstützung
durch einen Teil der Linken nicht zu hoffen. (ab)

Abzug aller imperialistischen Truppen aus Kosova!

Beendigung der imperialistischen Einmischung auf dem Balkan!