Das Nein zum EU-Reformvertrag ist begründet und gerecht! Volksabstimmung!

Rund 54 % der Wähler haben in Irland in
der Volksabstimmung den EU-Grundlagenvertrag abgelehnt.

Die danach einsetzende Hetze der
Herrschenden in der EU und ihrer willfährigen Medien gegen die irischen Wähler
muss genauso zurückgewiesen werden wie die entsprechenden Anpöbeleien derselben
Leute gegen die Franzosen und Niederländer, nachdem diese 2005 in
Volksabstimmungen die EU-Verfassung zu Fall gebracht hatten. Die Gründe für das
Nein in Irland sind genauso evident, wie die der französischen und
niederländischen EU-Verfassungsgegner damals.

Mehr noch: Was sich mit diesem
„Grundlagenvertrag“, auch „EU-Reformvertrag“ oder „Vertrag von Lissabon“
genannt, abspielt, ist eine einzige Verhöhnung jener Wähler, die die Verfassung
ablehnten. In Frankreich und den Niederlanden sagten sie klar und deutlich
„Nein!“, aber die Herrschenden dieser Länder stopfen gemeinsam mit ihren
„Kolleg/innen“ der anderen EU-Länder die gesamte abgelehnte Materie in einen
neuen Sack, kleben ein neues Etikett drauf und lassen das ganze ohne
öffentliche Diskussion kurzerhand vom jeweiligen Parlament durchwinken. Um zu
verhindern, dass die Völker den Vertrag wieder ablehnen, wurde nämlich vorab
vereinbart, dass es keine Volksabstimmungen mehr geben sollte. Nur in Irland
konnte legal so nicht verfahren werden. Auf Grund der irischen Verfassung
musste zwingend eine Volksabstimmung durchgeführt werden.

Mit Millionenaufwand wurde daraufhin das
irische Volk mit Pro-EU-Propaganda überschwemmt. Je klarer aber wurde, dass
diese Propaganda nicht ankommt, desto offenere Drohungen brachten die
EU-Befürworter vor. Es half alles nichts. Irland sagte Nein! Dafür danken wir
ihm!

Ihr Demokratieverständnis offenbarten die
EU-Herrschenden sofort nach dieser Niederlage. Sie wollen die Ratifizierung des
EU-Vertrages stur weitertreiben. Sie drohen Irland mit einem „Europa der zwei
Geschwindigkeiten“, beschimpften die Iren als notorische Blockierer, ja, sie
drohen mit Ausschluss. (Näheres dazu in unserem zweiten EU-Artikel „EU gegen
die Völker“, ebenfalls in dieser Nummer)

Der EU-Reformvertrag, das muss völlig
eindeutig festgestellt werden, ist dem Wesen nach, nicht immer der Formulierung
nach, identisch mit dem gescheiterten Verfassungsprojekt. Kanzlerin Merkel
macht auch keinen Hehl daraus. In ihrer Regierungserklärung zum
EU-Reformvertrag im letzten Jahr heißt es klar: „Der
Begriff ‚Verfassung für Europa‘ war nach der Ablehnung bei den
Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden nicht mehr haltbar. Das
erklärte Ziel der deutschen Ratspräsidentschaft war es aber, die Substanz der
Verfassung zu erhalten. Dies konnte erreicht werden
.“

Und es ist diese „Substanz“
aus Großmachtpolitik und Militarismus, aus neoliberaler Wirtschaftsdiktatur,
die über Arbeitnehmerrechte hinweg stampft, und offener Verweigerung sogar
bürgerlicher demokratischer Standards, die zur Ablehnung führte und in vielen
anderen EU-Ländern zum „Nein!“ führen würde, ließe man das Volk dort nur
abstimmen!

 

Unverstellter, brutaler, liberaler
Kapitalismus!

Auch der EU-Reformvertrag verfolgt das Ziel, die
Interessen des Kapitals an weiterer Privatisierung staatlicher und sozialer
Einrichtungen wie im Gesundheits- und Bildungswesen oder bei der öffentlichen
Wasserversorgung, an freiem Kapitalverkehr, an zunehmender Billiglohnkonkurrenz
durchzusetzen. Der EU-Reformvertrag zementiert das
unverstellte wirtschaftsliberale Wirtschaftsmodell als einzig zulässige
Organisationsform, obwohl damit nachweislich eine Verarmung weiter Teile der
Bevölkerung innerhalb der EU, vor allem aber in der so genannten Dritten Welt
einhergeht. In Artikel 98 heißt es dazu: „Die Mitgliedstaaten und die Union
handeln im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem
Wettbewerb
.“ Längst häufen sich Fälle, wo der Europäische Gerichtshof im
Namen dieser „Wettbewerbsfreiheit“ Arbeitnehmerrechte niederreißt. (Vgl. z.B.
auf der Arbeit-Zukunft-homepage:
http://www.arbeit-zukunft.de/index.php/item/788/catid/4).
Besonders perfide schreibt der Reformvertrag in
Artikel 10a vor, die EU bekenne sich zu dem „vorrangigen Ziel, die Armut zu
beseitigen
“, nur um im nächsten Satz als zentrale Maßnahme hierfür
folgendes zu benennen: „die Integration aller Länder in die Weltwirtschaft
zu fördern, unter anderem auch durch den schrittweisen Abbau internationaler
Handelshemmnisse
.“ Es ist bekannt, dass diese Maßnahmen die weltweite Armut
nur vergrößern, sich aber als hochprofitabel für die europäischen Großkonzerne
erwiesen haben.

Auch der
EU-Reformvertrag verfolgt genauso wie die gescheiterte Verfassung unverändert,
ja z. T. noch verschärft, das Ziel, die Staaten der EU auf eine zunehmende
militärische Aufrüstung und Großmachtpolitik einzuschwören. Er treibt die Militarisierung der
EU massiv voran:

Sämtliche
bereits an der EU-Verfassung kritisierten Militarisierungsaspekte wurden auch
in den Reformvertrag übernommen. Kernpunkte der Kritik waren und sind:

Weltweite EU-Kampfeinsätze mit nahezu
unbegrenztem Aufgabenspektrum!

Artikel
28b, Absatz 1 benennt u.a. „gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen“, „Kampfeinsätze
und „Operationen zur Stabilisierung der Lage“ sowie „die
Unterstützung für Drittländer bei der Bekämpfung des Terrorismus in ihrem
Hoheitsgebiet
“ als Aufgabenspektrum künftiger EU-Kriege.

Vertragliche Aufrüstungsverpflichtung!

Artikel
28a, Absatz 3 enthält erneut die bis dato einmalige Verpflichtung, mehr Gelder
in den Rüstungssektor zu investieren: „Die Mitgliedstaaten verpflichten
sich, ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern
.“ Die
bereits 2004 eingerichtete Rüstungsagentur soll die Einhaltung dieser
Vorschrift überwachen. Sie würde mit dem Inkrafttreten des Reformvertrag
überhaupt erst eine rechtliche Grundlage erhalten.

Endgültige Einrichtung eines EU-eigenen
Rüstungshaushalts!

Der
bislang noch gültige Nizza-Vertrag verbietet die Aufstellung eines
EU-Rüstungshaushalts, bislang ein erheblicher Hemmschuh für Europas
Militaristen. Deshalb wird im Reformvertrag (Artikel 28, Absatz 3) der
Europäischen Union erstmalig die Möglichkeit eröffnet, einen als „Anschubfonds
bezeichneten Wehretat aufzustellen.

Keine parlamentarische Kontrollmöglichkeit
von EU-Interventionen!

Über
EU-Kriegseinsätze entscheiden allein die Staats- und Regierungschefs. Das
Europäische Parlament hat im Reformvertrag (Artikel 21), wie schon im
Verfassungsentwurf, lediglich das Recht „angehört“ und „unterrichtet
zu werden. Mitentscheiden darf es nicht! Da auch der Europäische Gerichtshof in
diesem Bereich keinen Einfluss besitzt, wird die Gewaltenteilung in der
entscheidenden Frage von Krieg und Frieden de facto aufgehoben.

Kerneuropa: Nur wer Krieg führt, darf
mitbestimmen!

Mitglieder,
die sich militärisch hierfür qualifiziert haben, indem sie an den wichtigsten
Aufrüstungsprogrammen teilnehmen und Interventionstruppen (Battlegroups) zur
Verfügung stellen, können eine „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit
eingehen, mit der das eigentlich für den außen- und sicherheitspolitischen
Bereich geltende Konsensprinzip ausgehebelt wird (Artikel 28e, Absatz 6). Das
Einstimmigkeitsprinzip bezieht sich „allein auf die Stimmen der Vertreter
der an der Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten
.“

Machtverschiebung zugunsten der Großmächte

Schon die EU-Verfassung sah mit der sog. doppelten
Mehrheit eine dramatische Verschiebung der Machtverhältnisse im wichtigsten
EU-Gremium, dem Rat der Staats- und Regierungschefs, vor. Deutschland
verdoppelt damit seinen Stimmanteile im Rat von 9% auf 18.2% Die anderen
Gewinner sind Frankreich, Großbritannien und Italien. Diese vier Mächte haben
zusammen so viele Stimmen, dass sie fast jede Entscheidung durchboxen können.
Sie müssen nur noch ein kleineres Land mit finanziellen Versprechungen oder
entsprechendem Druck auf ihre Seite bringen. Wie massiv solcher Druck aussieht,
kann man immer wieder in Brüssel studieren, zuletzt an der Erpressung der
Zustimmung der polnischen Regierung zum Reformvertrag 2007. Mit dem
EU-Grundlagenvertrag von Brüssel werden die kleineren Staaten innerhalb der EU
also langfristig Souveränität und Einfluss verlieren. Nur noch wenige Großmächte
werden in der EU das Sagen haben. Die Großmacht Deutschland wird dabei einen
entscheidenden Einfluss besitzen. Mit dem Reformvertrag (Artikel 9c) wird diese
dramatische Machtverschiebung im Jahr 2014 als gängige Praxis eingeführt.

Das Europäische Parlament kann nicht souverän
entscheiden!

Schon bei der Sicherheitspolitik
wird die subalterne Stellung des EU-Parlaments drastisch klar. Aber auch
außerhalb dieses Bereichs hat es keine Entscheidungsbefugnis, sondern nur ein
gegenseitiges Blockaderecht mit dem Ministerrat
„Das Europäische
Parlament wird gemeinsam mit dem Ministerrat als Gesetzgeber tätig und übt mit
ihm die Haushaltbefugnisse aus…“
(EU-Reformvertrag, Art. 9a). Ein
kurioses Demokratieverständnis! Gesetze sollten also nicht, wie es die bürgerliche
Staatstheorie so schön lehrt, allein durch das gewählte Parlament verabschiedet
werden, sondern hier dürfen die Regierungen über den Ministerrat massiv Druck
auf die Entscheidungen des Parlaments ausüben und diese ausbremsen, wenn sie
ihnen nicht passen. Das kann theoretisch das Parlament zwar auch. Aber die
Mehrheitsfraktionen von Abgeordneten, die das „vereinte Europa“ bejubeln,
werden ihren Parteifreunden im Ministerrat die Wünsche in aller Regel von den
Augen ablesen und mit ihren Mehrheiten absegnen.

 

Ungebremster Markt und Konkurrenz, Militarisierung,
Abschaffung demokratischer Regeln – das ist die EU! Der EU-Reformvertrag führt
fort, woran das Verfassungsprojekt scheiterte. Dafür wurden die sowieso schon
mageren sozialen Grundrechte auf Wunsch Großbritanniens zu unverbindlichen
Bestimmungen, die nationales Recht nicht brechen können. Und hier wurde der
Reformvertrag tatsächlich gegenüber dem Verfassungsentwurf drastisch
verschlechtert. Folge: Noch einmal mehr Markt ,noch einmal mehr ungehinderte
Konkurrenz, noch brutalere Ausbeutung der Ware Arbeitskraft, Verzeihung, des
Menschen.

Für die Völker Europas, auch für das deutsche Volk
bedeutet das nichts Gutes. Der EU-Grundlagenvertrag dient genauso wie die zu
Fall gebrachte EU-Verfassung den Interessen der herrschenden Klasse, des
Kapitals.

Wir fordern deshalb unverändert:

Nein zum EU-Grundlagenvertrag!

Volksabstimmung über diesen Vertrag!