20. Todestag von Franz Josef Strauß: Kult und Verklärung um den Reaktionär FJS

Korrespondenz: Am 3.Oktober 1988, vor 20 Jahren, starb Franz
Josef Strauß. In der deutschen, vor allem aber in der bayerischen
Medienlandschaft erschienen zu diesem Anlass ganze Artikelserien in den
Tageszeitungen. In Presse, Funk und Fernsehen wurde eingehend, jedoch einseitig
positiv, über das Lebenswerk des CSU- Politikers berichtet. Einseitig positiv
müssen auch zwei neue Biographien über FJS [1] ausfallen, die kürzlich erschienen
sind. –Die eine vom langjährigen Chefredakteur des CSU- Parteiblattes  Bayernkurier und Vertrauter von FJS, Walter
Scharnagl. Die andere Biographie liefert der Strauß- Sohn Franz Georg. Zum 20.
Todestag von Strauß fanden diverse Veranstaltungen, wie vom Historischen Kolleg
und der Hanns-Seidel-Stiftung statt, bei der jeder Ansatz von Kritik an Strauß
von dessen Apologeten wie Peter Gauweiler und Konsorten gleich „korrigiert“
wurde! Auch im Vorfeld der bayerischen Landtagswahlen wurde von der CSU versucht,
den Mythos Strauß für den  Wahlkampf zu
nutzen. Die CSU- Landesgruppe setzte sich gar für die Aufnahme einer Büste von
Strauß in der Walhalla ein [2]. Empört zeigten sich CSU- Politiker wie etwa
Erwin Huber dagegen von der Wachsfigurenschau „Madame Tussauds“, dort wird
Strauß unter der Überschrift „Helden und Bösewichte“ präsentiert. Huber
polterte „das ist eine Sauerei! Strauß gehört zu den Helden! Wer so standhaft
wie er für die Deutsche Einheit gekämpft hat, kann nur zu den Helden gehören“, so
der ehemalige CSU- Chef  [3]. Kurz um,
man kann sich ausmalen, dass die verbreiteten Inhalte diese Wochen und Monate
von bürgerlichen Journalisten, CSU- Politikern und Biographen über FJS eine
Riesenprovokation darstellen, wollen sie doch allesamt, nichts oder wenig, von
den „Sauerein“ von FJS selbst wahrnehmen! Und von diesen „Sauerein“ gibt es
wahrlich genug. Schon 1972 konnte ein „Schwarzbuch Franz Josef Strauß“ [4]
Seitenweise Skandale und Affären, von Waffenbeschaffungen des damaligen
Verteidigungsminister, bis zum Puffbesuch in New York auflisten. Freilich wurde
von der CSU und vom Familienclan Strauß Kritik nie akzeptiert. Das Ansehen und
Lebenswerk von Strauß in Frage zu stellen, zu kritisieren, galt schon zu den
Lebzeiten von Strauß als „Sakrileg“. Erinnert sei hier an den Fall der
Regensburger Schülerin Christine Schanderl. 1980 flog die Gymnasiastin von der
Schule, weil sie sich weigerte, eine „Stoppt Strauß“ – Plakette  abzunehmen [5]. Und auch die Volksfront gegen
Reaktion und Faschismus kam einmal im Bundestagswahlkampf mit dem deutschen
„Rechtsstaat“ in Konflikt, als Strauß auf einem ihrer Wahlplakate als Stier
abgebildet zu sehen war. Es gibt derzeit gewiss wichtigere Dinge, wie z.B. die
Finanzkrise, mit denen man sich auseinandersetzen muss. Doch die inhaltliche
Berichterstattung in den Medien fordert zumindest eine kurze Protest-
Stellungnahme, geradezu heraus, wenn heute Strauß als sozial, fortschrittlich,
friedliebend, als Modernisierer und sogar als Vertreter des kleinen Mannes
gefeiert und gepriesen wird! Genau das Gegenteil ist der Fall, er war nicht
Vertreter des kleinen Mannes, sondern Monopolvertreter, insbesondere der
deutschen Waffenindustrie. Sein Lebenslauf wird begleitet von zahlreichen Affären,
Skandalen und wüsten, oftmals antikommunistischen Äußerungen. Nicht selten
wirtschaftete er bei offiziellen Treffen gleich noch in die eigene Tasche oder
in die Taschen seiner Spezies. Strauß war stets auf der Seite der Reaktion, in
seiner Jugend meldete er sich freiwillig in NSDAP- Massenorganisationen, war
während des 2.Weltkrieges Offizier. Nach dem Krieg stand sein Name als
Verteidigungsminister aktiv ein für den Aufbau der Bundeswehr. Seine CSU-
Politkarriere könnte in einer erweiterten „Schwarzbuch- Ausgabe“ ganze Bände
füllen!                                                               [k.A]                                                                                                     

 

 

 

Anmerkungen und Quellenangaben

1 FJS ist das Kürzel von Franz Josef Strauß, wobei er sich
den zweiten Vornamen „Josef“

   selbst zugelegt
hat. Vgl. Schwarzbuch Franz Josef Strauß, S.12.

2 Walhalla ist der Name für die 1842 eingeweihte Ruhmeshalle
in der Nähe von Regensburg.

   Diese ist Eigentum
des Freistaates Bayern und beherbergt derzeit 128 Büsten verschiedener

   „herausragender“
Persönlichkeiten.

3 Abendzeitung München vom 24.07.2008

4 Das Schwarzbuch Franz Josef Strauß ist 1972 im Kiepenheuer
& Witsch Verlag Köln er-

   schienen,
Herausgeber waren u.a. Wolfgang Roth, Ingrid Matthäus, Die Jungsozialisten

   unter Mitarbeit von
Bernt Engelmann.

5 Münchner Merkur vom 6. Oktober 2008.