Noch einmal Kurzarbeit: Übler Angriff der Metallarbeitgeber in der Krise!

Interessengegensätze zwischen Beschäftigten und Kapital
spitzen sich zu!

 

Mitten in der Krise startete der Arbeitgeberverband
Südwestmetall in Baden Württemberg eine üblen Angriff auf die tariflichen
Rechte der ach so „lieben Mitarbeiter/innen“. Ausgangspunkt ist die so genannte
Aufzahlung auf das Kurzarbeitergeld (KuG), die laut Manteltarifvertrag (MTV) in
Baden-Württemberg von den Arbeitgebern zu zahlen ist.

Alles begann damit, dass Südwestmetall seinen
Mitgliedsunternehmen angesichts der massenhaft anwachsenden Kurzarbeit ein
anderes Berechnungsverfahren für die Aufzahlung gem. § 8.2 MTV empfahl, als es
bisher unumstritten üblich war.

Im Manteltarifvertrag heißt es:

Bei einer Verringerung
des monatlichen Bruttoentgelts infolge Kurzarbeit um mehr
als 10% gewährt der Arbeitgeber dem
Beschäftigten zum gekürzten Monatsentgelt
und zum Kurzarbeitergeld einen Zuschuss. Dieser ist so zu bemessen,
dass Beschäftigte zum gekürzten Bruttomonatsentgelt und Kurzarbeitergeld einen
Ausgleich bis zu 80 % des vereinbarten Bruttomonatsentgelts (ohne Mehrarbeit)
… erhalten…“

Diesen Zuschuss will Südwestmetall aber durch Rechentricks
stark beschneiden, so dass manche Betroffene gar nichts mehr bekommen, die
meisten jedoch weniger als nach der bisher unumstrittenen gemeinsamen
Berechnungsweise. (Sowie wir Unterlagen dazu bekommen, werden wir die
Einzelheiten aufbereiten und ggf. auf der homepage www.arbeit.zukunft.de
veröffentlichen.)

Daraufhin drang die IG Metall auf ein klärendes Gespräch mit
Südwestmetall. Zu diesem aber erschienen die Vertreter von Südwestmetall mit
unverschämten Gegenforderungen!

  Streichung der
tariflichen Aufzahlung, mindestens aber ein deutliche Senkung!

  Kürzung der
Kosten, die  durch Urlaub, zusätzliches
Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld bei Kurzarbeit entstehen.

  Kein Vorrang der
Kurzarbeit vor dem „Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung“(BeschTV), bei dem
die Arbeitszeit auf Kosten der Beschäftigten auf bis zu 30 Stunden gesenkt
werden kann, wenn dafür die Zusage, „keine betriebsbedingten Kündigungen“
gegeben wird. Bisher muss vorrangig über Kurzarbeit geredet werden.

  Verkürzung der
tariflichen Ankündigungsfrist für Kurzarbeit von 3 auf 1 Woche.

Darüber konnte erwartungsgemäß keine Einigung erzielt
werden. Die Südwestmetall-Arbeitgeber beharren nun auf der Schlechterstellung
bei der Kurzarbeitergeld-Aufzahlung und empfehlen sie breit den betroffenen
Mitgliedfirmen.

Der IG Metall bleibt einstweilen nichts anderes übrig, als
ihre Mitglieder aufzufordern, ihre Ansprüche im Kurzarbeitsfall rechtlich
geltend zu machen, was auf massenhafte Arbeitgerichtsprozesse hinausläuft. Die
IG Metall-Verwaltungsstellen sehen sich jetzt gezwungen, allen betroffenen
Mitgliedern entsprechende Formulare zur Verfügung zu stellen, auf denen sie
ihre Ansprüche in einfacher Weise anmelden können. Aber je nach dem wie gut die
Gewerkschaft im einzelnen Betrieb verankert und organisiert ist, wird es schwerer
oder leichter werden, alle Betroffenen zu erreichen.

An und für sich ist die Rechtauffassung der IG Metall
juristisch gut untermauert. Aber Recht haben und Recht bekommen sind
bekanntlich zwei paar Schuh. Auch spielt hier ein weiteres Problem hinein, das
aber kämpferischen Gewerkschafter/innen nützen kann. Klagen bei Gericht auf
solche tariflichen Leistungen bzw. auf ihre korrekte Gewährung können nur
Gewerkschaftsmitglieder stellen! Denn im Streitfall zwischen den Beschäftigten
und ihrem Kapitalisten um Tarifbestimmungen gilt der Tarifvertrag, auch in
tarifgebundenen Betrieben, nur für Gewerkschaftsmitglieder! Kämpferische
Kolleg/innen können dies Problem also zur offensiven Mitgliederwerbung nutzen
und sollten dies auch tun: Tritt ein, damit du die korrekte Aufzahlung nutzen
bzw. einklagen kannst!

Dieser Vorgang macht schlaglichtartig deutlich, dass sich gerade
in der Krise die Widersprüche zwischen der Arbeiterklasse und den Kapitalisten
weiter verschärfen. Es gibt buchstäblich keinen Punkt, an dem die
Interessengegensätze nicht aufeinanderprallen.

Wichtiger Punkt – auch und gerade bei den Fragen um die
Kurzarbeit bzw. den erwähnten BeschTV – ist der Schutz vor betriebsbedingten
Kündigungen.

Einziger rechtlicher Vorteil des Tarifvertrags ist, dass er
Kündigungsschutz gewährt, solange die Arbeitszeit auf bis zu 30 Stunden (aber
auch nicht mehr, was in dieser Krise oft bei weitem nicht ausreicht!!)
abgesenkt wird. Bei Kurzarbeit kann viel weiter gegangen werden: 40%, 50 %, 60%
– alles ist möglich, und es wird gerade durch die tarifliche Aufzahlung zum KuG
finanziell halbwegs tragbar für die Kolleg/innen. Deshalb versuchen die
Kapitalisten ja auch, hier etwas zu rauben. Aber genauso wichtig ist, dass es –
manche wollen das kaum glauben! – keinen einzigen Paragraphen im ganzen
Sozialgesetzbuch gibt, der betriebsbedingte Kündigungen während einer
Kurzarbeitsphase verbietet!

Deshalb muss der Kündigungsschutz in Betrieben mit
Betriebsrat in der zwingend erforderlichen Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit
extra vereinbart werden. Und da liegen die Interessengegensätze sofort ein
weiteres Mal offen auf dem Tisch. Nicht wenige Arbeitgeber gehen in diese
Verhandlungen ohne jede Bereitschaft, Schutz vor Kündigungen zu gewähren. Dabei
wollen sie derzeit oft selber die Kurzarbeit, weil sie gut qualifizierte
Beschäftigte halten wollen, trotz Auftragseinbrüchen, mangelnder Arbeit etc.

Aber die kämpferischen Betriebsräte dürfen sich gerade in
dieser Situation nicht über den Tisch ziehen lassen! Kurzarbeit ohne
Kündigungsschutz sollte keinesfalls zugestimmt werden. Es erfordert Geduld,
Beharrlichkeit und Kampfbereitschaft sowie den Mut auch in dieser schwierigen
Krisensituation die Kolleg/innen offensiv einzubeziehen – durch Infos,
Betriebs- und Abteilungsversammlungen.

Die Krise ist eine Zeit des Kampfes, vergessen wir das
nicht!

 

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