Gossweilers Sichtweise zu China

„Die Fakten besagen für mich: Chinas Kommunistische Partei
heißt nicht nur so, sondern sie ist eine echte, das heißt auf den Lehren von
Marx, Engels und Lenin aufbauende und diese Lehren entsprechend den Erfahrungen
des Klassenkampfes im 20. Jahrhundert auf die gegebenen nationalen und
internationalen Bedingungen anwendende Partei.“

                                                                                                                         
Kurt Gossweiler

 

Es ist geradezu kurios, umso offensichtlicher die KP China
immer größere Teile des Landes von staatskapitalistischen in
privatkapitalistische Verhältnisse überführt hat, umso lauter wird der Ruf
derjenigen, die bereits die DDR und die UdSSR bis an ihr Ende als sozialistisch
bezeichnet haben. Die Rede ist von der DKP, von den beiden K-Gruppen in
Ostdeutschland KPD und KPD (B), des weiteren von Zeitschriften wie
Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ), Rotfuchs und Offensiv. Letztere hat sich
jetzt gar das Ziel gesteckt diese Organisationen in einer kommunistischen
Initiative zu vereinigen mit dem Ziel, eine einheitliche kommunistische Partei
in Deutschland zu gründen. Angesichts der drängenden Fragen, der sich
verschärfenden Situation durch die Finanz- und Wirtschaftskrise wäre eine
starke marxistisch-leninistische Partei tatsächlich überfällig. Doch was
Zeitungen wie Offensiv propagieren und verteidigen, stärkt diese Zielsetzung
nicht, sondern schadet dem Ansehen der Marxisten-Leninisten in Deutschland!

Auch ein Kurt Gossweiler richtet Schaden an, wenn er in
dieser Zeitschrift die KP China als sozialistische Partei verteidigt und seine
abstrusen Vorstellungen zum Besten gibt und seinen  Phantasien über dieses Land freien Lauf
lässt. Nicht nur Kommunisten dürften sich die Nackenhaare beim Lesen von
Gossweilers Artikel aufstellen, sondern auch allen fortschrittlich
demokratischen Kräften. Diese müssten für den Kampf gegen das Kapital und für
die Sache des Sozialismus gewonnen werden, könnten sich beim Lesen solcher Artikel
jedoch auch schnell wieder abwenden. Nachfolgend sollen einige zentrale
Aussagen dieses Artikels von Kurt Gossweiler vorgestellt werden. Veröffentlicht
wurde dieser in der Offensiv- Ausgabe Januar- Februar 2009 unter dem Titel,
„Meine Sicht auf die Entwicklung in der Volksrepublik China“.

 

Alles
nur bürgerliche Propaganda?

Wer China ernsthaft noch als sozialistisches Land und die
KPCh als marxistisch-leninistische Partei zu verteidigen versucht, ist zunächst
schon mal gezwungen  all die vielen
Berichterstattungen mit Daten und Fakten anzuzweifeln, abzustreiten und zu
leugnen, die uns tagtäglich über China erreichen.

Da die kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse in China
nicht nur offensichtlich sind, sondern von Spitzenmanagern weltweit auch noch
gelobt und als vorbildlich bezeichnet werden, ist der größte Teil der
bürgerlichen Medien längst dazu übergegangen, Chinas Ökonomie als das zu
bezeichnen was sie ist, nämlich als eine kapitalistische Ökonomie. Wer also
noch von einem sozialistischen China träumt, der muss zunächst einmal vieles
abstreiten, was über China seit Jahrzehnten berichtet wird. Gleich im ersten
Abschnitt holt Gossweiler tief Luft, um in einem langen Satz den Versuch zu
unternehmen, etablierte Vorstellungen über 
China als Propagandalüge darzustellen: „Die bürgerlichen Medien
überschütten uns tagtäglich und stündlich in Bild und Ton mit Nachrichten über
die schrecklichen Lebensbedingungen der chinesischen Massen unter dem
‚Manchester
 Kapitalismus’ in
China und knüpfen daran die Bemerkung, dass China zwar eine ‚kommunistische
Diktatur’ sei, aber kein sozialistisches Land, sondern eines, das von der
kommunistischen Führung in die schlimmsten Zeiten des Kapitalismus der
ursprünglichen Akkumulation zurückgeworfen worden sei.“

Das bereits die bürgerlichen Medien die VR China als Land
bezeichnen, in dem der Manchester- Kapitalismus herrscht, sollte eigentlich zu
denken geben. Inzwischen müsste sich auch ein Kurt Gossweiler eingestehen, dass
selbst das chinesische Datenmaterial alles andere, als einen seriösen Eindruck
hinterlässt. So wurde z.B. im Jahr 2004 die Arbeitslosigkeit offiziell mit 8,27
Millionen Personen und damit mit einer Quote von 4,2 Prozent angegeben!
Alternative Berechnungen jedoch geben die tatsächliche Arbeitslosenquote mit
13,1 Prozent und mehr an. Der Trick der chinesischen Bürokraten liegt darin,
dass Bauern und aus dem Staatssektor freigesetzte städtische Arbeiter einfach
unterschlagen werden! Schließlich gestehen sich kapitalistische Staaten nicht
gerne eine hohe Arbeitslosigkeit ein und man greift deshalb zu allerhand Tricks
und Manipulationen.

 

 

Großer
Spielraum für das Kapital!

Freilich kommt auch Kurt Gossweiler nicht ganz umhin, die
Realität rundweg zu leugnen und abzustreiten und gibt zu: „Daran, dass die
in China regierende Kommunistische Partei dem ausländischen Kapital großen
Spielraum gewährt hat und noch immer gewährt, der von diesem zu brutaler
Ausbeutung der chinesischen Arbeiterinnen und Arbeiter ausgenutzt wird, und
dass auch das Entstehen einer ‚eigenen’ chinesischen Kapitalistenklasse Raum
gegeben wurde, die es dem ausländischen Kapital eifrig gleichtut, ist nicht zu
zweifeln.“
Hier ist Gossweiler auf die richtige Fährte gestoßen, hier so
glaubt man für einen kurzen Augenblick, gehen seine Untersuchungen den Dingen
vielleicht auf den Grund, in die Richtung der schonungslosen Kritik!. Doch
Gossweiler scheint sich nicht weiter für die Unterdrückungs- und
Ausbeutungsverhältnisse in China zu interessieren und klagt auch nicht
diejenige Partei schonungslos an, die diese erst ermöglicht hat, sondern
entlastet diese und schiebt alles auf das ausländische Kapital. Stattdessen
driftet er in seinen weiteren Ausführungen ab, in Schönfärberei und
Nostalgieträumen vom alten sozialistischen Lager und gar von einem  Bollwerk China das weltweit gegen den
Imperialismus kämpft!

 

China-
Hauptgegner und Hauptkraft der imperialistischen Mächte?

Gossweiler gibt an, nicht wenige Genossen zu kennen, die in
China einen imperialistischen Staat sehen. Noch mehr Genossen kennt Gossweiler,
die hoffen, dass es doch nicht so ist und die sich fragen, woran man sich
halten kann, wie kann man sich zurechtfinden? Gossweiler stellt sich hierzu
zwei Fragen. Die erste lautet: „welchen Platz nimmt die Volksrepublik China
im weltweiten Kampf zwischen den imperialistischen und den
antiimperialistischen und sozialistischen Staaten ein?“
Leider sind die
Bemühungen Gossweilers diese Frage zu klären allesamt unzureichend, ergeben ein
völlig einseitiges Bild von der chinesischen Außenpolitik!

Die erste Fragestellung, welchen Platz China einnimmt wird
wie folgt von ihm beantwortet: „daran, dass Volkschina nicht nur auf der
Seite der antiimperialistischen Kräfte steht, sondern deren Hauptkraft und der
Hauptgegner der imperialistischen Mächte mit den USA an der Spitze ist, kann
für mich kein Zweifel bestehen.“
Als Kronzeuge für Gossweilers abstruse
These, muss zunächst Gorbatschow herhalten, weil sich dieser einst über
China  nach den Studentenunruhen 1989
beklagt hat und hoffte, der „Kommunismus“ in China würde fallen. Warum die
Ansichten und Einschätzungen eines Gorbatschow so schwer wiegen, die
bürgerliche Presse (samt dem Lob der Konzernbosse über China) dagegen scheinbar
nur Lügen hervorbringt, bleibt das Geheimnis von Gossweiler. Doch Gossweiler
hat noch mehr „Beweise“ für den Platz Chinas im antiimperialistischen Kampf.
Als weitere Fakten führt er den angeblichen Rückhalt an, den die VR China
anderen „sozialistischen“ und „antiimperialistischen“ Staaten gewährt.
Angeführt werden Nordkorea und Kuba, „die VR China stand immer fest hinter
Kuba“
, so Gossweiler. Zudem beteiligt sich China ja an der Schanghai-
Konferenz- Organisation (SKO), „deren Ziel, so Gossweiler, die
Befreiung von imperialistischer Hegemonie ist.“
So freundschaftlich,
solidarisch und uneigennützig wie Gossweiler den Rückhalt Chinas für andere
Länder und Völker darzustellen versucht, existiert er nur in den Phantasien und
Wunschträumen von Menschen, die den Revisionismus weder ernsthaft, noch
schonungslos untersucht haben. Nach dem Wegfall des RGW-Bündnisses konstruieren
diese ein neues „sozialistisches Lager“. Anhand von zwei Beispielen sollen die
naiven Einschätzungen von Gossweiler aufgedeckt werden.

 

Beispiel Nordkorea: Sozialistische Tauschwirtschaft oder
Abhängigkeitsverhältnis?

In der Sichtweise Gossweilers klingt alles ziemlich
harmonisch und beruhigend: „Dass Nordkorea bisher allen Attacken des
Imperialismus widerstehen konnte und nicht kapitulieren musste, verdankt es
neben seiner standhaften Führung vor allem dem Rückhalt, den ihnen die VR China
gibt.“
Doch die chinesische Wirtschaftspolitik gegenüber Nordkorea ist
nicht so uneigennützig. Allein von Rückhalt gegenüber diesem Land geprägt, wie
es Gossweiler darstellt sind diese Beziehungen nicht und beinhalten vielmehr
einiges an Unerfreulichem für den Autor. Vom einzigen Verbündeten China ist
Nordkorea völlig in Abhängigkeit geraten. Die Einstellung der chinesischen
Energie- und Lebensmittellieferungen an Nordkorea könnten das Regime in Pjöngjang
zu Fall bringen. China ist seit langem der größte Handelspartner Nordkoreas.
Die Tauschwirtschaft zwischen den beiden Ländern ist längst aufgegeben worden.
Stattdessen gelten harte Devisen und Marktpreise. Für die dringend benötigten
Rohstofflieferungen aus China, muss Nordkorea immer mehr bezahlen. Trotz
Energiemangel ist Nordkorea zudem gezwungen, Kohle nach China zu exportieren.
China besteht in dieser Hinsicht auf „Freundschaftspreisen“. Liefert Südkorea
in der Regel gratis Lebensmittel in den Norden, lässt sich China die
gelieferten Lebensmittel bezahlen. (Quelle: SZ vom 04.10.2007)

 

Beispiel Shanghai- Konferenz- Organisation

Gossweiler versucht ein Bündnis aus kapitalistischen und
imperialistischen Staaten für seine Zwecke umzudeuten: „Die VR China
beteiligt sich an allen regionalen Vereinigungen und Organisationen, wie der
Shanghai-Konferenz (SKO), deren Ziel die Befreiung von imperialistischer
Hegemonie ist, und stellt deren Hauptkraft dar.“
  Wenn man von der Shanghai Cooperation
Organization (SCO bzw. SKO) spricht, sollten wenigstens die Mitgliedsländer
genannt werden. Neben Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan und Tadschikistan,
gehört dem Bündnis auch noch das imperialistische Russland an! Es ist
offensichtlich, Gossweiler hat sich von dem „alten Band“ nicht lösen können,
zählt selbst Russland zu einer antiimperialistischen Kraft!

 

Als weiteres Beispiel für Chinas Bündnispolitik, das
Gossweiler hier nicht erwähnt, könnte noch die Beziehungen zum Regime im Sudan
genannt werden. Doch dies wäre zur gegebenen Zeit und gründlicher Recherche
einen eigenen Artikel wert!

 

Transformation zum Privatkapitalismus oder NÖP?

In der zweiten Frage, die sich Kurt Gossweiler stellt, geht
es darum wie glaubwürdig die Politik der KPCh ist. – Inwiefern stimmen ihre
Taten mit ihren Erklärungen überein? Auf die drastischen Vorwürfe, dass die
KPCh selbst, als agierende politische Kraft, längst als Ausbeuter der eigenen
Arbeiterklasse, der Bauern und anderer Völker gilt, lässt sich Gossweiler erst
gar nicht ein. Erscheinungen, wie etwa die hohen Einkommensunterschiede, Massenarbeitslosigkeit,
Umweltzerstörung, Ausbeutung und Unterdrückung, Korruption und Prostitution und
andere sozialökonomische Folgen, die das kapitalistische Gesellschaftssystem in
China mit sich bringen, werden von Gossweiler anscheinend als Nebensächlichkeiten
empfunden. Denn all diese Dinge, folgt man der Argumentation Gossweilers sind
in China nur von vorübergehender Natur. China hat ökonomisch viel nachzuholen
und stützt sich nun auf die Neue Ökonomische Politik (NÖP):

„Da die unter den gegebenen Umständen nicht anders
möglich ist, als durch das, was Lenin in der Sowjetunion mit der NÖP vorgesehen
hatte, wurde dieser Weg durch die Führung der KP Chinas beschlossen und
beschritten. Also die Heranziehung in einem bestimmten, begrenzten Maße von
ausländischen Kapital zum möglichst raschen Aufbau einer Industrie im eigenen
Lande, aber unter Kontrolle des Staates und bei Sicherung des Übergewichts und
des Vorranges des staatlichen Eigentums an Produktionsmitteln.“
 Die seit Jahrzehnten umgesetzten, umfangreichen
Reform- und Umverteilungsprogramme, die Entstaatlichung, die selbst nach
chinesischen Berechnungen höchst alarmierend für den Autor sein müsste, wird
von diesem, mit der Neuen Ökonomischen Politik nach dem Vorbild der Sowjetunion
unter Lenin entschuldigt! Gossweiler fügt zwar an, dass dieser Kurs nicht
konfliktlos vor sich gehen kann, auf Kosten der Arbeiterklasse geht …,
verdrängt jedoch die weiteren Schlussfolgerungen für dieses Land und verlässt
dich auf die Versprechungen der KPCh: „Aus den Beschlüssen der Parteitage
der KP China habe ich aber bisher immer den beruhigenden Eindruck gewonnen,
dass die Führung sich dieser Gratwanderungs-Situation sehr bewusst ist und
immer rechtzeitig Korrekturen anbringt, wo sich Anzeichen dafür bemerkbar
machen, dass solche notwendig sind.“
 
Die Regulierung und Steuerung der Finanz-, Konjunktur, Lohn- und
Einkommenspolitik etc. durch einen imperialistischen Staat im Interesse der
Monopole, dies ist scheinbar in den Augen von Gossweiler gleichzusetzen mit der
Diktatur des Proletariats (vgl. China: Leuchtfeuer des Kapitalismus, Verlag AZ
2007, S.48)!                                                                                                                               
roab

 

Zu dieser Sichtweise Gossweilers über China kann man nur
sagen: Mit uns nicht!

 

Anmerkungen

Der Artikel von Kurt Gossweiler, Meine Sicht auf die
Entwicklungen in der Volksrepublik China ist erschienen in der Zeitschrift
Offensiv, Ausgabe Januar- Februar 2009, S. 43-49.

Die Zeitschrift kann angefordert werden unter der Adresse.
Frank Flegel, Egerweg 8, 30559 Hannover.