EU-Krise: Die Auseinandersetzung mit Großbritannien

Wenn Großbritannien (GB) erpresserisch massive Änderungen der EU-Verträge fordert, sonst käme es zum Austritt, dann bedeutet das Krise! London ist eines der wichtigsten Finanzzentren weltweit. Ein Austritt wäre für die EU ein Erdbeben! Also kam die EU dem Chef des britischen Imperialismus, David Cameron, zu Hilfe, der den derzeit erfolgreichen britischen EU-Gegnern eine Volksabstimmung über Austritt („Brexit“) oder Verbleib zusichern musste. Die EU wollte Cameron ermöglichen, dies Referendum zu gewinnen. Die britischen EU-Gegner, sowohl Teile von Camerons Konservativen (Tories) als auch die rechtsradikale Partei UKIP um Nigel Farage, machen sich demagogisch Wut und Frustration von Millionen Werktätiger und Erwerbsloser über Armut, Sozialabbau, Verfall der Wohnviertel und Niedriglöhne zu Nutze, ganz wie AfD oder NPD. Sie hetzen gegen Eingewanderte, Menschen dunkler Hautfarbe, gegen den Islam.

Verbesserung der Lage der Menschen! Bei ihnen ist das Demagogie – bei ihrer Kampagne geht es um einen starken britischen Imperialismus, deshalb Austritt! UKIP lügt, dass die damit verbundene Grenzschließung Jobs und Einkommen sichern würde. Nationale Demagogie, wie AfD und andere bei uns: Großbritannien sei nicht souverän, die EU nicht demokratisch. Ein Land habe kaum Einfluss auf EU-Entscheidungen, die es selbst betreffen. Das stimmt ja. Dass diese Leute „später“ dann die wie zu Frau Thatchers Zeiten Löhne und Sozialstandards im Land drücken wollen, und dass „Unabhängigkeit“ und „Souveränität“ Illusionen sind, solange der Kapitalismus, den sie wollen, weiter herrscht – das sagen sie nicht. Nigel Farage, trotz EU-Gegnerschaft Mitglied des EU-Parlaments, nennt der Stuttgarter Zeitung seine aktuellen Forderungen: Vetorecht der nationalen Parlamente gegen EU-Gesetze! Beitragssenkung für GB! Schließung der Grenzen! Geschickt greift er die Ablehnung der EU-Kriegspolitik in weiten Teilen der EU auf. Als was ein von der EU befreiter britischer Imperialismus auftritt – darauf darf man freilich gespannt sein…

 

Eine Einigung gegen die arbeitenden und erwerbslosen Menschen!

Die Forderungen der EU-Gegner konnte und wollte Cameron nicht durchsetzen. Aber seine Einigung mit der EU kennt einen klaren Verlierer: Arbeiter/innen und Angestellte, die Erwerbslosen und Migrant/innen der ganzen EU.

* Aufstockungszahlungen für aus EU-Ländern zugewanderte Niedriglöhner darf er zusammenstreichen. Eine klare Spaltung!

* Kindergeld an EU-Migranten, deren Kinder noch in der Heimat leben, darf er zusammenstreichen auf ein den Heimatländern angepasstes Niveau. Zunächst gilt das nur für „Neuanträge“, ab 2020 wird die Regelung auch auf die schon länger im Land lebenden Werktätigen ausgeweitet. Im Klartext: Einkommensminderung mit Ansage! Spaltung in Einheimische und Zugewanderte!

Aber nur für 7 Jahre, wenden Verteidiger ein. 7 Jahre sind lang, und die nächsten Angriffe werden nicht lange auf sich warten lassen.

* Die EU muss GB von einer Entwicklung zu einer „immer engeren Union“ (Art. 1 EU-Vertrag) ausnehmen. Das Land kann zukünftig EU-Vertragsänderungen und ähnliche Maßnahmen ablehnen. Rosinenpicken! Dass „Rosinen“, die ab und zu verbesserte Regelungen für Arbeiter enthalten, verschmäht werden, versteht sich da von selbst.

* Außerdem verpflichtet sich die EU, sich um mehr Wettbewerbsfähigkeit, Handel und Bürokratieabbau zu kümmern. Das bedeutet: Angriffe auf Löhne, Einkommen, soziale Rechte. Das funktioniert wie bei TTIP, CETA, den Assoziierungsabkommen der EU usw.

Kapital ist nicht national. Frau Merkel war hochzufrieden und sagte auch warum: Was Cameron beim Kindergeld aushandelte, können auch die anderen EU-Staaten anwenden! Und die Verbesserungen „für mehr Wettbewerbsfähigkeit, Handel und Bürokratieabbau“ findet sie auch voll OK. Auch die gelten für alle!

Es ist stets zum Schaden der „ganz normalen Menschen“, wenn die EU ihre Krisen „bewältigt“. Was Wunder, dass diese EU des Kapitals und der Monopole immer verhasster wird! Erneut weisen wir darauf hin, dass es im „Lissabon-Vertrag“ eine so genannte „Charta der Grundrechte der EU“ gibt. Sie ist das Papier nicht wert! Was sie über Arbeitnehmerrechte, über Solidarität, über Diskriminierungsverbote sagt, wird in jeder Krise in die Tonne getreten – wie jetzt wieder!

 

Krise keineswegs beendet

Mit dieser „Einigung“ ist die Krise noch nicht vom Tisch. Keiner weiß, wie das Referendum ausgeht! Dramatische Warnungen vor dem „Brexit“ sind zu hören, vor einem Einbruch der britischen Währung und des Wirtschaftswachstums, aber genauso schwer abzuschätzende Schäden für die sowieso kriselnde Euro-Zone. Mit solcher Propaganda setzt man die britischen Wähler unter Druck. Dazu wird offen mit einem Zerfall Großbritanniens gezündelt! Schließlich ist die schottische Unabhängigkeitsbewegung für die EU. Im Falle des „Brexit“ könnte Brüssel – und das heißt ganz wesentlich Deutschland – eine erneute Abstimmung Schottlands über ein EU-freundliches „unabhängiges“ Schottland „fördern“. Im Erfolgsfall wäre das eine massive Schwächung des britischen Imperialismus. Ein Trumpf der EU! Ein Schachzug unter Räubern!

EU-Kommissionspräsident und Merkel-Intimus Jean-Claude Juncker zeigt sich ziemlich überzeugt von der Macht solcher Druckmittel. Vor dem EU-Parlament erklärte er anmaßend: „Wir haben keinen Plan B, wir haben nur einen Plan: Großbritannien bleibt in der Europäischen Union als konstitutives und aktives Mitglied der EU“.

Ein Ja oder Nein im Referendum sollte allein Sache der britischen Bürger sein! Aber Juncker schert das wenig. Die Bürger kamen in seiner Rede nicht vor. Die EU zeigt, was Demokratie für die EU bedeutet: Nichts!

Ausgerechnet in dieser Lage wird nach 2 gescheiterten Anläufen ein dritter Anlauf zur Fusion der Frankfurter mit der Londoner Börse, zweier Riesen der Branche, angekündigt, unter deutscher Führung, aber mit Sitz in London. Ein Schuft, wer Böses dabei denkt!

 

Die Unsicherheit in Großbritannien ist Teil der Krise

EU-Ratspräsident Donald Tusk feierte den neuen „Vertrag“ als „Durchbruch. Cameron seinerseits eilte damit nach London, um vor No. 10, Downingstreet vor laufenden Kameras die Lösung des Konflikts in der EU zu bejubeln und zum Ja zur EU aufzurufen. Unglücklicherweise überzeugte er damit noch nicht einmal alle in seinem Tory-Kabinett. Kaum war dessen Sitzung beendet, begaben sich 6(!) Minister in eine TV-Telefonaktion, um für den „Brexit“ und gegen das EU-Papier zu werben! Auch Camerons Angstgegner unter den Tories, der Londoner Bürgermeister Boris Johnson, schloss sich mit Getöse der Nein-Kampagne an. Das Pro-EU-Lager umfasst neben Teilen der Konservativen, die Labour-Party, die Schottische Unabhängigkeitspartei, viele Unternehmensverbände und auch Gewerkschaften. Die Kräfteverhältnisse sind schwer in Bewegung!

 

Trotz alledem: Für ein britisches Nein zu EU!

Die Gründe liegen aber diametral im Gegensatz zu den Begründungen der Anti-EU-Kampagne: Wie können Gewerkschafter heute zu dieser EU Ja sagen?! Wie schon oft von uns begründet, ist die EU ein Konglomerat sich bekämpfender kapitalistischer und imperialistischer Mächte, das schlichtweg Arbeiter/innenfeindlich und volksfeindlich ist. Sie gefährdet zusammen mit USA und NATO den Weltfrieden. Sollte die Vertragsänderung im Juni das Referendum erfolgreich passieren, wäre diese Entwicklung erneut weiter vorangeschritten.

Es ist das Gerissene an rechten Hetzern, dass sie oft die Wahrheit aufgreifen, um Menschen „abzuholen“ und ihre Gegenwehr gegen die Schwachen zu lenken.

Kommunisten rufen deshalb trotz dieser rechten Hetzer auf: Nein zur EU! Sie konzentrieren sich auf die internationale Zusammenarbeit mit ihren Klassengenoss/innen gegen dieses Monopol- und Kriegsbündnis. Sollte das Nein durchkommen, wird die EU-Krise komplett! Die Werktätigen sollte das nicht schrecken, sie sollten gegen die EU ankämpfen!

„10 Pfund Mindestlohn“ für alle ohne Ausnahme – das ist eine wichtige Kampagne in GB gegen die Politik des Pro-EU-Lagers wie auch des Rechten Anti-EU-Lagers. Sie sollte die Gunst der Stunde nutzen. Motto:

Gegen das Europa der Monopole!