Buchbesprechung: Michel Houellebecq, Unterwerfung

Buchbesprechung: Houellebecq, Unterwerfung

Manchmal muss man sich eben durchbeißen. So jedenfalls erging es mir mit dem Roman „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq, der vor etwas mehr als einem Jahr erschienen ist. Man wundert sich, wenn man es jetzt mit Abstand liest, wie ein so flaches, oftmals abstoßendes Buch auf so viel Resonanz in den Medien stoßen konnte.

Offensichtlich spielt es mit allen Ressentiments und Vorurteilen, die diese Gesellschaft in großer Menge hat – gegenüber Intellektuellen, Linken, Immigranten, Muslimen usw.

Vor allem „die Linken“ werden immer wieder mit den äußerst „anpassungsfähigen“ Sozialdemokraten gleichgesetzt und aus dieser leicht zu besetzenden Position verdammt. Man spürt die Haltung des Autors: Alles, nur nicht links.

Stattdessen wird ein ausgesprochen reaktionäres Gesellschaftsbild entworfen: Frauen sind minderwertig, gehören an den Herd und vor allem ins Bett, wo sie dem Mann willfährig zu Diensten sein müssen.

Positiv anzumerken ist, dass Houellebecq die Leere und Inhaltslosigkeit der bürgerlichen Gesellschaft, die aber auch seine eigene Leere ist, lebendig werden lässt. Da gibt es nichts mehr Erstrebenswertes außer Frauen, Geld und Macht.

An den Haaren herbeigezogen ist die mehr als platte Geschichte des Romans: In Frankreich ergreift in Koalition mit der Sozialistischen Partei von Hollande und den Konservativen der Vorsitzende einer islamistischen Partei die Macht und wird zum Präsidenten gewählt. Gegenspielerin ist nur noch die Front National mit Marine Le Pen. In Frankreich kommt es zu Unruhen, doch die Islamisierung Frankreichs schreitet schnell voran. An der Sorbonne kann man nur noch als Professor arbeiten, wenn man zum Islam konvertiert und sich mit 3 Frauen verheiraten lässt. In Houellebecqs Roman wird deutlich, dass dies der neidvolle und schwülstige Traum aller Spießbürger ist. Es wird so getan, als ob das die reale Welt aller Menschen aus dem türkischen und arabischen Raum wäre. Dabei wird ausgeblendet, dass die Vielehe in der Regel das Privileg der Reichen und der wohlhabenden Mittelschicht ist, die sich Müßiggang im Harem leisten kann. Arbeiterfamilien hingegen können sich solchen zweifelhaften „Luxus“ nicht leisten und sind auf die Zusammenarbeit von Mann und Frau angewiesen, um gemeinsam die Familie unter den Verhältnissen des Kapitalismus durchzubringen. Ebenso wird ausgeblendet, dass die Menschen aus dem arabischen und türkischen Raum keine homogene Gruppe darstellen, sondern höchst verschieden sind. Unter ihnen gibt es sehr, sehr viele Menschen, die sich mit aller Macht gegen die Islamisierung der Gesellschaft wehren und nach Europa gekommen sind bzw. hier bleiben, um dem reaktionären Druck zu entfliehen. Doch fortschrittliche Bewegungen spielen bei Houellebecq keine Rolle. Zum Glück ist die Realität anders.

Die reaktionäre Lebensphilosophie von Houellebecq blitzt in seinem Roman immer wieder auf. So steht auf S.184: „Die Menschheit interessierte mich nicht, sie widerte mich sogar an. Ich betrachte die Menschen keineswegs als meine Brüder…“ Oder auf S.224: „…allein das Wort ‚Humanismus‘ verursachte bei mir ein leichtes Gefühl von Übelkeit…“ Oder auf S.245, wo steht, „ein grundlegender Irrtum“ habe „unausweichlich zum Humanismus und zu den ‚Menschenrechten‘ geführt…“

Ergänzt wird das durch die ekelerregende Haltung gegenüber Frauen. Sie sind für den „Helden“ des Romans nur insoweit von Bedeutung, als sie Löcher besitzen, in die er sein Sexualorgan hineinstopfen kann.

Deutlicher kann die Leere und Perspektivlosigkeit der aktuellen bürgerlichen Ideologie nicht zum Ausdruck gebracht werden. Der Roman ist so ein Schlaglicht, das die Menschenfeindlichkeit des herrschenden Kapitalismus beleuchtet.

Es ist bezeichnend, dass sich Rechte und Nazis begeistert auf diesen Roman gestürzt und ihn als Beleg für ihren rassistischen Hass genutzt haben. Ihre ekelhafte Frauenfeindlichkeit und ihre geistige und kulturelle Leere und Barbarei passen gut mit den armseligen Phantasien von Houellebecq zusammen.

dm