Korrespondenz vom Kongress “Demonstrationsrecht verteidigen” in Düsseldorf (7. Oktober 2017)

Nach den skandalösen politischen, polizeilichen und juristischen Ereignissen in Zusammenhang mit den Protesten gegen den G20-Gipfel gründete sich ein breites Bündnis zur Verteidigung des Demonstrationsrechtes – sein erster Kongress fand am 7. Oktober in der VHS Düsseldorf statt. Es waren mehr als 200 Teilnehmer gekommen – Einzelpersonen und Vertreter zahlreicher Organisationen. Der Kongress fand in einer begeisternden Atmosphäre und zeigte einen eindeutigen Willen aller Beteiligten zum gemeinsamen Kampf.

Schon das Programm zeigte, dass die “Verteidigung des Demonstrationsrechts” nur ein längst überholter Arbeitstitel ist: Auf dem Kongressprogramm standen auch die Themen Streikrecht, Pressefreiheit und Politische Gefangene – schon das zeigt, dass unser Kampf weit über die Verteidigung nur des Demonstrationsrechtes hinausgehen muss und dass das auch durch einen anderen Bündnisnamen zum Ausdruck kommen muss.

Die Referenten, die Teilnehmer der 4 Arbeitsgruppen und die Diskussionsteilnehmer berichteten sehr fundiert über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen in den einzelnen Bereichen und ordneten die Ereignisse meiner Meinung nach auch alle politisch richtig ein – es gab zwischen ihnen keine Widersprüche, obwohl sie aus unterschiedlichen Organisationen kamen. Allen ist klar, dass es um die Verteidigung der demokratischen Rechte geht, die von allen Parteien der bisherigen “Groko” und der geplanten Jamaika-Koalition abgebaut werden.

Erschütternd waren die Berichte von jungen Frauen über das, was ihnen in Hamburg von der Staatsmacht zugefügt wurde: Sie wurden z.B. drei Tage lang in einem extra eingerichteten Sammellager gefangen gehalten, zu mehreren in einer Zelle von ein paar Quadratmetern, bei Dauer-Neonlicht. Sie mussten sich unter Beobachtung völlig entkleiden. Selbst Tampons mussten sie entfernen und bekamen keine neuen. Sie wurden von mehreren Polizistinnen in Handschellen zur Toilette geführt, deren Tür nicht geschlossen werden durfte – na, ich höre jetzt auf, mir kommt noch beim Schreiben die Wut hoch. Nur noch soviel: Eine der jungen Frauen sprach nach ihrer Rückkehr mit einer Nachbarin – die war aufgrund der Medienberichte der Meinung, dass “solche Demonstranten auch eingesperrt gehören”, als sie aber von der Behandlung hörte, war sie entsetzt und empört.

Nach dem Ende des Gipfels wurden die ihrer Freiheit Beraubten nicht etwa freigelassen, sondern sie wurden weiter als angebliche “Gefährder” festgehalten. Warum? Na, ganz einfach: In Hamburg war eine Solidaritätsdemonstration für die Gefangenen angemeldet worden und die Herrschenden sahen die Gefahr, dass sich die Freigelassenen dieser Aktion anschließen könnten… Ich könnte noch viel mehr zitieren, aber nur noch soviel: In der abschließenden Diskussion meldete sich ein evangelischer Dozent der Universität Wuppertal und berichtete als Christ in sehr ergreifenden Worten davon, dass seine letzte Demonstration die im Bonner Hofgarten 1983 gewesen sei – gegen den NATO-Doppelbeschluss. Seitdem habe er an keiner Demonstration mehr teilgenommen, bis, ja, bis zum August diesen Jahres!

Wie weiter? Auf dem Kongress wurde einvernehmlich verabredet, im November diesen Jahres einen bundesweiten, aber dezentralen Aktionstag in möglichst vielen Orten durchzuführen, an dem in vielfältigster Weise und abhängig von den Kräften vor Ort mobilisiert und agiert wird. Außerdem ist für das nächste Jahr eine bundesweite Kundgebung und Demonstration geplant (an einem oder mehreren Orten ähnlich den Groß-Aktionen gegen TTIP und CETA). Es gab unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die Arbeit vor Ort wichtiger sei oder bundesweite Aktionen – das war aber die einzige Differenz und ich sehe da keinen Widerspruch: ich denke, die Arbeit auf beiden Ebenen ist notwendig.