Übersetzung aus La Forge, Zentralorgan der Kommunistischen ‚Arbeiterpartei Frankreichs) PCOF, Dez. 2017
Während die Kriege, die sie in Syrien und im Irak führen, noch nicht beendet sind, während weiterhin die Bomben im Namen des Krieges gegen den IS Städte und ganze Regionen verwüsten, befassen sich die Großmächte schon mit Verhandlungen und politischen, diplomatischen und militärischen Manövern, um ihre Einflusszonen, ihre Allianzen und die Errichtung ihrer Stützpunkte festzulegen.
Die immer stärkeren Spannungen zwischen der in Saudi-Arabien herrschenden Monarchie und den Führern des Iran kommen zu dieser explosiven Lage im Mittleren Orient, auf den sich gegenwärtig die zwischen-imperialistischen Widersprüche konzentrieren, noch hinzu.
Macron versucht, sich dort einzumischen, indem er vor allem an die alten Beziehungen zu einem Teil der libanesischen Führer anknüpft, die Beziehungen zu den Führern der Vereinigten Emirate verstärkt und der saudischen Monarchie seine Dienste anbietet, indem er mit den iranischen Führern „spricht“. Iran ist mit seinen 80 Millionen Einwohnern der größte Markt des Mittleren Orients.
Das ist eine abenteuerliche, gefährliche und einigermaßen anmaßende Politik. Gefährlich, weil sie eine wachsende Verwicklung des französischen Imperialismus in Kriege, Konflikte und Allianzen mit reaktionären Regimes bedeutet. Sie ist abenteuerlich und anmaßend, weil die großen Weltmächte, der US- und der russische Imperialismus, die wahren „Entscheider“ sind und sie die politischen und militärischen Mittel besitzen, um ihre Interessen durchzusetzen.
Russland in der Position der Stärke
„Dank der Bemühungen Russlands, des Iran und der Türkei haben wir den Zerfall Syriens vermeiden können.“ Mit diesen Worten hat Putin Erdogan und Rohani in Sotschi empfangen, um die „Zukunft Syriens“ zu diskutieren. Ohne Baschar Al Assad, den er am 20. November zu sich rief und der eine der Spielkarten Putins ist, ohne dass er sich dazu herablässt, ihn bis zum Schluss zu verteidigen. Aber eine Tatsache ist allen klar: die Hilfe Russlands, des Iran und seiner Verbündeten haben den bewaffneten Kräften des Assad-Regimes gestattet, sich an der Macht zu halten. Weder der IS, noch die verschiedenen bewaffneten Gruppen von Dschihadisten, noch die von den Westmächten unterstützten bewaffneten Gruppen waren in der Lage, dieses Regime zu stürzen.
Letzteres, geschwächt und gespalten, hat weder die Basis seiner Unterstützung erweitert noch gezeigt, dass es fähig wäre, eine Legitimität unter einem von Jahren des Krieges gequälten Volk, das in einem zerstörten, mehr denn je gespaltenen Land lebt und wovon ein großer Teil der lebendigen Kräfte geflohen ist, zu erlangen.
Offiziell besteht das Vorhaben Putins darin, einen „Kongress des nationalen syrischen Dialogs“ mit Teilen der Opposition und der Kräfte, die vom Regime unterstützt werden abzuhalten; ein Kongress, der eine neue Verfassung ausarbeiten und Wahlen unter der Aufsicht der UNO abhalten soll. Wenngleich die Idee weder von den Führern Irans noch von Erdogan abgelehnt wurde, so sind doch die Meinungsunterschiede darüber, wer zu dem Dialog geladen werden soll, sehr tief. In der Tat will Erdogan nichts von einer eventuellen Teilnahme der kurdischen Kräfte der PDY, welche innerhalb der „demokratischen Kräfte Syriens“ den wesentlichen Beitrag zu den militärischen Aktionen gegen die Kräfte des IS geleistet haben. Sie wurden von der internationalen, von den USA geführten, Koalition unterstützt und mit Waffen versorgt. Es sind die Kräfte, die Rakka „erobert“ haben, eine Stadt, von der unter dem Bombardement aus der Luft und zu Land, das eine nicht zu schätzende Zahl von zivilen Opfern forderte, nur noch ein riesiges Ruinenfeld übrig geblieben ist. Aber da es sich um das Hauptquartier des IS gehandelt hat, war alles erlaubt und man hörte politisch Verantwortliche in Frankreich, sich zu diesem Ergebnis beglückwünschen, ohne auch nur an die zivilen Opfer zu denken.
Wenn Putin die führenden Männer zweier Staaten eingeladen hat, die militärisch in Syrien engagiert sind, dann aus mehreren Gründen:
– Um den imperialistischen Mächten zu zeigen, dass der „Sieg“ über den IS vor allem das Ergebnis des militärischen Engagements auf dem Gebiet dieser drei Mächte ist und dass keine Lösung für Syrien ohne ihre Beteiligung gefunden werden kann;
– Um mit dem Iran und der Türkei einen Gegenpol zum US-Imperialismus und seinen Verbündeten zu schaffen. In diesem Rahmen versucht Putin Erdogan immer stärker in eine Art faktische politische Allianz hinein zu ziehen, was immer offenere Spannungen zwischen der Türkei, die NATO-Mitglied ist, und den anderen Mitgliedern dieser Militärallianz, die vom US-Imperialismus geführt wird, hervorruft;
– Um zu demonstrieren, dass Russland in dieser Region durch seine Militärbasen und durch die Lufthoheit, die es erringen konnte, dauerhaft präsent ist. Es hat auch seine Fähigkeit demonstriert, unter Einsatz von Waffensystemen, insbesondere Raketen und elektronischen Störsendern, welche die Funktion „feindlicher“ Flugzeuge und Raketen stören, „Verbotszonen“ einzurichten. Russland hat gezeigt, dass es Techniken beherrscht, die mit denen der USA konkurrieren können, insbesondere auf dem Gebiet der mit Hilfe von Satelliten, Schiffen und erdgebundenen Relaisstationen gesteuerten Raketen.
Wenngleich der Syrienkrieg die Stärkung der Verbindungen zwischen Russland und dem Iran hervorgerufen hat, hält das Putin nicht davon ab, sich Saudi-Arabien, einem potentiellen Käufer seiner Waffen, und Israel, das mit der saudischen Monarchie und den USA die Gegnerschaft zum Iran gemein hat, anzunähern. Er versucht, sich alle Widersprüche und Divergenzen unter diesen Protagonisten zu Nutze zu machen, um seine eigene Stellung im Mittleren Orient zu stärken. Das ist weder eine Friedenspolitik noch eine Politik im Dienst der Völker, das ist eine imperialistische Politik.
Das sollte den kurdischen Führern Syriens zu Denken geben.
Ein Verantwortlicher der PYD, die von den westlichen Mächten, besonders den USA, Großbritannien, Frankreich etc…unterstützt worden ist, fasste die Lage wie folgt zusammen: „die Amerikaner haben nur eine militärische Strategie, keine politische Vision, die Russen verfolgen ein Projekt“. Das bringt die Führer der PYD dazu, die Unterstützung Putins zu suchen, den sie als effektiver erachten als Trump bei ihrem Vorhaben, eine autonome, wenn nicht sogar unabhängige Einheit in Syrien zu errichten. Das ist ein riskantes Kalkül, denn die historische Erfahrung zeigt, dass man den imperialistischen Mächten misstrauen muss, wenn sie vorgeben, die Bestrebungen der Völker zu unterstützen, insbesondere wenn es um ihr Recht auf Selbstbestimmung geht. Sie verteidigen immer nur ihre eigenen Interessen.
Übersetzung aus La Forge, Zentralorgan der Kommunistischen ‚Arbeiterpartei Frankreichs) PCOF, Dez. 2017