Diskussion über die Gewerkschaftsbewegung zum 1.Mai: Teile und herrsche!

Teile und herrsche!“ diesen Grundsatz hatten schon die Sklavenhalter und Caesaren im alten Rom. Und es funktionierte auch lange Zeit. Bis die Unterdrückten aufstanden und das Römische Reich zu Fall brachten.

Auch heute nützen die Kapitalisten und ihre Helfer in den Regierungen vorhandene – und künstlich hochgepuschte – Widersprüche in der Arbeiterklasse, um diese zu spalten und damit ihre Herrschaft über die Gesellschaft zu verlängern.

Da ist schon einmal der Unterschied von Frau und Mann. In praktisch allen Klassengesellschaften waren und sind die Männer privilegiert. In der bürgerlichen Gesellschaft spielt der Mann die Rolle des „Ernährers“, während die Frau für Haushalt und Kindererziehung zuständig ist. Und das war zunächst einmal in allen Klassen der bürgerlichen Gesellschaft so. Frauen waren bis ins 20. Jahrhundert von den politischen Rechten, z.B. dem Wahlrecht, ausgeschlossen. 1869 führte als erster moderner Staat der US-Staat Wyoming das Frauenwahlrecht ein, erst im 20. Jahrhundert folgten eine Reihe europäischer Staaten, darunter des Deutsche Reich 1918 im Zuge der Novemberrevolution. Dennoch sind Frauen sozial nicht gleichberechtigt. Nach dem 2. Weltkrieg entstanden in der Bundesrepublik die sogenannten Leichtlohngruppen, die insbesondere durch Frauen besetzt waren und deutlich schlechter bezahlt wurden. Der Widerstand gegen niedrigere Vergütungen speziell für Frauen wurde in den 60er und 70er-Jahren unter dem Stichwort „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ geführt. Trotzdem erreichten Frauen 1997 im Durchschnitt nur 75,8 % des durchschnittlichen Jahresbruttoeinkommens der Männer (IAB-Beschäftigtenstichprobe). Wenn auch die Frauen in der gleichen Entgeltgruppe gleiche Bezahlung bekommen, ist es doch noch häufig so, dass Frauen der Zugang zu besser bezahlten Stellen erschwert ist.

Dennoch stehen Arbeiterinnen und Arbeiter im Kampf um höhere Löhne und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen, gegen Stellenabbau und Sozialabbau Seite an Seite.

Auch zwischen Jung und Alt versuchen die Unternehmer einen Keil zu treiben. Angeblich ist es die Schuld der Alten, die angeblich zu früh in Rente gehen und deren Rente zu hoch sei (bei steigender Altersarmut!), die mit ihren Gebrechen zu hohe Krankenkosten verursachten, dass die Sozialbeiträge der Jüngeren so hoch seien. In Wirklichkeit sind aber den Unternehmen ihre Sozialbeiträge zu hoch und deshalb versuchen sie, einen immer größeren Anteil an den Beiträgen den Beschäftigten aufzudrücken. Das ist ihnen im Fall der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung mit Hilfe etwa des damaligen Gesundheitsministers Horst Seehofer auch gelungen. Der frühere JU-Vorsitzende Mißfelder äußerte sich 2003 zur Verbesserung der finanziellen Basis des Gesundheitssystems: „Ich halte nichts davon, wenn 85-Jährige noch künstliche Hüftgelenke auf Kosten der Solidargemeinschaft bekommen.“ Früher seien die Leute schließlich auch auf Krücken gelaufen. Ständige Rentenanpassungen nach unten und Privatisierung der Altersvorsorge – Stichwort: Riesterrente – gehen in die gleiche Richtung.

In Wirklichkeit ist es doch so: Jede Verbesserung bei Löhnen und Gehältern kommt auch den Renten zugute. Auch die Jungen werden einmal alt und brauchen eine angemessene Alters- und Gesundheitsversorgung. Jung und Alt sitzen so in einem Boot und dürfen sich nicht auseinanderdividieren lassen.

Betrachten wir die moderne Industrie – oft auch schon „Industrie 4.0“ genannt. Hier ist es so, dass aufgrund der Arbeitsgesetze (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz- AÜG) den Unternehmen alle Möglichkeiten offenstehen, Leiharbeiter einzustellen. In der Regel werden die Leiharbeiter schlechter bezahlt, da für sie in den Verleihfirmen andere tarifliche Regelungen bestehen als in den Entleihfirmen. Auch der DGB hat dabei mitgewirkt. Es gibt zwei verschiedene Tarifverträge für die Leiharbeitsbranche: Zwischen dem Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und den DGB-Gewerkschaften und zwischen dem Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V. (iGZ) und den DGB-Gewerkschaften. Die Tarifverträge für Leiharbeiter sehen sehr kurze Kündigungsfristen vor: Während der ersten zwei Wochen des Beschäftigungsverhältnisses kann die Kündigungsfrist arbeitsvertraglich zwischen Arbeitgeber und Leiharbeitnehmer auf einen Tag verkürzt werden. Danach kann das Arbeitsverhältnis in den ersten drei Monaten der Probezeit mit einer Frist von einer Woche gekündigt werden. (BZA-Tarifvertrag)

Weit verbreitet ist es in der Bauwirtschaft und der Logistikbranche, aber zum Beispiel auch in der Landwirtschaft, Subunternehmen mit Dienst- oder Werkverträgen für sich arbeiten zu lassen. Insbesondere die EU und die so genannte Dienstleistungsfreiheit ermöglichte es deutschen Unternehmen, ihre Lohnkosten zu drücken. So vergrößerte sich durch die am 1. Mai 2004 in Kraft getretene EU-Osterweiterung der Geltungsbereich der Dienstleistungsfreiheit um zehn Beitrittsländer. Hiermit eröffnete sich auch Branchen außerhalb des Bausektors die Möglichkeit, zwischenstaatliche Unterschiede im Lohnniveau durch die Vergabe von Werkverträgen auszunutzen.

Durch all diese Umstände werden die Belegschaften enorm gespalten in eine Stammbelegschaft, die oft besser und tariflich bezahlt wird und auch einen relativen Schutz vor Kündigung genießt, Leiharbeiter und befristet Beschäftigte, die keine dauerhafte Beschäftigung haben und Beschäftigte von Subunternehmen, die meistens schlechter bezahlt werden und deren Arbeitgeber oft noch nicht einmal tarifgebunden ist.

Objektiv werden diese Kolleginnen und Kollegen vom gleichen Kapital ausgebeutet und können sich am besten wehren, wenn sie gemeinsam kämpfen.

Einer der derzeit am meisten hervorgehobenen Widersprüche ist der zwischen deutschen und ausländischen Arbeitern, angefacht von nationalistischen und faschistischen Kräften. Es wird argumentiert, dass „die Ausländer“ den deutschen Arbeitern die Arbeitsplätze wegnehmen würden. Gemeinsam mit ihren Ausbeutern sollen die deutschen Arbeiter für ihre „Nation“ – gegen die anderen kämpfen. Aber wir haben in der Vergangenheit Seite an Seite mit ausländischen Kollegen für mehr Lohn, für Arbeitszeitverkürzung, gegen Personalabbau und und Betriebsschließungen gekämpft. Wer für die Ausgrenzung der ausländischen Kolleginnen und Kollegen ist, der schwächt sich selbst. Bert Brecht im Solidaritätslied: „Unsere Herrn, wer sie auch seien, sähen unsre Zwietracht gern, denn solang‘ sie uns entzweien, bleiben sie ja unsre Herr!“ und „Vorwärts, und nicht vergessen, worin unsre Stärke besteht, beim Hungern und beim Essen, vorwärts und nicht vergessen, die Solidarität!“

S.N.