Eine türkische Wähler-Liste ungeklärter Herkunft mit tausenden Namen österreichischer Staatsbürger türkischer Herkunft soll der halbfaschistischen Regierungspartei FPÖ „zugespielt“ worden sein. Das müssten, so die FPÖ, ja Menschen mit doppelter (österreichischer und türkischer) Staatsbürgerschaft sein, was außer in wenigen Ausnahmen illegal sei. Die Liste dient österreichischen Behörden jetzt zur Jagd auf die betroffenen, ausdrücklich mit dem Ziel, ihnen die österreichische Staatsbürgerschaft wieder wegzunehmen. Dies ist in einigen Fällen bereits erfolgt, auch Verwaltungsgerichte hätten solche Entscheidungen bereits als rechtmäßig bestätigt.
Davon ermutigt laufen die von Rechts geführten Staatsinstitutionen zu Hochform auf.
Die Wiener Einbürgerungsbehörde hat Personal aufgestockt, 26 Beschäftigte widmen sich allein 18000 Prüfverfahren aufgrund dieser Liste. In vier Fällen kam es bereits zu einer Aberkennung. Österreichweit sollen es laut „Der Standard“ schon mehr als 30 Aberkennungen, laut „Austria Presse Agentur“ gar 70 Bescheide sein. Quelle: https://derstandard.at/2000084929631/Umstrittene-Liste-bringt-Austrotuerken-schlaflose-Naechte
Auch Vorarlbergs rechter Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) will laut „Standard“ bei Doppelstaatsbürgerschaften „hart durchgreifen“. Offene Verfahren würden jetzt „konsequent durchgezogen“, tönte Wallner. Auf Grund positiver Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts (LVwG) „bestehe nun Rechtsklarheit für ein weiteres Vorgehen der Behörden!“. Insgesamt sollen in Vorarlberg 37 Feststellungsverfahren offen sein, das LVwG bearbeite derzeit bereits fünf Einsprüche gegen Aufhebung der österreichischen Staatsbürgerschaft, so ein Sprecher. – Quelle: https://derstandard.at/2000084952594/Doppelstaatsbuergerschaften-Vorarlberger-Verwaltungsgericht-bestaetigte-erstmals-Aufhebung
Solidarität!
Das alles kann Arbeiterinnen, Arbeitern und Angestellten; das kann der Arbeiterklasse nicht gleichgültig sein! Viele Betroffene sind schlicht und einfach Kolleginnen oder Kollegen. Menschen, die neben mir in Fabrik, Werkstatt und Büro arbeiten. Sogar ihre Existenz ist bedroht. Das kann nicht hingenommen werden, weder von inländischen Kollegen, von den Gewerkschaften noch von Antifaschist/innen: Hier sind Hilfe und Solidarität gefragt: „Wer im Stich lässt seinesgleichen, lässt ja nur sich selbst im Stich!“ (B. Brecht).
Klar, dass sich unter den türkischstämmigen Mitbürger/innen nun Angst ausbreitet. Aber das ist den Rechten in Regierung und Behörden gerade recht. Sie wissen genau – auch weil die demokratische Kritik es ihnen öffentlich vorhält: die Wegnahme der österreichischen Staatsbürgerschaft kann Existenzen vernichten! Sie werde laut „Standard“ rückwirkend aberkannt. Alle Verträge, die die Staatsbürgerschaft zur Voraussetzung haben, könnten rückwirkend nichtig werden. Das kann Grundstückskäufe genauso betreffen wie den Bezug bestimmter Förderleistungen.
Besonders massiv seien die Folgen im Aufenthalts- und Arbeitsrecht: Viele Betroffene leben zwar schon zu lange in Österreich, um einfach abgeschoben werden zu können. Sie müssten aber erst einen neuen Aufenthaltstitel, den sogenannten humanitären Aufenthalt, beantragen. Und das kann dauern. Die Betroffenen verlieren während dieser Zeit aber ihre Arbeitsgenehmigung, ihnen drohen Job- und ihr Einkommensverlust, die Erwerbslosigkeit mit allen Gefahren für „Nicht-(mehr)-Staatsbürger“! Selbst der fast rechtlose internationale Paria-Status der „Staatenlosigkeit“ könnte drohen, und zwar denjenigen, die inzwischen diskret ihre türkische Staatsbürgerschaft zurückgaben. Das ändere aber nichts mehr an der angeblichen Rechtswidrigkeit der österreichischen Einbürgerung. Keine türkische, keine österreichische, gar keine Staatsbürgerschaft mehr!
Vorbild für Seehofer?
Rechte und Faschisten störte es erwiesenermaßen noch nie, dass ihre Hatz an die Existenz der Betroffenen gehen kann! Im Gegenteil: Da kommt erst richtig Stimmung auf: Wie grölten doch vor ein paar Tagen die deutschen Freunde bei Pegida in Dresden, als über die Ertrinkenden im Mittelmeer gehetzt wurde? „Absaufen, absaufen!“ Nichts schöneres gibt’s für die, als auf wehrlos gemachten Menschen herumzutrampeln!
Das Vorgehen der österreichischen Behörden dürfte nicht nur die AfD, sondern in der Bundesregierung auch direkt die Herren Seehofer und Scheuer, außerdem natürlich Dobrindt, Söder (allesamt CSU) und ihre Spießgesellen zu neuer Hetze, zu noch wilderen Forderungen und Taten ermuntern! Sie alle sind bekanntlich dicke Freund mit dem österreichischen Kanzler Kurz (ÖVP/Liste Kurz), seinem Innenminister Strache (FPÖ) und dem ungarischen Regierungschef Orban (FIDES), der bekanntlich Flüchtlingshilfe unter Strafe stellen lässt.
In Österreich wie auch in Deutschland:
Doppelte Staatsbürgerschaft ist eine demokratische Forderung, kein Verbrechen!
Für die Herrschenden übrigens gilt auch hier schon immer zweierlei Maß: Arbeitsmigrant/innen und Geflüchteten lastet man sie als Betrug, als Verbrechen an, reiche Promis aller Arten und Sorten wedeln stets und ständig mit mehreren Pässen herum – ohne jede nachteilige Folge!
Doppelte Staatsbürgerschaft ist keine Bevorzugung von Migrant/innen, sondern ein notwendiges Schutzrecht, um deren legitimen Rechte im Herkunftsland zu wahren. Dieses Problem haben „Inländer“ einfach nicht.
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