Kapitalistischer Konkurrenzkampf und Corona

In einer Situation, in der sich die Spannungen zwischen den Großmächten ständig verschärfen, ist auch die Corona-Pandemie und ihre Bewältigung Bestandteil des weltumspannenden Konkurrenzkampfes, der so charakteristisch für das kapitalistische System ist.

Nachdem es bereits Mitte 2019 erste Anzeichen einer weltweiten Überproduktionskrise gab (Ölpreis sank, Autos standen weltweit auf Halde, Maschinenbau ging langsam zurück), hat Corona dies radikal verschärft.

In allen Ländern haben die Regierungen versucht, mit möglichst wenig Schaden für das Kapital durch die doppelte Krise zu kommen. Dabei wurden unterschiedliche Taktiken angewendet – von liberal wie in Schweden bis hin zu drakonisch hart wie in China..

In China wurden sehr harte regionale Maßnahmen ergriffen, aber der Ausbruch nach anfänglichem Verschweigen und Vertuschen eingegrenzt und, so weit man weiß, weitgehend unter Kontrolle gebracht.

In Deutschland wurde wenig bis nichts zur Vorbereitung gemacht. Der Bankkaufmann und Gesundheitsminister Jens Spahn tat so, als sei China weit weg und alles in Butter. Vorsorge? Gab es keine! Selbst einfachste Schutzausrüstung wie Masken und Schutzkleidung für die Kliniken und Pflegeheime fehlten. Als dann die Pandemie in Deutschland ankam, wurden hektisch harte Maßnahmen vorgenommen, die aber ständig geändert wurden. Wurstelei! Trotzdem kam Deutschland in Europa bis jetzt relativ gut durch die Krise und hat so seine beherrschende Position in der EU stärken können. Mit Genugtuung schauen die Herrschenden in Deutschland auf ihre Klassenbrüder und -schwestern in Frankreich, Italien usw. herab. Die haben aus Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Stärke noch später reagiert, was letztlich aber noch härtere Maßnahmen erforderlich machte, die Wirtschaft noch stärker schädigte. Zudem ist in diesen Ländern das Gesundheitswesen noch weitgehender als in Deutschland kaputt gespart worden, was ebenfalls zu einer deutlich größeren Schädigung der kapitalistischen Wirtschaft geführt hat.

Auch in Beziehung zu Großbritannien hat die Überproduktionskrise in Kombination mit Corona zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse geführt. Wollte das britische Kapital im Verein mit dem US-amerikanischen durch den Brexit die EU schwächen, so hat sich mittlerweile der Spieß umgedreht. Mit kaum unterdrückter Häme wird in der bürgerlichen Presse berichtet, wie Boris Johnson mit seiner Leugnung der Corona-Krise und seinem chaotischen Agieren regelrecht Schiffbruch erlitten und den britischen Imperialismus in Relation zur EU geschwächt hat.

Auch auf internationaler Bühne geht in der kombinierten Überproduktions- und Coronakrise der Konkurrenzkampf unvermindert, ja verschärft weiter.

Die USA unter Trump versuchten, unter Leugnung der Corona-Gefahr ihre Ökonomie am Laufen zu halten und ihre Position als Weltmacht zu stärken. Doch das Gegenteil ist der Fall. Durch die chaotische, inkonsequente Politik ist der Schaden deutlich größer. Beispielsweise Frackingöl-Konzerne, die ein Rückgrat der aggressiven Eroberung von Märkten waren, gehen reihenweise wegen des dramatisch gefallenen Ölpreises kaputt. Die Staatsverschuldung erreicht unglaubliche Höhen, während die Ökonomie auf Talfahrt geht.

Treffend betitelte die Stuttgarter Zeitung (StZ) einen Kommentar auf ihrer Wirtschaftsseite vom 20.10.20: „USA humpelt, China punktet“. Sie berichten, dass die chinesische Ökonomie im dritten Quartal 2020 bereits wieder um 4,9% gewachsen ist und damit Vorkrisenniveau erreicht hat. Im Vergleich dazu sind alle Konkurrenten (USA, EU mit Deutschland, Russland) noch tief in der Krise.

Die StZ schlussfolgert aus dieser Machtverschiebung: „Für die Europäer muss klar sein: Von jenseits des Atlantiks haben sie in der sich wieder zuspitzenden Krise keine Hilfe zu erwarten. Die Angelsachsen sind, wenn man den Brexit hinzunimmt, ein Klotz am Bein.“ Daran würde sich auch bei einem Wahlsieg von Joe Biden nicht viel ändern! Denn, so die StZ weiter: „Die Vereinigten Staaten humpeln geschwächt in den Corona-Winter, während China Normalität zelebriert. Ein Menetekel.“

Verbindet man diesen nur scheinbar „friedlich“ ablaufenden Wirtschaftskrieg (!) mit den real stattfindenden regionalen Kriegen, die die großen imperialistischen Mächte über Stellvertreter führen wie in Syrien, Berg-Karabach, Jemen, Libyen, Mali usw., dann wird sehr deutlich, wie brandgefährlich sich der Konkurrenzkampf zwischen den Großmächten zugespitzt hat. Die Welt brennt bereits in vielen Gegenden, und die imperialischen Mächte, darunter auch Deutschland, löschen mit Benzin: Für Milliarden werden Waffen, ganze Waffensysteme, „Berater,“ „Ausbilder“, Hilfstruppen, Geheimdienstler in die Krisenherde geschafft. Sie tragen gewiss nicht zur Befriedung bei, wie alle bekannten Tatsachen belegen.

Und natürlich zahlen in allen Ländern die Arbeiterklasse und das Volk die Kosten sowohl des „friedlichen“ ökonomischen Krieges als auch der bereits vielen „kleinen“ Kriege. Da tobt ein wilder Kampf um Vorherrschaft, um bessere Positionen im Ringen um Macht und Einfluss. Er führt überall zu einer rasanten Staatsverschuldung, zu massivem Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und ebenso zu einem fortschreitenden Abbau demokratischer Rechte. Dazu ist die Corona-Pandemie natürlich ein willkommener Vorwand, der in der ganzen Welt eifrig genutzt wird. So wird auch verständlich, warum der Löwenanteil der „Corona-Hilfen“ an die Großkonzerne geht. Sie erhalten vom Staat Munition für ihren Wirtschaftskrieg.

Für die Arbeiterklasse und das Volk bedeutet das Entlassungen und Umstrukturierungen, Werksverlagerungen und Betriebsschließungen, wohin man blickt. So kann und soll das Kapital noch schlagkräftiger diesen Kampf führen. Beispiel Deutschland: Hier wurde in dem halben Jahr seit der ersten Corona-Infektionswelle nichts getan, um das Gesundheitswesen zu verbessern. Im Gegenteil! Personaluntergrenzen wurden aufgehoben, sodass in den Kliniken mit noch weniger Personal gearbeitet werden kann. Geplante Klinikschließungen werden aus „Kosten-“, also Profitgründen rücksichtslos weitergetrieben. Die sowieso magere „Belohnung“ der Corona-Helden von 1500 Euro ist für das Krankenhauspersonal gestrichen worden. Dafür sollen sie jetzt mit einer Nullrunde bei den Tarifverhandlungen „belohnt“ werden. Das ist die Normalität des Kapitalismus!

Welch ein menschenfeindliches dieses System! Für den Kampf um Macht und Höchstprofite wird alles andere beiseite geschoben. Hauptsache, Dollar, Euro, Rubel oder Yuan rollen!

Damit wird klar und deutlich, dass Verschwörungstheorien gerade diesen Kampf des Kapitals verschleiern und vertuschen. Sie lenken ab. Eine zentral von dunklen Mächten geleitete Corona-Verschwörung? Welche Großmacht würde sich freiwillig angesichts des scharfen Konkurrenzkampfes ohne reale Notwendigkeit selbst schwächen?

Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, dann müssen wir das System des Kapitalismus und Imperialismus beseitigen! Denn mit diesem System gibt es trotz immer weiterer Entwicklung der Technik und immer besseren Voraussetzungen für ein gutes Leben für alle das Gegenteil: Kriegsgefahr, Konkurrenzkampf auf dem Rücken der arbeitenden Menschen mit Sozialabbau, Arbeitslosigkeit, Umweltzerstörung usw. Deshalb:

Alle gemeinsam gegen das Kapital!