150. Jahrestag der Pariser Kommune


Zum Gedenken an die Pariser Kommune findet am 17.3.21 um 20 Uhr ein Zoom-Meeting statt. Für die Teilnahme meldet Euch bitte an.

Der Kommune voraus ging der imperialistische deutsch-französische Krieg von 1870-71. Das kaiserliche Frankreich und die Allianz um den preußischen König kämpften um die Vorherrschaft auf dem europäischen Kontinent. Bluten und hungern mussten dafür die Arbeiter und ihre Familien.

Als am 1. September die französische Armee bei Sedan geschlagen wurde, kapitulierte die kaiserliche Armee. Der Kaiser wurde gefangen genommen.

Die Massen in Paris waren darüber empört und stürmten am 4. September 1870 die Deputiertenkammer. In ihrer Angst vor dem Volk setzte die herrschende Klasse eine „Regierung der nationalen Verteidigung“ ein, an deren Spitze Adolphe Thiers stand. Auf Druck der Massen wurden Bataillone der Nationalgarde aus Arbeitern gebildet, um Paris gegen die reaktionären Preußen zu verteidigen.

Paris aber war nicht zu verteidigen, ohne seine Arbeiterklasse zu bewaffnen, sie in eine brauchbare Kriegsmacht zu verwandeln und ihre Reihen durch den Krieg selbst einzuschulen. Aber Paris in Waffen, das war die Revolution in Waffen. Ein Sieg von Paris über den preußischen Angreifer wäre ein Sieg gewesen des französischen Arbeiters über den französischen Kapitalisten und seine Staatsparasiten. In diesem Zwiespalt zwischen nationaler Pflicht und Klasseninteresse zauderte die Regierung der nationalen Verteidigung keinen Augenblick sie verwandelte sich in eine Regierung des nationalen Verrats.“ (Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, MEW Bd. 17, S.319)

Thiers und sein Anhang verständigten sich heimlich mit den Preußen, denn auch diese hatten Angst vor einem Aufstand. Die deutsche Armee belagerte Paris, während die herrschende Klasse sich frei bewegen konnte. Thiers reiste an den europäischen Adelshöfen herum, um Unterstützung zu erhalten. Währenddessen hungerten die Menschen in Paris. Am 28.1.71 wurde offiziell ein Waffenstillstand geschlossen. Dabei erlaubte die preußische Besatzungsmacht Wahlen zu einer bürgerlichen Nationalversammlung, um eine sich anbahnende Revolution zu ersticken.

Aus den Nationalgarden hatte sich ein Zentralkomitee gebildet, dass zunehmend soziale Forderungen stellte und die Macht der herrschenden Bourgeoisie nicht mehr anerkannte. Immer wieder kam es zu Aufständen der Arbeiterinnen und Arbeiter von Paris.

Für 3 Tage besetzten deutsche Truppen am 1. März 71 einen kleinen Teil von Paris, zogen sich aber angesichts des brodelnden Vulkans in der Arbeiterklasse und im Volk rasch wieder zurück. Aus Angst vor einer Revolution wurde die Nationalgarde nicht entwaffnet, während die reguläre Armee ihre Waffen abgeben musste. Die bürgerliche Regierung verlegte eilends ihren Sitz nach Versailles.


Die Kanonen der Kommune; wikipedia gemeinfrei

Am Morgen des 18. März 1871 versuchte die Thiers-Regierung, die Kanonen der Nationalgarde zu stehlen, um so die Arbeiterklasse zu entwaffnen. Das misslang vor allem, weil die Frauen der Kommune wie die Löwinnen kämpften. Einige banden sich vor die Kanonenrohre. Andere griffen die diebischen Militärs an. Teile der eingesetzten bürgerlichen Truppen liefen zu den Revolutionären über. General Claude Lecomte, der den Raub leitete, und der ehemalige Kommandeur der Nationalgarde, Jacques Léon Clément-Thomas, wurden gefangen genommen und am gleichen Tag wegen Verrats erschossen. Nur 300 der 300.000 Nationalgardisten hatten sich diesem Putsch angeschlossen.

Die entschlossensten Kämpfer verlangten nun den sofortigen Marsch auf Versailles. Leider wurden sie nicht gehört.

Aber am 18. März 1871 übernahm das Zentralkomitee der Nationalgarde die Macht in Paris und organisierte Wahlen zur Commune, bei der die revolutionären Kräfte eine große Mehrheit hinter sich brachten.

Vom 18. März bis zum Eindringen der Versailler Truppen in Paris blieb die proletarische Revolution so rein von allen den Gewalttaten, von denen die Revolutionen und noch mehr die Kontrerevolutionen der „höhern Klassen“ strotzen…“ (Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, MEW Bd. 17, S.331)

Am Morgen des 18. März 1871 wurde Paris geweckt durch den Donnerruf: „Es lebe die Kommune!“ Was ist die Kommune, diese Sphinx, die den Bourgeoisverstand auf so harte Proben setzt?

‚Die Proletarier von Paris‘, sagte das Zentralkomitee in seinem Manifest vom 18. März, „inmitten der Niederlagen und des Verrats der herrschenden Klassen, haben begriffen, daß die Stunde geschlagen hat, wo sie die Lage retten müssen, dadurch, daß |336| sie die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten in ihre eignen Hände nehmen … Sie haben begriffen, daß es ihre höchste Pflicht und ihr absolutes Recht ist, sich zu Herren ihrer eignen Geschicke zu machen und die Regierungsgewalt zu ergreifen.‘

Aber die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eignen Zwecke in Bewegung setzen.“ (Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, MEW Bd. 17, S.335)

Die Kommune musste also mit den alten Methoden, dem alten Machtapparat brechen und etwas Neues schaffen. Und sie tat dies.

Das erste Dekret der Kommune war daher die Unterdrückung des stehenden Heeres und seine Ersetzung durch das bewaffnete Volk.

Die Kommune bildete sich aus den durch allgemeines Stimmrecht in den verschiedenen Bezirken von Paris gewählten Stadträten. Sie waren verantwortlich und jederzeit absetzbar. Ihre Mehrzahl bestand selbstredend aus Arbeitern oder anerkannten Vertretern der Arbeiterklasse. Die Kommune sollte nicht eine parlamentarische, sondern eine arbeitende Körperschaft sein, vollziehend und gesetzgebend zu gleicher Zeit….Von den Mitgliedern der Kommune an abwärts, mußte der öffentliche Dienst für Arbeiterlohn besorgt werden.“ (Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, MEW Bd. 17, S.338-9)

Alle Beamten wurden gewählt, waren verantwortlich und absetzbar. Auch Abgeordnete waren jederzeit absetzbar und mussten die Beschlüsse ihrer Wähler ausführen. Karl Marx dazu:

Statt einmal in drei oder sechs Jahren zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament ver- und zertreten soll, sollte das allgemeine Stimmrecht dem in Kommunen konstituierten Volk dienen, wie das individuelle Stimmrecht jedem andern Arbeitgeber dazu dient, Arbeiter, Aufseher und Buchhalter in seinem Geschäft auszusuchen.“ (Karl Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, MEW Bd. 17, S.340)

Die Commune ergriff umgehend soziale Maßnahmen:

Verbot der Nachtarbeit für Bäckergesellen; Verbot von Strafabzügen vom Lohn; Übernahme aller geschlossenen Werkstätten und Fabriken durch Arbeitergenossenschaften. Leere und verlassene Häuser wurden beschlagnahmt, die Mieten eingefroren und aufgelaufene Mietschulden abgeschrieben.

Religiöse und staatliche Angelegenheiten wurden getrennt, und die Grundlagen eines säkularen Staates begannen sich zu bilden; säkulare und kostenlose Bildung wurde für alle Jungen und Mädchen zur Pflicht gemacht.

Eine politische Amnestie wurde ausgerufen und alle Einschränkungen der Meinungsfreiheit wurden aufgehoben. Die Gemeinden erhielten volle Autonomie.

Frauen waren politisch sehr aktiv. Sie waren, da viele Männer noch in Kriegsgefangenschaft waren, oft die treibende Kraft in der Pariser Commune. Ohne sie wäre die Revolution kaum möglich gewesen.

Marx und Engels analysierten die Pariser Commune und kamen zu dem Schluss, dass diese die erste, noch unvollständige Form der Diktatur des Proletariats sei. „Der deutsche Philister ist neuerdings wieder in heilsamen Schrecken geraten bei dem Wort: Diktatur des Proletariats. Nun gut, ihr Herren, wollt ihr wissen, wie diese Diktatur aussieht? Seht euch die Pariser Kommune an. Das war die Diktatur des Proletariats.“ (Friedrich Engels, Einleitung zu „Der Bürgerkrieg in Frankreich“ von Karl Marx, MEW, Bd.22, S.199). Und sie kamen zu der Schlussfolgerung, dass die Arbeiterklasse für eine gewisse Zeit die politische Macht in ihren Händen halten müsse, um eine Wiederergreifung der Macht durch die gestürzte Ausbeuterklasse zu verhindern und den vollständigen Umbau der Gesellschaft bis hin zum Kommunismus zu ermöglichen.

Leider machte die Pariser Commune von dieser Macht nur unzureichend Gebrauch – und scheiterte dadurch.

So unterließ sie den Sturm auf Versailles, als das noch möglich war. Sie ließen die Bank von Frankreich unangetastet, sodass diese die reaktionäre Gegenregierung in Versailles unterstützen konnte. Die bürgerlichen Zeitungen durften weiter mit übelster Hetze gegen die Commune erscheinen. Geflohene Kapitalisten wurden nicht enteignet, sondern entschädigt. Es wurden kaum Maßnahmen zugunsten der Frauen ergriffen, die die aktivste Rolle in der Revolution spielten. Das Bündnis mit den Bauern wurde nicht entwickelt.

Die herrschende Klasse dankte die Großzügigkeit nicht.

Im Gegenteil! Sie blockierte Paris, sodass die Menschen hungerten. Die deutsche Armee entließ Gefangene, damit diese für Versailles und die Bourgeoisie kämpfen konnten. Am 22. Mai fielen sie in Kooperation mit der preußischen Armee in Paris ein. Die proletarische Nationalgarde kämpfte heldenhaft, Barrikade für Barrikade, Straße um Straße. Viele Frauen standen mit auf den Barrikaden und kämpften für ihre neu gewonnenen Freiheiten.


Kommunarden auf einer Barrikade am Place Vendome; Foto Bruno Braquehais, Historische Bibliothek der Stadt Paris, wikipedia, gemeinfrei

Die Truppen der Versailler Regierung richteten bei jeder Barrikade, die sie nach heftigem Widerstand einnahmen, ein grausames Blutbad an. In jedem eroberten Viertel wurde Jagd auf Kommunarden gemacht. Hatte sich die Commune menschlich gezeigt, so zeigten die Eroberer das menschenfeindliche Gesicht des Kapitalismus. Zum Machterhalt gingen sie über Berge von Leichen. Über 30.000 Kämpfer wurden ermordet. Rund 45.000 wurden verschleppt.

Der Pariser Korrespondent einer bürgerlichen Zeitung schrieb: „Dass viele Verwundete lebendig begraben wurden, daran kann ich nicht zweifeln. Für einen Fall kann ich einstehen… In der Stille der Nacht wurden die Bewohner der umliegenden Häuser geweckt durch fernes Stöhnen, und am Morgengrauen sah man eine geballte Faust aus dem Boden ragen.“

Am 28. Mai 1871 wurde die letzte Barrikade gestürmt. Die letzten Verteidiger der Commune wurden an der Mauer der Konföderierten erschossen. Heute erinnert eine Gedenktafel an dieser Stelle an ihren heldenhaften Kampf und ihre brutale Ermordung.

  • Die Pariser Commune ist nicht tote Geschichte, sondern ein Quell für lebendige Lehren:
    Revolutionen sind nicht blutrünstig, wie von der herrschenden Klasse verschrien, sondern zutiefst menschlich!
  • Die herrschende Klasse jedoch verteidigt ihre Herrschaft mit allen Mitteln – Blut, Mord, Folter, brutaler Unterdrückung.
  • Um den Kapitalismus zu beseitigen und eine sozialistische Gesellschaft zu errichten, muss die Herrschaft der Bourgeoisie gebrochen, muss sie entwaffnet werden.
  • Durch Enteignung müssen ihr die materiellen Mittel entzogen werden, mit denen sie sonst jede Entwicklung der Gesellschaft sabotiert.
  • Die Commune war Rätedemokratie und Diktatur des Proletariats in einem, so wie es auch in den Sowjets weiterentwickelt und fortgeführt wurde.

In den imperialistischen Staaten kann die Bourgeoisie ihre gnadenlose Diktatur heute noch teilweise hinter kleinen sozialen Almosen und begrenzten bürgerlichen Freiheiten verbergen. Aber wo immer ihre Herrschaft, ihre Diktatur gefährdet ist, lässt sie diese Maske fallen. Das zeigte sich nicht nur bei der Pariser Commune sondern auch bei der Novemberrevolution 1918 in Deutschland und bei der Machtübergabe an die Faschisten 1933. Und in den abhängigen und unterdrückten Ländern wird das unmenschliche Gesicht der kapitalistischen Gesellschaft jeden Tag deutlich. Kriege, Hunger, Elend, Zerstörung, Vertreibung sind im Kampf um die Weltherrschaft völlig „normal“ für dieses System. Die Pariser Commune zeigt den Weg, um sich von diesem unmenschlichen System zu verabschieden.

Kämpfen wir im Geiste der Pariser Commune!