Wozu die US-Zölle?

145 Prozent haben die US-Zölle gegen China zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels erreicht. Diese Zahl bildet den Höhepunkt des Zollkriegs, den US-Präsident Trump Anfang April weltweit eingeläutet hat. Nachdem er gegen viele Länder verschieden hohe Zölle verhängt hat und diese je nach eigener Stärke versuchen zu reagieren, kündigt Trump für 90 Tage die Senkung der Zölle auf 10 Prozent an – mit Ausnahme von China. „Zoll-Irrsinn“, „Zoll-Desaster“ und „Zoll-Chaos“ titeln die großen, liberalen Zeitungen in Deutschland und skizzieren das Bild des verrückten alten Mannes, der die Weltwirtschaft bedroht. Konservative Stimmen loben die Haltung, die die US-Herrschaft gegen den Freihandel einnimmt. Was tatsächlich hinter der aggressiven aktuellen Politik Trumps steckt, bringen seine eigenen Journalisten dann doch selbst am besten auf den Punkt: „What’s the alternative? […] Isn’t it better to try something?“, schreibt The American Conservative.

Konkret bezeichnet das Magazin das Vorgehen als sogenannten erstmaligen Versuch, die Deindustrialisierung wieder rückgängig zu machen. Diese Einordnung knüpft an die Pläne des neuen US-Wirtschaftsberaters Stephen Miran an, die er kurz nach der Wahl Trumps in einem Essay vorstellte. Darin führt er aus, wie der größte Konkurrent China mit einer globalen Wirtschaftsreform bezwungen werden soll, damit die USA ihre Vormachtstellung wieder sichern können. Dafür sind zwei zentrale Pläne vorgesehen, nämlich einerseits die Erhöhung der Zölle und andererseits die Schwächung des US-Dollars. Beides soll Unternehmen und besonders US-Unternehmen mit ihrer Produktion wieder in die USA ziehen, neue Arbeitsplätze im Land schaffen und den Import von US-Waren für andere Länder attraktiver machen. Die Zölle sollen also eine Antwort auf die Auslagerung der Produktion im Zuge der Globalisierung geben, durch die immer mehr US-Unternehmen die Fertigung in Länder mit billigerer Arbeitskraft verschoben haben und wodurch China in den letzten Jahrzehnten besonders im Bereich der Produktion Überlegenheit errungen hat. Kurz: die Warenproduktion im eigenen Land soll endlich wieder attraktiv werden. Darüber hinaus soll – um US-Exporte wieder wettbewerbsfähig zu machen – der US-Dollar durch eine Art konzertierte Aktion geschwächt werden, was Miran unter dem sogenannten „Mar-a-Lago-Accord“ zusammenfasst – eine Strategie, die die USA China seit langem vorwerfen. Danach soll der US-Dollar zwar weltweite Reservewährung bleiben, aber bedeutend an Wert verlieren, denn seine Stärke würde den USA schaden. Dafür sollen internationale Zentralbanken und Handelspartner der USA ihre US-Staatsanleihen verkaufen oder aber umwandeln und so ihre Laufzeit auf bis zu 100 Jahre verlängern und enorme Zinssenkungen durchführen. Die Länder, die dem folgen, sollen dann mit niedrigen Zöllen und militärischem Schutz belohnt werden.

China mag zwar Hauptziel sein, doch die Zölle haben auch andere Länder und andere Ziele ins Visier genommen, auch wenn sie mittlerweile ausgesetzt sind. Ein Beispiel dafür ist Lesotho, welches im Zuge des sogenannten „Liberation Day“ von den höchsten Zöllen getroffen wurde. Das kleine Land in Afrika, welches die USA vor allem mit Textilexporten beliefert, hatte zuvor über Monate eine Lizenz-Erteilung an Elon Musks Firma Starlink ausgebremst. Mit Ankündigung der Zölle wurde diese nun vor einigen Tagen dann plötzlich erteilt – ein Paradebeispiel dafür, wie kleine Länder mit wachsender Aggression in die US-Abhängigkeit getrieben werden sollen.

Selbst konservative Ökonomen sind sich bei der Strategie Trumps und Mirans uneinig, viele benennen, dass US-Produkte auch darüber hinaus nicht konkurrenzfähig sind (z.B. Autos mit extrem hohem Spritverbrauch) und viele betrachten die Aussetzung der Zölle bereits als Zugeständnis dafür, dass die Strategie gescheitert ist. Klar ist für sie alle aber, dass die Tage der „bloß konsumierenden Supermacht“ und des Saus und Braus vorbei sind und dass nun der Gürtel enger geschnallt werden muss, um die bevorstehenden harten Zeiten zu überstehen. Klar ist jedoch: Es waren nicht die Arbeiterinnen und Arbeiter in den USA, die vom Freihandel der letzten drei Jahrzehnte profitiert haben und es werden nicht die Arbeiterinnen und Arbeiter sein, denen es unter dem Protektionismus Trumps besser gehen wird. Ganz im Gegenteil: Sie sind es, die die Auswirkungen der Zölle der Trump-Administration jetzt schon in voller Härte spüren. Das Vorgehen Trumps zeigt deutlich, dass der US-Imperialismus mit allen Mitteln dazu bereit ist, um die Vorherrschaft zu kämpfen. Die Kosten dessen sollen die Arbeiterklasse in den USA und die Völker der abhängigen Länder zahlen. Die Folge werden steigende Preise, wachsende Armut, weitere Angriffe auf die Arbeitsbedingungen und auf Soziales sein.