Foto: NS-Propaganda für ein „Vereintes Europa“
In letzter Zeit wird in den Medien, von den verschiedenen bürgerlichen Parteien und der Regierung verstärkt für ein „vereintes Europa“ geworben. Dies sei ein Hort der Demokratie, des Friedens, der Freiheit, der gemeinsamen Werte sowie ein Bollwerk gegen Diktaturen und Aggressoren. Die alte wie die neue Regierung setzen auf dieses Konzept. Warum?
Ökonomisch ist die Bundesrepublik Deutschland mittlerweile weltweit die Nummer 3 (BIP von 4,5 Billionen Dollar, 2023), hinter den USA (27,7 Billionen Dollar) und China (17,8 Billionen Dollar). Allerdings hat Deutschland nur ein Viertel der Wirtschaftsleistung Chinas und ein Sechstel der USA. Deutschland befindet sich in einer ähnlichen Liga wie Japan (4), Indien (5), Großbritannien (6) oder Frankreich (7). Damit ist es faktisch kein ernst zu nehmender Konkurrent der beiden größten Wirtschaftsmächte.
Ganz anders sähe es aus, wenn es zu einem „Vereinten Europa“ unter Führung des deutschen Kapitals käme (19,8 Billionen Dollar). Dann könnte man mit China gleichziehen und wäre ökonomisch real eine Weltmacht. Damit wäre man bereits Nummer 2 in der Rangliste – vor China! Ohne Europa ist Deutschland zwar eine starke Wirtschaftsmacht, aber immer abhängig von einem Bündnis mit einer stärkeren Macht und daher immer zu Kompromissen zu seinen Lasten gezwungen. Das kann man sehr gut in den Beziehungen zu den USA sehen, wo das deutsche Kapital zwar nach Eigenständigkeit strebt, aber immer wieder zur Unterordnung gezwungen ist. Ein Beispiel dafür ist die Sprengung der Gas-Pipeline North-Stream 2 durch die Ukraine mit Hilfe der USA – ein offen aggressiver Akt, der von der Bundesregierung aber vertuscht und geschluckt wurde. Obwohl man dadurch von billigem russischem Gas abgeschnitten wurde und damit erhebliche Nachteile in der ökonomischen Konkurrenz erlitt, musste man sich dem mächtigeren „Partner“ USA unterordnen. Seither bezieht man das teure und ökologisch katastrophale Frackinggas aus den USA USA – mithilfe des Wirtschaftsministers Habeck von den Grünen.
Alte Träume
Für das deutsche Kapital war es schon immer klar, dass es alleine wenig Chancen gegen die größeren imperialistischen Mächte hat.
Bereits im 1. Weltkrieg entwickelte es „Europa-Pläne“. So wurde zum 9.9.1914 das geheime Septemberprogramm von Kanzler Bethmann Hollweg entwickelt. Der engste Berater des Kanzlers, Kurt Riezler, schrieb damals in sein Tagebuch:
„Coblenz 19/8 [1914] Abends langes Gespräch über Polen und die Möglichkeit einer loseren Angliederung von anderen Staaten an das Reich – mitteleuropäisches System von Differentialzöllen. Gross Deutschland mit Belgien Holland Polen als engen, Oesterreich als weiten Schutzstaaten.“
Und ein halbes Jahr später: „Charleville 18/4 [1915] Gestern lange mit dem Kanzler zusammengesessen, um ihm mein neues Europa, d. h. die europäische Verbrämung unseres Machtwillens, auseinanderzusetzen. Das mitteleuropäische Reich deutscher Nation. Das bei Aktiengesellschaften übliche Schachtelsystem, das deutsche Reich eine AG. mit preussischer Aktienmajorität, jede Hinzunahme neuer Aktionäre würde diese Mehrheit, auf der, als auf der preussischen Hegemonie[,] das Reich steht, zerstören. Daher um das deutsche Reich herum ein Staatenbund, in dem das Reich ebenso die Majorität hat wie Preussen im Reich… Dann Oesterreich so behandeln, dass es von selbst hineinwächst. […] Dann den europäischen Gedanken in Skandinavien und Holland stärken […] Dies Mitteleuropa ist wirtschaftlich und politisch die welthistorische Aufgabe.“
NS-Propaganda für ein „Vereintes Europa“ unter der Herrschaft des deutschen Imperialismus
Das NS-Regime griff diese Pläne wieder auf. Ein im April 1943 eingesetzter Europa-Ausschuss im Auswärtigen Amt entwickelte Pläne für eine europäische Konföderation aus 13 Staaten unter Führung Deutschlands. Ludwig Erhard (geb. 1897, gest. 1977) war von 1949-1963 Wirtschaftsminister und dann ab 1963-1966 Bundeskanzler. Er war in der Nazi-Zeit Vertreter der „Reichsgruppe Industrie“ und Autor der Denkschrift “Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung“. Er sollte Pläne für eine Neuordnung Europas nach dem Krieg entwickeln. In seiner Denkschrift wurde „eine großräumige Wirtschaftsordnung mit freien Märkten und einer privaten Eigentumsgarantie“ gefordert. Bekanntlich scheiterten erfreulicherweise die Pläne des deutschen Imperialismus, sich zur dominierenden Macht in Europa zu machen.
Alter Wein in neuen Schläuchen…
Nach dem Sieg über den Faschismus war man daher gezwungen „Kreide zu fressen“, sich „friedlich“ und „demokratisch“ zu geben und von „Völkerfreundschaft“ zu reden. Deshalb verzichtete die Bundesrepublik zunächst offiziell auf eine Armee, um aber im geheimen in Zusammenarbeit mit den USA erste militärische Strukturen wieder aufzubauen. Denn der Kampf gegen die damals sozialistische Sowjetunion machte es für den US-Imperialismus nötig, Deutschland zum „Frontstaat“ zu machen. Nun mussten Ludwig Erhard und das deutsche Kapital die alten Pläne zunächst auf „friedlichem“, ökonomischen Wege weiterverfolgen. Es ging darum, das deutsche Kapital wieder ökonomisch zu stärken und dafür einen möglichst großen freien Markt in Europa zu schaffen. Der Aufstieg des deutschen Kapitals, das „Wirtschaftswunder“ startete erfolgreich.
Schon 1950 berief Bundeskanzler Adenauer Theodor Blank zum Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen. Das Amt Blank diente der Vorbereitung der Wiederbewaffnung. Das „widersprach eigentlich den Bestimmungen der Alliierten, wonach die Staaten Deutschlands langfristig entmilitarisiert bleiben sollten; sie war jedoch den Westalliierten bekannt und wurde von ihnen angesichts des sich abzeichnenden Kalten Krieges geduldet und sogar gefördert.“ (Wikipedia)
Mit dem offiziellen Aufbau der Bundeswehr 1955 wurde der erste Schritt getan, um die Fesseln der Niederlage offiziell abzustreifen. Die USA brauchten den deutschen Imperialismus wieder zum Kampf gegen den Sozialismus. Ein Beispiel für den angeblich „demokratischen Geist“ der Bundeswehr: Erster Generalinspekteur der Bundeswehr wurde Adolf Heusinger, der bereits im Kaiserreich und in der Hitlerarmee in hoher Funktion gedient hatte. Er war an führender Stelle an der Planung und Durchführung der Überfälle auf die Tschechoslowakei, Polen und die Sowjetunion beteiligt. Mittlerweile geben viele Historiker zu, dass die Bundeswehr von Nazi-Generälen aufgebaut wurde, die viele Kriegsverbrechen begangen hatten.
Schritt für Schritt wurde mit der Bundeswehr auch eine militärische Machtbasis aufgebaut und die Beschränkungen durchbrochen, die von den Alliierten zunächst erlassen worden waren. Die vorletzte Grenze wurde im März 1999 mit dem ersten Auslandseinsatz der Bundeswehr im Kosovo-Krieg beseitigt. Der Grünen-Außenminister Joschka Fischer und der SPD-Kriegsminister Rudolf Scharping erklärten den Kriegseinsatz der Bundeswehr zu einem „humanitären Einsatz“. Joschka Fischer erklärte sogar im Bundestag, dass Deutschland aufgrund von Auschwitz verpflichtet sei, die Humanität mit Bomben auf andere Länder zu verteidigen. Später erklärte SPD-Kriegsminister Peter Struck: „Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland wird heute auch am Hindukusch verteidigt.“
Auch bei Waffenexporten hat sich das deutsche Kapital mit 5,6% Weltmarktanteil wieder eine gute Position erarbeitet, kann aber nicht mit den USA (43%), Frankreich (9,6%) und Russland (7,8%) mithalten. Ein „vereintes Europa“ hätte aber rund 28% des Weltmarktes an Waffen und damit nach den USA die Spitzenposition.
Als letzter Schritt, um eine „vollwertige“ imperialistische Macht zu werden, fehlt dem deutschen Imperialismus nur noch die Atombombe. Doch auch daran arbeitet er, indem er immer wieder eine „europäische Armee“ fordert, die der Bundeswehr einen Zugriff auf Atomwaffen eröffnen würde. Doch die Konkurrenten versuchen, das zu verhindern. Frankreich bot trickreich eine „europäische Atomstreitmacht“ mit den französischen Atomwaffen an, aber unter dem Oberbefehl Frankreichs. Das war jedoch nicht im Sinne des deutschen Kapitals.
Europa wird auch immer wieder genutzt, um die Aufrüstungspläne voranzutreiben und zu rechtfertigen. So war es vor allem die Bundesregierung, die das 800 Milliarden-Euro-Aufrüstungspaket der EU auf den Weg brachte. Es ist zugleich ein Instrument, um die Konkurrenten auf eine gemeinsame Linie einzuschwören. Denn natürlich werden die französische, italienische, spanische Rüstungsindustrie und andere von diesem gigantischen EU-Programm profitieren.
Heute nutzt man die Erzählung von der „Zeitenwende“, um die Bundeswehr unter CDU/CSU und SPD zur stärksten Armee Europas aufzubauen.
Voraussetzung dafür war der ungeheure ökonomische Aufstieg der Bundesrepublik, der auch durch die EU möglich wurde. Deutschland wurde aufgrund des großen europäischen Binnenmarktes zum Exportweltmeister, einen Titel den es erst 2009 an China abgeben musste. Deutschland macht zwei Drittel seines Außenhandels innerhalb Europas und fast 60% innerhalb der EU. Ohne die EU wäre das deutsche Kapital deutlich schwächer. Diese Stärkung des deutschen Imperialismus ging aber zu Lasten der anderen EU-Mitglieder.
Die Konkurrenten des deutschen Imperialismus sehen das mit Argwohn, wie das Beispiel der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr zeigt. Die EU ist weder ökonomisch oder politisch, noch militärisch geeint, denn jede Macht verfolgt darin eigene Ziele. Neben seiner bereits bestehenden ökonomischen Dominanz, strebt der deutsche Imperialismus mit dem Aufbau der stärksten Armee Europas auch die militärische Dominanz an. Das würde ihm erlauben, seinen Druck auf die Konkurrenten enorm zu erhöhen und ihn seinem Ziel näherbringen: Europa unter deutscher Führung. So würde endlich der alte Traum von Kaiser Wilhelm und Adolf Hitler in Erfüllung gehen.
Süße Propaganda
Um die Bundesrepublik wieder zu einer Weltmacht zu machen, braucht es aber vor allem auch die Zustimmung der Bevölkerung. Um diese zu erreichen, stimmen Medien und Politik in gemeinsame Lobpreisungen über ein „vereintes Europa“ und „europäische Lösungen“ ein. Die EU stünde für Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Völkerfreundschaft.
So erklärte der damalige Vorsitzende des DGB, Michael Sommer 2014 im Rahmen einer Anzeigenkampagne zur Europawahl: „Europa ist die Wiege der Demokratie! Eine demokratische und gerechte EU muss die Grundrechte im Rechtssystem der EU nicht nur besser schützen, sondern auch die Durchsetzung der sozialen Grundrechte auf die politische Agenda setzen.“
Die Kampagne fand gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) statt, dessen damaliger Präsident meinte: „Deutschland profitiert vom Euro und vom Binnenmarkt. Jetzt müssen wir gemeinsam die Globalisierung gestalten.“ Mit der Lockung von Arbeitsplätzen sollen immer wieder die Arbeiterklasse für die Großmachtpläne des deutschen Imperialismus gewonnen werden.
In ihrem Wirtschaftsatlas von 2024 schreibt die Heinrich-Böll-Stiftung der Grünen: „EUROPA – GEMEINSAM STÄRKER: Die Lebensstandards in ihren Mitgliedsländern anzugleichen ist ein Ziel der Europäischen Union. Binnenmarkt, Umverteilung staatlicher Gelder, Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Euro sind dafür besonders wichtig.“
Vergessen wird dabei, insbesondere von einigen Gewerkschaftsführern, dass Europa auch ein riesiger Arbeitsmarkt geworden ist, der die Billigkonkurrenz unter der Arbeiterklasse angefeuert hat. Die Arbeitsmigration wird vom Kapital massiv genutzt, um Löhne zu drücken.
„… Der Lohnunterschied zwischen Arbeitnehmern aus Deutschland und dem Ausland wird zunehmend größer. In den letzten zehn Jahren hat er sich fast verdreifacht. (…) Vollzeitbeschäftigte, die keinen deutschen Pass haben, verdienten demnach Ende 2020 durchschnittlich 2638 Euro brutto im Monat. Das sind 903 Euro weniger als jene mit deutschem Pass. 2010 lag der Unterschied noch bei 317 Euro. Besonders stark wuchs die Schere zwischen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen aus Deutschland und solchen aus dem EU-Ausland: Dieser Abstand hat sich innerhalb des letzten Jahrzehnts mehr als verzehnfacht, von 91 Euro auf 1003 Euro Lohnunterschied.“ (Spiegel online, 16.9.2021)
Das hat natürlich auch eine Rückwirkung auf die Löhne der Arbeiter aus Deutschland, die angesichts der Billigkonkurrenz weniger oder gar nicht steigen. Und das Kapital nutzt diesen von ihm selbst geschaffenen und ausgenutzten Konkurrenzkampf auch noch aus, um die verschiedenen Teile der Arbeiterklasse mit Rassismus und Hetze zu spalten. Während das Kapital von dem riesigen Arbeitsmarkt in doppelter Hinsicht profitiert, drückt und schwächt dieser die Arbeiterklasse. Notwendig ist der gemeinsame Kampf gegen die Niedriglohnstrategie des Kapitals.
Demokratische EU?
Als 2004 eine EU-Verfassung vorgelegt wurde, gab es nur in wenigen Ländern dazu eine Volksabstimmung. 2005 fanden in Frankreich und den Niederlanden Referenden zur EU-Verfassung statt, wo diese mit großer Mehrheit abgelehnt wurde. In Deutschland gab es gar kein Referendum. Das Volk hatte keine Stimme.
Auch in der Verfassung selbst wurden nur eingeschränkte „Rechte“ festgelegt. So sollten vor allem die bisherigen Vetorechte der Einzelstaaten minimiert und so die Herrschaft der stärksten Mächte zementiert werden. Das Parlament war nicht höchstes Organ, sondern nur Mitentscheider. Hauptentscheider blieben die von den Regierungen eingesetzte EU-Kommission und die nationalen Regierungen.
Nach dem Scheitern der Verfassung wurde 2007 einfach gegen die Völker der Vertrag von Lissabon durch die Regierungen geschlossen. Er enthielt weitgehend die Bestimmungen der abgelehnten EU-Verfassung. Diesmal ohne Referendum außer in Irland. Als dort der Vertrag vom Volk 2008 erneut abgelehnt wurde, wurde ein neues Referendum 2009 durchgeführt. Nach einer riesigen Propagandaschlacht gab es auch in Irland ein „Ja“.
Im Vertrag von Lissabon wurde u.a. festgeschrieben:
– „Die Mitgliedstaaten und die Union handeln im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb.“ Der Kapitalismus wurde also vertraglich für alle EU-Staaten festgeschrieben,
– Kampfeinsätze, Verpflichtung zur Aufrüstung, §28a, Abs. 3,
– Machtverschiebung zugunsten der Großmächte in der EU; höhere Stimmenanteile für Deutschland, Frankreich, Großbritannien…
– Das EU-Parlament kann nur gemeinsam mit dem Ministerrat beschließen – also niemals gegen den Machtapparat.
Wie „demokratisch“ die EU ist, zeigen diese Aussagen:
Karel de Gucht, belgischer Außenminister: „Das Ziel des Verfassungsvertrages war, lesbarer zu werden; das Ziel dieses Vertrages (Lissabon-Vertrag, d. Red.) war, unleserlich zu werden. Die Verfassung zielte darauf ab, klar zu sein, wohingegen dieser Vertrag undeutlich sein musste. Es ist ein Erfolg.“, (Flandreinfo, 23. Juni 2007)
Jean Claude Juncker, Premierminister Luxemburg: „Natürlich wird es Übertragungen der Souveränität geben. Aber wäre ich intelligent, die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung auf diese Tatsache zu lenken?“, (Telegraph, 3. Juli 2007)
Jan Peter Balkenende, niederländischer Premier: „Ein neues Referendum ist nicht wünschenswert.“, (Telegraph 23. September 2007)
Weg mit den Illusionen!
Immer wieder gibt es in der Arbeiterbewegung und im Volk Illusionen, die ja durch die Propaganda geschürt werden. So erklärt die Linke auf ihrer Homepage: „Für eine EU, die Teil der Lösung ist… ihre Gründung ist mit der Vision von Freiheit und Frieden verbunden, … Wir streiten zusammen mit Gewerkschaften, Schwesterparteien und Bewegungen für eine andere, bessere, sozialere, demokratische EU…“
Kritisch wird angemerkt: „…tatsächlich dient sie vielfach dem freien Markt.“ Doch das ist angesichts des Lissabon-Vertrages und der Ziele, die die verschiedenen imperialistischen Mächte, auch der deutsche Imperialismus mit der EU verfolgen, eine Vertuschung der harten Tatsachen. Es wird so getan, als ob dieses Konstrukt auch der Arbeiterklasse und den Völkern dienen könne. Auch in der Gewerkschaftsbewegung und bei vielen Kolleginnen und Kollegen sind solche Illusionen und Hoffnungen stark vertreten.
Wir können verstehen, dass viele sich ein friedliches Europa wünschen. Auch die Abschaffung der Grenzkontrollen war für viele ein Pluspunkt. Man konnte frei durch die EU reisen. Doch das war erstens immer ein Privileg der Menschen aus der EU selbst und nie für alle gemeint. Und zweitens wird auch dieses Recht gerade immer mehr eingeschränkt. Grenzkontrollen gehören wieder zum Alltag in Europa. Sie sind ein lästiges Hindernis für EU-Bürger, sollen aber nach außen vor allem die Festung Europa gegen Flüchtlinge stärken. Vor allem waren die offenen Grenzen in erster Linie immer ein ungeheurer Vorteil für das Kapital, das so in einem großen Markt agieren konnte. Produktion kann an Billigstandorte verlagert werden. Die Ware Arbeitskraft kann da eingekauft werden, wo die Löhne am niedrigsten sind. Die Produkte können massenweise produziert und auf einem großen Markt abgesetzt werden. Die Profite konnten steigen und der deutsche Imperialismus seinen Aufstieg zur wieder stärksten Macht in Europa absichern.
Angesichts der Tatsache, dass der deutsche Imperialismus sich anschickt, nicht nur stärkste ökonomische Macht in Europa zu sein, sondern auch zur stärksten Militärmacht Europas zu werden, sind Hoffnungen in die EU gefährlich für die Arbeiterbewegung. Es ist notwendig, sich der Realität zu stellen und klar zu sehen, dass die EU ein imperialistisches Projekt ist und der deutsche Imperialismus darüber wieder zur Weltmacht aufsteigen will.
„Vom Standpunkt der ökonomischen Bedingungen des Imperialismus… sind die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär.“
(W.I. Lenin, Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa)