Buchbesprechung: Martin Suter, Der Koch

Maravan, ein 33jähriger tamilischer Asylbewerber arbeitet als Hilfskraft in einem Züricher Sternelokal. Es wäre nicht so qualvoll für ihn, wenn er nicht selbst ein genialer Koch wäre. Schon als Kind war er fasziniert von der Kochkunst seiner Tante Nangay, bei der er nach der Ermordung seiner Eltern unterkam. Er half ihr nach der Flucht nach Jaffna, einfache Gerichte herzustellen, die seine Geschwister auf dem Markt verkauften aber auch geheimnisvolle Spezialgerichte für eine auf Diskretion bedachte Kundschaft, in der Regel Ehepaare mit großem Altersunterschied. Noch heute erinnert der Duft von Curryblättern und Zimt ihn an seine Kindheit bei der alten Frau. Sie ist inzwischen schwer erkrankt und um ihr zu helfen, nimmt er viel auf sich.

Im angesagten Lokal Huwyler beanspruchen die Köche hin und wieder Maravans Kochkünste, aber ohne sie anzuerkennen. Im Gegenteil spürt er ihren Neid und willkürlich wird er immer wieder zu den niedrigsten Arbeiten abgeordnet. Als er einmal einem Koch seine Hilfe anbietet, weil er es nicht erträgt, wie dieser an einem Curry herumstümpert, kommt es zum Eklat, weil der Koch beleidigt ist über das Hilfsangebot eines Ausländers am Ende der Küchenhierarchie. Spontan setzt sich die schöne Kellnerin Sonja, in die er schon lange heimlich verliebt ist, für ihn ein. Sie sagt, dass sie gerne einmal eins seiner Currys versuchen würde. Daraufhin lädt er sie ein.

Am Ende werden sie beide entlassen und Andrea hat die Idee, mit Maravan eine Cateringfirma zu gründen, die sich auf Liebesmenues spezialisiert. Maravan ist in einer entsetzlichen Zwickmühle: Einerseits will er sich nicht prostituieren. Andererseits bleibt ihm wie vielen Flüchtlingen gar nichts anderes übrig: Er muss seine Verwandten in der Heimat, vor allem die geliebte, schwer kranke Tante unterstützen und wird von den Tamil Tigers erpresst. So kommt es, dass er sogar unwissentlich für einen Waffenhändler kocht, der beide Kriegsparteien in seiner Heimat mit ausgemusterten Waffen der Schweizer Armee beliefert und so den Krieg am Laufen hält.

Erst am Ende, als seine vermeintliche Hilfe zum Tod der Tante geführt hat, weigert er sich einerseits, weiter für „Love food“ zu kochen und andererseits, sich weiter den Einschränkungen des Kastensystems und der strengen Moral seiner Heimat, das auch unter den Flüchtlingen in der Schweiz weiter aufrecht erhalten wird, zu unterwerfen.

Die Beschreibung der Gerichte ist faszinierend. Ein Anhang enthält die Rezepte. Sowohl die aphrodisierenden Gerichte, wie die Currys. Sie sind verlockend aber sehr anspruchsvoll.

Das Buch spielt in der Zeit von März 2008 bis März 2009. Maravan leidet sehr unter den schlimmen Nachrichten, die aus seiner Heimat zu ihm dringen. Der bekannte Autor, der meisterhaft schreibt und sich bestens in der Welt der Reichen auskennt, will mit dem Buch Stellung beziehen gegen die Ausländerfeindlichkeit der Schweiz.

Suter, Martin: Der Koch

Zürich: Diogenes Verlag 2010, 311 S., 21,90 Euro, ISBN 978357067392

im

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

.