Brücken bauen statt Festungsmauern…

Peter Schmidt: Montage "Festung Europa"

…das war das Motto, das einige Schülerinnen und Schüler für ihre Arbeitsgemeinschaft wählten. Ihr Ziel war es, den Bau und Ausbau von Schulen im südlichen Afrika zu fördern. Sie wählten dieses Motto bewusst in Anspielung an die reaktionäre Parole von der „Festung Europa“, die sich gegen eine angebliche Asylantenflut vor allem aus den unterentwickelt gehaltenen Ländern Afrikas und Asiens verteidigen muss.

Heute müssten die Mauern dieser „Festung Europa“ schon viel enger gezogen werden, um die jetzt auch in Europa immer zahlreicher werdenden Arbeitslosen und Hungernden abzuwehren, die „Kerneuropa“ und damit auch Deutschland „bedrohen“.

„Wer betrügt, der fliegt!“ – diese Drohung aus christlich-sozialen (!) Kreisen gilt nicht etwa Fußballvereinspräsidenten oder anderen profit- äh – verdienstreichen Personen, die als Steuerbetrüger Riesensummen Geld in die Schweiz verschoben haben, sondern Menschen aus südeuropäischen Ländern, die infolge der EU-Politik in „Demokratie“ und Elend gestürzt wurden und die nichts anderes wollen, als diesem Elend zu entkommen.

Sieht man sich die Reaktion der EU auf die CSU-Parole an, so könnte man im ersten Augenblick glauben, es sei eine Kritik der EU an Christhofers. Doch in Wirklichkeit ist es nur die andere Seite derselben Medaille. Die CSU macht deutlich, wen „wir“ hier nicht haben wollen: Menschen, die „uns“ keinen Profit bringen, im Gegenteil, „uns“ etwas kosten. Welches Lebensrecht haben Hungerleider eigentlich? Je mehr „wir“ für sie ausgeben, desto länger leben sie doch…

Die EU weist darauf hin, dass viele in die EU kommende Menschen eine gute Ausbildung haben und „uns“ Gewinn bringen, auf Grund ihrer Ausbildung „uns“ aber nichts kosten.

Seit mehreren Jahrzehnten wird jedes Jahr stereotyp verkündet, die deutsche Wirtschaft brauche jährlich etwa 300.000 ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland (!) – diese Aussage wurde schon gemacht, als man zumindest in Westdeutschland noch vom „Babyboom“ redete. Das sog. Wirtschaftswunder wurde erreicht dank zahlloser Menschen, die in der damaligen DDR das kriminelle Vergehen der „Republikflucht“ begingen. Sie waren gut ausgebildet, doch ihre Ausbildung hatte die westdeutschen Unternehmen keinen Pfennig gekostet, sondern die war von der Bevölkerung der DDR bezahlt worden, kam aber nun den westdeutschen Kapitalisten zugute.

Im August 1961 wurde diese billige Rohstoffquelle für gut ausgebildetes Menschenmaterial durch den Bau der Mauer „unerwartet“ abgeschnitten. Wir haben Verständnis dafür, dass die Regierung der DDR dieses Leck zu stopfen versuchte, doch die Methode, dies dadurch zu erreichen, dass man die eigene Bevölkerung einmauert, haben wir von Anfang an kritisiert; besser wäre es gewesen, die Bedingungen in der DDR so zu gestalten, dass sie für Werktätige keinen Anlass mehr waren, das Land zu verlassen.

So ganz überraschend, wie die westdeutschen Politiker und Wirtschaftsbosse behaupteten, war für sie der Mauerbau allerdings nicht – sie hatten schon Abkommen für den Einsatz von „Gastarbeitern“ parat, um den aus der DDR versiegten Zustrom von Arbeitskräften aus anderen Ländern zu speisen. Sie brauchten nur Arbeitskräfte, doch es kamen Menschen

Es ist eigentlich schon lange klar: die Kapitalisten in Deutschland plündern aus Profitgier nicht nur die Bodenschätze, die Landwirtschaft und die Viehzucht anderer Länder, sondern auch deren Menschenreichtum.

In Indien ausgebildete Computer-Spezialisten, Pflegepersonal aus China, Ärzte aus Bulgarien und Rumänien… Die Liste lässt sich leider noch lange fortsetzen. Es sind Fachkräfte, die in ihren Herkunftsländern dringend gebraucht werden, die aber – z.B. durch die von der berüchtigten Troika den Ländern aufgezwungenen sog. Sparmaßnahmen – dort keine Arbeit finden; sie werden so gezwungen, dorthin zu gehen, wo sie Arbeit finden: z.B. nach Deutschland.

Ihre Ausbildung hat die Kapitalisten in Deutschland keinen Pfennig, keinen Cent gekostet – die brauchen auch für eine entsprechende Ausbildung der Jugend in Deutschland nichts zu berappen – das deutsche Schulsystem ist entsprechend schlecht, viele Jugendliche haben geringe Chancen und reagieren entsprechend. Verantwortlich für die „Null-Bock-Mentalität“, für „No Future“ werden aber nicht die eigentlichen Urheber gemacht, sondern die Jugendlichen.

Der Ausplünderung des Menschenreichtums anderer Länder sollten wir entgegentreten. Eins ist dabei allerdings klar: alle Arbeiterinnen und Arbeiter, die – aus welchen Ländern und aus welchen Gründen auch immer – in unserem (?) Land Arbeit suchen bzw. gefunden haben, gehören zur Arbeiterklasse in Deutschland. Für sie und für uns gilt das Ziel „Deutsche und ausländische Arbeiter – eine Klasse, eine Kampffront!“

Deutschlands Grenzen müssen offen sein für alle Hungerflüchtlinge, Kriegsflüchtlinge und politisch Verfolgte – schließlich sind sie die Opfer des imperialistischen Wirtschaftssystems, das auch von der in Deutschland herrschenden Klasse praktiziert wird. Kolonialismus und Imperialismus haben nicht nur die Umwelt, sondern auch die kulturellen und wirtschaftlichen Strukturen in den Ländern der „Dritten Welt“ zerstört und so das Elend und den Hunger dort erzeugt, was die Menschen nun zwingt, ihre Heimat unter großen Gefahren zu verlassen, um hier „christlich“ empfangen zu werden. (Vielleicht sind die Anführungszeichen unangebracht, vielleicht ist das das wirkliche Christentum?)

Der Kapitalismus begann vor etwa 300 Jahren. Auf eine etwa 300jährige Geschichte blickt auch z.B. Barclays Bank zurück: den Grundstock für ihren Reichtum hat diese Bank durch den Sklavenhandel gelegt. Aus Schwarzafrika wurden bis zur offiziellen Abschaffung der Sklaverei etwa 100 Millionen Menschen als Sklaven verschleppt, natürlich nicht nur von Barclays. Nicht enthalten in dieser Zahl sind die Menschen, die von den europäischen Kolonialmächten bei den Raubzügen abgeschlachtet wurden, alles im Namen der Christianisierung. Dies ist nur ein Beispiel dafür, woher in der nichtchristlichen Welt der große Hass auf das Christentum kommt – auch in anderen Erdteilen – Nord- und Südamerika, Australien – wurde entsprechend mit Bibel und Flinte gewütet: „Geladen, gebt Feuer! Halleluja!“

„Wir“ können natürlich nicht alle unter dem Kapitalismus leidenden Menschen aufnehmen, aber wir – jetzt ohne Anführungszeichen – müssen so vielen von ihnen helfen, wie möglich. Die beste Hilfe besteht allerdings darin, die Ursache von Hunger und Elend, von Kriegen und Ausbeutung zu beseitigen, den Kapitalismus und das mit ihm untrennbar verbundene Streben nach Höchstprofiten.

Wir haben großen Respekt vor der Bevölkerung der vor der afrikanischen Küste liegenden Insel Lampedusa. Wahrscheinlich gibt es auch dort ein paar Faschisten, die die Bootsflüchtlinge am liebsten im Meer ersäufen würden, wie es die „Schutzboote der Festung Europa“ zumindest in der Vergangenheit getan haben. Doch von diesen Faschisten merkt man nichts; die Bevölkerung Lampedusas kämpft seit Jahren solidarisch für eine menschenwürdige Behandlung der Flüchtlinge, von der „christlich-abendländischen Leidkultur“ aber weitgehend im Stich gelassen.

Stoppt die Ausbeutung auch des Menschenreichtums anderer Länder!

Grenzenlos für Kriegsflüchtlinge, Hungerflüchtlinge und politisch Verfolgte!