Griechenland: Eine erneute Sparkur

Im August 2015 verordnete die „Troika“ einen drastischen „Reform“-plan als Gegenleistung für ein Darlehen von 86 Milliarden Euro. Ein wenig mehr als 32 Milliarden wurden bereits mit der Gegenleistung der Privatisierung des öffentlichen Dienstes, der Entlassung von tausenden Staatsbediensteten, einer Kürzung der Löhne, der Renten und der sozialen Hilfen und zusätzlicher Steuern auf Produkte des täglichen Bedarfs vergeben. Bis Ende Juni braucht Athen wenigstens 7 Milliarden, nicht um zu investieren und das Elend der Bevölkerung zu lindern, sondern um seine Gläubiger fristgerecht zu bezahlen.
Das Treffen zwischen der griechischen Regierung und der „Troika“ am 20. Februar hatte zum Ziel, die Modalitäten dieses Darlehens festzulegen. Einige Mitglieder der Syriza-Anel-Regierung(*) hegten die Hoffnung einer Spaltung der „Troika“. Seit mehr als einem Jahr spiegeln die Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF) in der Tat die Perspektive einer Umschuldung der griechischen Schulden vor, von der die Europäische Zentralbank (EZB) nichts wissen will. Beim Besuch in Berlin bemühte sich die Direktoren des IWF, Christine Lagarde, ihre Hoffnungen zu dämpfen. In einem Interview, die sie einem deutschen öffentlichen Sender am 22. Feb. gab, erläuterte sie, was sie unter „Umschuldung“ versteht: Es steht nicht zur Debatte, die enorme Höhe der Schulden zu reduzieren, sondern nur, ihre Rückzahlung durch eine Begrenzung des Zinssatzes zu strecken. Der Europakommissar für Wirtschaft und Soziales, Pierre Moscovici, hat diese „Opposition“ in einem Interview für Euronews so zusammengefasst: „Es ist nicht möglich, dem griechischen Volk noch mehr Sparmaßnahmen aufzubürden“, aber „es ist notwendig und legitim, mehr Reformen umzusetzen, um Griechenland konkurrenzfähiger zu machen“!
Solange noch etwas Fleisch auf den Knochen ist, „wird Griechenland zahlen“! Man muss es allerdings erst finden: 1/3 der Bevölkerung hat keine soziale Absicherung mehr, die Arbeitslosigkeit beträgt 24% (50% bei den unter 25-jährigen), die Kaufkraft ist um 40% gesunken, die Kindersterblichkeit hat um 181% zugenommen, die Auswanderung der Jugendlichen, der Arbeiter, der Freiberufler und Führungskräfte hat schwere Auswirkungen auf die Zukunft des Landes. Dennoch hat sich die Regierung Tsipras erneut darangemacht, die Rentenschraube anzuziehen, neue Abgaben zu erheben, die Steuern zu erhöhen und das Arbeitsrecht in Frage zu stellen. Wenn Athen es schafft, das von der „Troika“ erzwungene Programm umzusetzen, könnte es seine eigenen Reformen, die so genannten „Kompensationsmaßnahmen“, vorschlagen. Das heißt zu vergessen, dass Griechenland unter finanzieller Aufsicht steht und dass weder die Regierung noch das Parlament etwas ohne die Zustimmung seiner Gläubiger entscheiden kann. Die Offenkundigkeit neuer Opfer des Volkes leugnend, sprechen manche Führer der Syriza von Teilsieg. In einem Interview, das der Fraktionsvorsitzende der Syriza, C. Zachariades, der „Humanité Dimanche“ gegeben hat, erklärt dieser: „Wenn man eine Sache berücksichtigen muss, dann die, dass dieses Abkommen zeigt, dass die für Griechenland vorgesehenen Lösungen nicht mehr auf der Sparpolitik und ihren Defiziten basiert.“!
Das griechische Volk ist gut beraten, auf diese Art Behauptungen gar nicht zu hören, die auf Treu und Glauben und einer Propaganda beruhen, mit der sie schon seit fast zehn Jahren überschüttet worden ist. Langandauernde Kämpfe breiten sich aus (in der Landwirtschaft, dem Gesundheitswesen, für die Verteidigung des öffentlichen Diensts, gegen die Abschiebungen…) Zum ersten Mal wäre heute eine Mehrheit der Bevölkerung für einen Austritt aus dem Euro und der EU sowie für eine völlige Streichung der Schulden oder eines bedeutenden Teils davon. Auf die Gefahr hin, unter der Sparpolitik zu leiden,erscheint der „Grexit“ günstiger als eine Demütigung ohne Ende. Manche Leute des IWF sehen voraus, dass es fast ein Jahrhundert braucht, um die Schulden zu tilgen. Bei jedem Treffen mit den Gläubigern warnen Tsipras und seine Minister vor dem Volkszorn, der sich durch Akte des Widerstands gegen dieses Europa des Geldes ausdrückt, aber sie fahren in Taten fort, diese Politik umzusetzen. Trotz der Entbehrungen und der Not lässt das griechische Volk nicht die Arme hängen. Es hat im Lauf seiner Geschichte eine reiche Tradition des Kampfs und der Solidarität erworben. Diesen Appell an den Widerstand und die Würde wollten die Athener Studenten hervorheben, die auf ihre Transparente schrieben: „Lieber arm und aufrecht leben als reich und auf den Knien.“

*) Syriza-Anel-Regierung: Anel ist der rechtspopulistische Koalitionspartner von Syriza.

Aus „La Forge“, März 2017, Zeitung der Kommunistischen Arbeiterpartei Frankreichs (PCOF)