Was macht Europa aus? Oder: Der wahre „Pulse of Europe“

Theo Waigel (CSU) und Margarete bause (Grüne) bei Pulse of Europe

Foto: Theo Waigel (CSU) und Margarete Bause (Grüne) als Besucher bei Pulse of Europe München am 26. März 2017 – eine Jubelveranstaltung.
Von H-stt – Eigenes Werk, CC-BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=57665934

In letzter Zeit wird wieder kräftig die Propagandatrommel für Europa bzw. die EU gerührt:

So titelte eine im März an zahlreiche Haushalte in Deutschland verschickte Propagandabroschüre der Bundesregierung: „Was macht Europa aus? Frieden und Freiheit“. Anlass war der sechzigste Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge, welche nach Bildung der sog. „Montanunion“ einen weiteren Schritt, zu einer gemeinsamen ökonomischen Zusammenarbeit der westlichen europäischen Staaten, darstellte. Ziel war es also, dem Kapital neue Wege zu bahnen. Dabei sollte es von nun an weniger gegeneinander (z.B. Deutschland vs. Frankreich), als viel mehr gemeinsam gehen… – gemeinsam gegen nicht EU-Staaten, damals gegen den Ostblock, dann gegen Jugoslawien, heute gegen Libyen, Syrien, Russland usw. usf. Gemeinsam gegen Afrika.

In der Broschüre wird vor allem der Frieden als große Errungenschaft der EU gepriesen: So wird auf einem Zeitstrahl dargestellt, dass in der EU seit 1945 Frieden herrsche. Das ist geschickt suggestiv gemacht, denn es stimmt zwar für die EU, keineswegs aber für Europa, wie wir durch den Jugoslawien-Krieg wissen und es aktuell in der Ukraine beobachten können.

Eine Seite weiter kommt gleich ein Unternehmer zu Wort, der vollen Lobes für den geschaffenen Binnenmarkt ist; der sei auch gut für die Verbraucher, warum wird aber nicht gesagt. Ständig wird von „großartigen Chancen“ gesprochen, auch für Jugendliche, Auszubildende und Studenten. Worin die aber konkret bestehen außer für solche, die das Glück haben, ein Stipendium für einen Auslandsaufenthalt zu bekommen, wird nicht genauer erläutert. Natürlich ist das ein Fortschritt, der internationale Austausch im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich, aber braucht es dazu wirklich eine EU, die in erster Linie den Interessen des Großkapitals dient, verhöhnende Milchpreise festsetzt, Bauern in den Ruin treibt oder faule Kompromisse mit dem faschistoiden Erdogan-Regime in der Türkei schließt, um sich die Flüchtlinge vom Hals zu halten?

Schlussendlich legt in der Broschüre ein Fernmeldeoffizier der Bundeswehr die Abschottungspolitik euphemistisch dar. Positiv wird herausgestellt, dass durch die EU-Türkei-Vereinbarung die Flüchtlingszahlen gesunken sind und es eine gute Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika gebe – wie zynisch! Jeder weiß, wie massenhaft billige, europäische Produkte den afrikanischen Markt überschwemmen, mit denen die dortigen Bauern nicht konkurrieren können.

Man könnte eigentlich gut eine „Gegenbroschüre“ dazu entwerfen, um auf das ganze imperialistische Unheil aufmerksam zu machen, das von der EU ausgeht…

Auch im Fernsehen wird fleißig Propaganda gemacht: An Ostern strahlte der Sender Phönix beispielsweise eine Dokumentation namens „Wir Europäer!“ und „Kampf um Europa“ aus. Es wird fleißig an einer europäischen Identität gebastel t ; Europa sei ein einziger Freiheitsgedanke, der sich nach einem langen Gegeneinander, zwei Weltkriegen und „kommunistischer Unterdrückung“, endlich durchgesetzt habe.

Seit geraumer Zeit gehen in einigen europäischen Städten, darunter auch viele in Deutschland, sogar zahlreiche Menschen auf die Straße, um die EU zu unterstützen, vornehmlich gegen rechte Populisten, die wieder mehr auf nationalen Chauvinismus setzen wollen (Afd, Kaczynski, Orban, Le Pen etc.). Diese von Frankfurter Rechtsanwälten gegründete Bewegung nennt sich „Pulse of Europe“ und tritt mit folgenden Phrasen an:

1. Europa darf nicht scheitern,

2. Der Frieden steht auf dem Spiel,

3. Wir sind verantwortlich,

4. Aufstehen und wählen gehen,

5. Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit sind unantastbar,

6. Die europäischen Grundfreiheiten sind nicht verhandelbar,

7. Reformen sind notwendig,
8. Misstrauen ernst nehmen,
9. Vielfalt und gemeinsames,
10. Alle können mitmachen -und sollen es auch.

Zu den Kundgebungen kommen auch junge Menschen, vornehmlich aus dem Bildungsbürgertum, die von der Globalisierung profitieren und auch über ein ausreichendes Budget verfügen, um zu „reisen, wohin man will“. Sicher nehmen auch solche teil, die sich einiger Probleme bewusst sind und ehrlich etwas verbessern wollen. Denn Frieden in Europa sowie kultureller und wissenschaftlicher Austausch sind ja schließlich auch positive Dinge, die es zu verteidigen gilt – vor allem gegen reaktionäre und faschistische Bewegungen. Als Kommunisten greifen wir das auf, sind aber zugleich entschieden der Meinung, dass die EU nicht reformierbar ist, nicht auf der Grundlage einer kapitalistisch-imperialistischen Staatengemeinschaft!

Aber diese Tendenzen sind ja auch Zeichen der Krise, in der sich der Imperialismus und damit auch die EU befindet.

In Großbritannien haben die Menschen den Anstoß für den Zerfall der EU gegeben!

Auch wir fordern:

Deutschland raus aus der EU, raus aus der NATO!

Keine Truppen an der Grenze zu Russland!

Weg mit der EU-Türkei-Vereinbarung!

Für ein sozialistisches Deutschland, durch welches ein wirklicher Grundstein für ein friedliches Europa gelegt würde!