Arbeiterklasse, gibt’s die noch? Zur Erklärung der Organisation für den Aufbau einer kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands

Der erste Mai, der Kampftag der Arbeiterklasse findet in diesem Jahr
im Angesicht eines neuen brutalen Krieges statt. Viele Menschen stellen
besorgte Fragen: Was werden wir von dem ausbaden müssen, was jetzt
Bush und Konsorten zerstören? Warum stoßen die Bushkrieger
wilde Drohungen gegen Syrien und Iran aus? Müssen wir um den Frieden
und um eine menschliche Zukunft, ja sogar gegen einen neuen Weltkrieg
kämpfen? Warum unterstützte die Berliner Regierung in Wirklichkeit
den Bushkrieg, obwohl sie öffentlich dagegen spricht?
Indem die Bundesregierung nun passend zur aufgeheizten Weltlage Steigerungen
des Wehretats ankündigt (zugegeben sind bereits ca. 1,5 Mrd. Euro!),
startet sie immer neue Angriffe auf die Lebenslage der arbeitenden Menschen.
Der beispiellose soziale Kahlschlag im Zeichen von Hartz und Rürup
lässt immer mehr Menschen Armut befürchten. Die Reichen, die
Kapitaleigner, die Spekulanten dieses Landes dagegen bleiben unbehelligt.
Wohin soll das führen?

Die Gewerkschaften, im Kapitalismus existenznotwendig, sind durch die
Politik der Klassenzusammenarbeit ihrer Führungen in eine Existenzkrise
geraten. Zahlreiche Mitglieder wenden sich frustriert oder im Protest
ab. Sie drohen in dieser Krise ihre Legitimationsbasis zu verlieren.
Krisen werfen die Frage nach der Zukunft auf. Die in Nr. 1 von „ARBEIT
ZUKUNFT“ (AZ Nr. 1) publizierte Erklärung stellt sich diesen
Fragen:

„Die tiefste Krise der Nachkriegszeit wird sich weiter verschärfen.
Dem Streben des Monopol- und Finanzkapitals wird alles geopfert, einschließlich
des Friedens.
Die Menschheit braucht eine neue Gesellschaftsordnung! Der Kapitalismus
muss und wird dem Sozialismus Platz machen. Das Kapital muss enteignet
werden. Dafür kämpfen wir.
Hier stellt sich die Frage: Welche gesellschaftliche Kraft kann einen
solchen Wechsel überhaupt vollbringen? Unserer Auffassung nach kann
diese Kraft nur die Arbeiterklasse sein“(AZ, Nr.1, S.3)

Arbeiter, Arbeiterklasse, Arbeitende Klasse, Arbeitende Menschen –
das sind Kernbegriffe der „Erklärung der Organisation für
den Aufbau einer Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands“. Viele
Menschen mögen diese Sprache nicht. Wir haben trotzdem bewusst diese
Begriffe in den Mittelpunkt unserer Erklärung gestellt. Denn die
Arbeiterklasse repräsentiert in Ihrer durch die kapitalistische Industrie
herbeigeführte Kollektivität bereits die Produktionsweise der
Zukunft, eine gesellschaftlich organisierte Produktion. Niemals aber das
Kapital, das eine Produktion nur unter der Bedingung erlaubt, dass Kapitalisten
an ihr sich bereichern können. Das Kapital mit seinem ihm strukturell
innewohnenden Kostensenkungs- und Profitanspruch bekämpft die arbeitenden
Menschen, ihr soziales Leben, ihren Wohlstand. Die – trotz Profiten –
wachsende Arbeitslosigkeit spricht Bände!

Handelt es sich in der kapitalistischen Gesellschaft tatsächlich
um Klassen? Ist sie tatsächlich eine Klassengesellschaft? Das wird
heutzutage von Bataillonen von Politologen und Ökonomen bestritten.
Unter großem Medienaufwand wird unser Standpunkt als veraltet, verknöchert
und reaktionär geschmäht. Aber wir stellen trotzdem die arbeitenden
Menschen in den Vordergrund.
Für uns erledigt sich die Frage nach den Klassen unsrer Gesellschaft
in keiner Weise mit dem Hinweis auf die angeblichen sozialen Errungenschaften
„der Arbeitnehmer“, die alle Klassenunterschiede eingeebnet
hätten, oder mit dem Hinweis auf Mitbestimmung, auf angeblich „mächtige“
Betriebsräte und Arbeitnehmervertretungen, wegen denen die geplagten
Manager und Unternehmen ihre Probleme nicht mehr lösen könnten.

Klassen von Menschen, das sind harte und unpopuläre Begriffe. Wir
verstehen darunter Menschen, die die gleiche Stellung zu den Produktionsmitteln
der Gesellschaft haben. In der kapitalistischen Gesellschaft leben einfach
große Massen von Menschen, die keinerlei Produktionsmittel besitzen,
und eine viel kleinere Gruppe, die Kapitalistenklasse, die diese Mittel
besitzt bzw. vermittels des ihnen gehörenden Kapitals umfassend kontrolliert.

Die Arbeiterklasse besteht aus Millionen Menschen, die keine Produktionsmittel
besitzen. Sie sind real davon abhängig, dass sie von der Klasse,
die diese Produktionsmittel besitzt, gegen Lohn beschäftigt werden,
wenn sie überleben wollen. Die Arbeiterklasse ist tatsächlich
lohnabhängig. Ob ihre Angehörigen deswegen arm und im Elend
leben oder als gut qualifizierte Beschäftigte eines Großkonzerns
relativen Wohlstand genießen, das ist nicht die Frage, jedenfalls
nicht für uns.

Unverzichtbar ist für uns ein zweites Merkmal, das die Stellung
zu den Produktionsmitteln betrifft und das Bild erst komplett macht: Die
Angehörigen der Arbeiter/innenklasse sind tatsächlich in der
Produktion, in der Produktion von Waren beschäftigt, schaffen Mehrwert,
sind, wie das kapitalistische Ökonomen gelegentlich vage zugeben,
wertschöpfend. Das erst definiert die Arbeiterklasse wirklich und
schafft Differenzierung gegenüber anderen Lohnabhängigen, die
nicht Arbeiter/innen sind.

Das bedeutet keinerlei Abwertung von Angestellten, Beamten und anderen
arbeitenden Menschen, nur soll der Kern der Sache klar herausgearbeitet
werden! Sehr viele Menschen dieser anderen Gruppen sind in ihrer sozialen
Lage der Arbeiterklasse ähnlich oder gleich. Und unsere Erklärung
weist auch darauf hin, dass beispielsweise auch viele Angestellte heute
tatsächlich produzieren und damit, trotz hoher und höchster
Qualifikation, zur Arbeiterklasse gehören.
Diese Feststellung ist auch deswegen keine Abwertung, weil die kapitalistische
Realität selbst diese Differenzierung hervorbringt, nicht wir. In
diesem Sinne ist die Arbeiterklasse für uns

„ die wichtigste Klasse der Gesellschaft. Sie produziert
den“ Hauptteil des „gesellschaftlichen Reichtums“(AZ,
NR.1, S.3)

wie es in unserer Erklärung heißt, die wir an dieser Stelle
(„den Hauptteil“) gleich korrigieren müssen. Denn selbstverständlich
produzieren. auch Bauern oder Handwerker einen Teil des Reichtums.
Zusätzlich setzen wir uns realistisch mit der Tatsache auseinander,
dass die Zahl der beschäftigten Arbeiter/innen zwar langsam sinkt,
bestehen aber darauf, dass die Bedeutung der Arbeiterklasse für die
Volkswirtschaft zunimmt und führen drei Argumente dafür an:

  1. „Das Qualifikationsniveau der Gesamtarbeiterklasse stieg erheblich.
    Durch ihre gewachsenen Fähigkeiten ist die Arbeiterklasse objektiv
    gesehen heute mehr als früher schon in der Lage, die Produktion
    in ihre Hände zu nehmen und zu leiten.“ (AZ., Nr.1, S. 4)
    Schon 1945, nach der Niederlage des deutschen Faschismus, als zahlreiche
    Kapitalisten im Knast saßen, leiteten oft Arbeiter die Produktion,
    bis ihre Herren später wieder das Ruder übernahmen.
    Wer denkt heute nicht an all die Team- oder Gruppenarbeitsprojekte in
    den Betrieben, in denen den Mitarbeiter/innen immer mehr „Selbstorganisation“,
    Qualitätssicherung“, „Eigenverantwortung“ abverlangt
    wird? „Das Gold in den Köpfen der Mitarbeiter/innen heben“,
    wie es oft heißt. Das funktioniert keineswegs überall, aber
    es funktioniert immer besser in vielen Betrieben! Das Kapital selbst
    in seinem Drang, sogar die leitenden Posten der Betriebe einzusparen,
    fördert diese Entwicklung.
  2. „Die Produktivität der Arbeit ist drastisch angestiegen.
    Eine kleiner werdende Zahl von Arbeiterinnen und Arbeitern schafft immer
    mehr gesellschaftlichen Reichtum, der jedoch privat vom Kapital angeeignet
    wird. Damit ist auch die Macht und die Bedeutung der Arbeiterklasse
    in der Produktion und der Gesellschaft objektiv gestiegen.
  3. Die Veränderungen in der modernen Produktion wie „Just-in-time”,
    Flexibilisierung, „atmende Fabrik” usw. haben die Bedeutung
    und Macht der Arbeiterklasse ebenfalls erhöht. Selbst kurze Störungen
    der Produktion können zur Stilllegung ganzer Industriezweige führen.“(AZ.,
    Nr.1, S. 4)

Die arbeitenden Menschen, das will die Erklärung sagen, haben allen
Grund, selbstbewusst zu sein, Forderungen zu stellen und durchzusetzen!
Es geht um

  • unsere Löhne und Arbeitsbedingungen!
  • Fragen der Qualifikation, der Bildung, des Bildungswesens, es geht
    um unsere Kinder!
  • Fragen der Gesundheit, des Gesundheitswesens, der Alterssicherung!
  • Fragen der Einnahmequellen des Staatshaushalts, also der Steuerpolitik,
  • die Kosten der Staatstätigkeiten, die Verwendung der den arbeitenden
    Menschen abgepressten Steuern, also um alle Fragen der Staatstätigkeit.

Es gibt buchstäblich keine Frage, die die Arbeiterklasse nicht
zu interessieren bräuchte.
Fortsetzung in Nr.3