Buchbesprechung: Mathias Bröckers und der 11. September oder „Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners!“

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 auf die beiden Türme des
World Trade Center in New York und auf das Pentagon haben die ganze
Welt aufgewühlt und verändert. Vor allem der US-Imperialismus hat die
Anschläge genutzt, um seine Herrschaft auszubauen, Konkurrenten
zurückzudrängen und die nach Freiheit und Unabhängigkeit strebenden
Völker einzuschüchtern. Zwei Kriege gegen Afghanistan und den Irak
wurden im Namen des „Kampfes gegen den Terrorismus“ geführt. Diese
Verwandlung des Opfers zum Krieggewinnler hat Millionen Menschen in
aller Welt misstrauisch gemacht und Platz geschaffen für
Verschwörungstheorien.

Mathias Bröckers ist mit seinem Buch „Verschwörungen,
Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des 11.9.“, das bei
Zweitausendeins erschienen ist, zu einem Vorreiter solcher Theorien
geworden. Mit mittlerweile 33 Auflagen ist es zu einem Bestseller
geworden. Bröckers stellt sich als „Linker“ dar und hat auch unter
vielen fortschrittlichen Menschen Anhänger gefunden. Die 33 Auflagen
sind ein sichtbares Zeichen für diesen Einfluss. Deshalb soll der
„kritische“ Mathias Bröckers hier kritisch betrachtet werden.

„Philosophische Wahrheiten“

Rund ein Fünftel des Buches verwendet Bröckers, um langatmig seine
Philosophie auszubreiten. Ein Kernpunkt seiner selbst gestrickten
Lebensweisheiten: „Und ich habe mich dabei so gut es geht an die
goldene Regel des weisen Kybernetikers Heinz von Foerster gehalten:
‚Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners!’“ (S.16, siehe auch S. 117)
Nach Bröckers Meinung gibt es keine objektive Wahrheit und keine
Möglichkeit diese zu erkennen. Alles ist relativ.
Damit wäre natürlich jede Wissenschaft und jede Erkenntnis der Realität
unmöglich. Wer behaupten würde, dass der Stuhl auf dem Bröckers
gesessen hat, als er seine „Erkenntnisse“ niederschrieb, wahr und real
existiere, wäre ein „Lügner“, denn „Wahrheit ist die Erfindung eines
Lügners!“ Wer so einen Realitätsbegriff hat, kann sich natürlich in
jedweder Spekulation und Phantasie verirren.

Doch auch Bröckers hat seine „Wahrheiten“, die er ungeniert verbreitet.
Die deftigste kommt zuerst im Kapital „Die Bio-Konspiration“ (S.27
ff.). Nach Bröckers – und er meint das ernsthaft – haben sich die
Moleküle verschworen: „Einzelne Moleküle schlossen sich zu Gruppen
zusammen, um die Ressourcen des Planeten besser auszubeuten.“ (S.27)
Bröckers schreibt den Molekülen ein Ziel zu, auf das sie hinarbeiten!
Doch es kommt noch „zielgerichteter“: RNA (Ribonukleinsäure) und DNA
(Desoxyribonukleinsäure) haben sich „verschworen“ das Leben zu
schaffen. Und die daraus entstandenen Einzeller verschworen sich dazu,
Mehrzeller zu schaffen: „Wir wissen jetzt,… dass sich bestimmte
Bakterien vor etwas 2,5 Milliarden Jahren zu Verbänden
zusammenschlossen, um die ersten mehrzelligen Lebewesen zu bilden – und
dass sie seitdem daran arbeiten, immer komplexere Lebensformen
hervorzubringen.“ (S.33) Die Moleküle, DNA und RNA, die Einzeller und
die Mehrzeller haben „Einverständnis, eine gemeinsame Idee, Geist“
(S.32). Sie sind „die Filiale einer höheren Intelligenz“ (S.33), die
über allem schwebt und „Global Brain“ (S.33) heißt. Sie plant „die
einzige real existierende Weltverschwörung überhaupt, und ihr einziges
Ziel heißt: Leben.“ (S.33)
Also: schon die Moleküle haben planmäßig, verschwörerisch und
zielgerichtet gehandelt, weil über ihnen ein „Global Brain“, ein
„Weltgeist“ daherschwebt. Klar! Wenn Wahrheit Lüge ist, dann muss man
sich nicht um Realität und Wahrheit kümmern, dann kann man göttliche
Prinzipien in die Natur hinein interpretieren. So wird Bröckers
eingangs geäußerter Wunsch verständlich und „wahr“: „Wenn dieses Buch
so zuerst einmal zu einer allgemeinen Verunsicherung beitragen könnte,
wäre sein aufklärerischer Zweck schon halb erfüllt.“ (S.16)
Das Linke von diesen naturreligiösen Verschwörungstheorien fasziniert
sind, ist schon verwunderlich. Denn um nichts anderes als eine Religion
handelt es sich. Wenn die Materie „die Filiale einer höheren
Intelligenz“ ist, dann ist die materielle Welt der Plan eines genialen
göttlichen Prinzips. Traurig ist nur – wie immer -, dass dieser geniale
gottgleiche Geist eine so schlechte Welt geplant hat. Wie der geniale
gottgleiche Geist die Materie erschaffen, wie er sie zur Verschwörung
angeleitet hat? Fragen über Fragen! Doch da Wahrheit die Erfindung
eines Lügners ist, muss Bröckers nichts beweisen und beantworten.

Google – die neue Offenbarung

Jeder Gott braucht Boten. Prophet Bröckers hat seine göttlichen Boten
gefunden, die ihm die Offenbarung bringen: das Internet und der
Suchdienst Google. Im Kapital „Zweimal täglich googeln“ (S.19 ff.)
bejubelt Bröckers das Internet und Google als die modernen Erzengel,
die mit Feuer und Schwert Licht in die böse Welt tragen. Das Internet
„hat sich in den vergangenen zehn Jahren zum Über-Medium entwickelt“.
Wer nicht an diese Erzengel und den neuen Gott glaubt, dem drohen
„Propaganda-Infektionen“ und „chronische Verblödung“. (S.22) Wer jedoch
gläubig ist, der ist ein „Freigeist“ und auf dessen Seite ist „der
Wahrheitsgehalt und die Seriosität“. Bröckers erinnert mit dieser
Haltung an den Kampf der katholischen Kirche gegen Onanie. Da wurde
auch jedem „Verblödung“ angedroht, der der Heilslehre der Kirche nicht
traute und Hand an sich selbst legte.

Bröckers wirft den Geheimdiensten und der US-Regierung im Zusammenhang
mit dem 11. September sicher zu Recht Fake-Nachrichten (gefälschte
Nachrichten) vor. Allerdings ist das Internet auch eine Quelle vieler
Fake-Nachrichten. Nachrichten fälschen ist leicht. Nachrichten auf
ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen ist schwierig. Bröckers jedoch
macht es sich bei seinen göttlichen Boten sehr leicht: „Zur konkreten
Bewertung einer Quelle ist natürlich ein ‚proof of the pudding’, d.h.
die zumindest flüchtige Lektüre des Artikels und seiner Dokumentation
erforderlich.“ (S.20) „Flüchtige Lektüre“? Das soll zu einer „konkreten
Bewertung einer Quelle“ dienen?

Bröcker gibt eine Linkliste von mehreren hundert Seiten an. Das ist
schwer zu überprüfen. Doch er nennt selbst neun Seiten als seine
Hauptdatenquellen. Nur zwei Beispiele aus diesen neun Hauptquellen
Bröckers mögen zeigen, wie flüchtig und fragwürdig solche Quellen sind.

  • Die angegebene Internet-Adresse www.gnn.com (S.21) gibt es nicht mehr!
  • Bröckers lobt „die sehr gut dokumentierten 9-11-Analysen des
    Journalisten Jahred Israel“ unter www.emperors-clothes.com (S.20 f.)
    Schaut man sich die Quelle an, so findet man hier teilweise doch sehr
    abstruse Theorien. So behauptet Jahred Israel  unter 
    http://emperors-clothes.com/analysis/deja.htm die USA und der Iran
    seien „öffentlich Feinde, insgeheim Freunde“! „Entgegen dem
    Medien-Mainstream und ausgewiesenen Kritikern der US-Politik haben die
    USA und der Iran seit dem Sturz des Schahs vor 24 Jahren nicht
    vollständig feindliche Beziehungen. Vielmehr haben die USA und der Iran
    eine komplexe Beziehung gehabt, die gegenseitige öffentliche Angriffe
    beinhaltete, während sie insgeheim zusammenarbeiteten, um verschiedene
    schändliche Komplotte durchzuführen.“

Jahred Israel und seine Mitautoren unterstellen, dass die USA
öffentlich Iran als Schurkenstaat attackieren, aber insgeheim mit dem
Iran gegen Israel zusammenarbeiten! Sie bezeichnen den US-Imperialismus
als anti-semitisch. Schaut man sich die reale Politik der USA im Nahen
Osten, in der Auseinandersetzung zwischen Israel und dem
palästinensischen Volk an, so sieht man das Gegenteil! Doch was zählt
die Realität, wenn die Wahrheit sowieso eine Lüge ist! Was sollen wir
von solchen, angeblich seriösen Quellen halten?

Verschwörungstheorien und die „Abschaffung des Kapitalismus“

Bröckers liebt es zu spielen. Er jongliert mit Verschwörungstheorien.
Er spielt wie ein kleines Kind: mal nimmt er eine kleine, feine
Verschwörungstheorie in die Hand, um sich damit eine Weile zu
beschäftigen, kurz darauf pfeffert er sie in die Ecke. Er berichtet
episch breit über die „Weisen von Zion“, um dann festzustellen, dass
deren Protokolle eine reine Fälschung seien. Dann redet er über die
Illuminaten, über die Freimaurer, über den angeblich „aktuellen
Konspirations-Bestseller Das schwarze Reich“ (S.46), wonach Hitler und
die Nazis das Produkt einer Verschwörung „okkult-esoterischer
Machtgruppen“ (S.46) gewesen seien. Es folgen der islamische
Sufi-Orden, die Tempelritter, die Assassinen und viele weitere.
Bröckers deutet an, verleugnet dann wieder, stellt Verbindungen und
Zusammenhänge her, um sie kurz drauf wieder in Frage zu stellen.
Letztendlich wird nie richtig klar, was Realität, was Phantasie, was
Lüge ist. Bei einem Autor mit dem Motto „Wahrheit ist die Erfindung
eines Lügners!“ ist das nicht verwunderlich.

Ausführlich wendet sich Bröckers in dem Kapitel „Die Geldverschwörung“
(S.49 ff.) gegen den Zinswucher. Er beginnt mit zwei Worten von Karl
Marx von „geldheckendem Geld“, „um wenigstens einmal den roten Karl zu
zitieren“ (S.49), wie er meint. Bröckers gibt sich links, doch damit
ist sein „Marxismus“ auch schon beendet. Seitenlang klagt Bröckers den
Zinswucher an, um dann die „freie Marktwirtschaft“ (S.57) zu
verteidigen. Er meint, dass man den Zinswucher verbieten müsse, um eine
wahrhaft freie Marktwirtschaft zu schaffen. Er stützt sich dabei auf
die Theorien Silvio Gesells, der zinsloses Geld, so genanntes
„Freigeld“ einführen wollte. Doch Marx hat nachgewiesen, dass der
Mehrwert in der Produktion geschaffen wird, dass dort der Kern der
Ausbeutungsverhältnisse liegt. Zinsen für das Finanzkapital entstammen
genauso aus diesem Mehrwert wie die Profite des Produktionskapitals.
Und heute sind beide eng miteinander verschmolzen.

Genauso simpel wie Bröckers Erklärungen der gesellschaftlichen Verhältnisse sind seine Lösungsvorschläge:
„Tatsächlich werden Banken, die Geld zu hohen Kosten in die Zirkulation
bringen, durch das Internet tendenziell überflüssig: Die User könnten
sich auf ihr eigenes Geld einigen und es – dank
Verschlüsselungssoftware – fälschungssicher zirkulieren lassen.“ (S.58)
Wieder einmal rettet das Internet die Welt! Denn:
„Im Verlauf unseres Millenniums werden sie auf diesem mörderischen
Geld, unter dessen Zinslasten Milliarden Menschen ächzen, schlicht und
ergreifend sitzen bleiben – und das Schöne ist: Es bräuchte zu dieser
Befreiung der Marktwirtschaft vom Kapitalismus – außer einem
Spekulationsverbot mit Grund und Boden – nicht einmal eine Revolution.“
(S.58)

Den Kapitalismus „abschaffen“, indem man Zinsen abschafft und die
Spekulation mit Grund und Boden verbietet, aber die Ausbeutung der
Arbeiterklasse in der Produktion beibehält? Die Quadratur des Kreises
wäre wahrscheinlich einfacher. Denn aus dem Mehrwert, der in der
Produktion entsteht, entspringt der Profit auf das eingesetzte Kapital.
Was ist das anderes als Zins? Dadurch, dass man es wie Gesell und
Bröckers als wohlverdienten Lohn für die ach so schwere „Arbeit“ des
Kapitals betrachtet, verliert es dennoch nicht seinen Charakter als
Verzinsung des Kapitals, als „geldheckendes Geld“ wie Bröckers Marx
richtig zitiert hat.

Fakten

Bröckers stützt sich auch auf Fakten. Nur dadurch erhält sein Buch eine
gewisse Berechtigung und Glaubwürdigkeit. Allerdings sind diese Fakten
meist nicht neu. Dass Osama bin Laden und die Taliban vom CIA
hochgerüstet wurden, dass die USA bis kurz vor dem 11.9. noch intensive
Verhandlungen mit der Taliban-Regierung Afghanistans über eine
Erdöl-Pipeline führten, dass Bush und andere Regierungsmitglieder enge
Verbindungen zur US-Erdöl-Industrie haben, ist zwar von großer
Bedeutung für die Bewertung des Afghanistan-Krieges, aber eben nicht
sonderlich neu.

Auch dass der CIA vorher über mögliche Anschläge gewarnt wurde, dass
die Einreise der Flugschüler unteren CIA-Behörden auffiel, dies aber
dann nicht weiter verfolgt wurde, ist keine sensationelle Enthüllung
mehr. Dass es kurz vor den Anschlägen vom 11.9. dubiose
Aktienspekulationen gab, die bis heute ungeklärt sind, ist keine
Neuigkeit, allerdings wirklich merkwürdig. Mit vielen Details bestätigt
Bröckers die bekannte Tatsache, dass der CIA in Drogenhandel aus
Afghanistan und Pakistan verwickelt ist. Ebenso bringt er, dass „Bush
sen. und andere Exmitglieder seines Kabinetts in engen
Geschäftsverbindungen mit dem Bin-Laden-Clan“ (S.143) standen – das
stand schon in einigen Zeitungen. Und dass es unter anderem um Öl geht,
ist gewiss keine Sensation. Dass Hamid Karzai, der neue „demokratische“
Präsident Afghanistans, zuvor hochrangiger Mitarbeiter des US-Konzerns
Unocal war, der durch Afghanistan eine Öl-Pipeline bauen wollte, ist
seit längerem bekannt.

Diese und andere Fakten (es gibt also doch eine Realität und Wahrheit!)
sind es wert gründlich analysiert zu werden. In Nr.1 und 2 von „Arbeit
Zukunft“ (siehe http://www.arbeit-zukunft.de/content/az0201.htm) haben
wir das getan. Doch Bröckers bringt sie in keinen wirklich logischen
Zusammenhang. Er verteilt sie bröckchenweise und garniert sie mit
Spekulationen. So behauptet er z.B. im Kapitel „The Kosher Conspiracy“
(S.233 ff.), dass Israel viel Geheimmaterial über US-Politiker in der
Hand habe, diese erpressen und die US-Politik dominieren würde. Israel
würde die USA kontrollieren und nicht umgekehrt! Seine Erklärung:
„Der aus der Psychologie bekannte Mechanismus der ‚Identifikation mit
dem Aggressor’ scheint mir hier sehr deutlich zu werden“. (S.242)

Auch Bushs Kriegspolitik und ihren Erfolg erklärt er „psychologisch“
mit dem „eher instinktiven Herdentrieb, der im Ausnahmezustand… nach
einer klaren Freund/Feind-Unterscheidung verlangt“. (S.265) „Vielleicht
ist uns als domestizierten Primaten genetisch so etwas wie ein
Sündenbockreflex eingebaut, der im Falle von Katastrophen und Chaos
einerseits eine emotionale Abfuhr der Angst ermöglicht und andererseits
den Zusammenhalt des Rudels durch Fokussierung auf einen gemeinsamen
‚Feind’ gewährleistet. Nur mit einem solchen eher instinktiven Reflex
einer mehr auf archaischem Herdentrieb  als auf individueller
Vernunft basierenden Reaktion scheint mir der Erfolg von Bushs
Kriegspolitik erklärbar zu sein.“ (S.267)

Einen Beweis für seine Theorien bringt Bröckers nicht. Wir würden uns
auch sehr wundern, wenn er einen genetisch bedingten Sündenbockreflex
nachweisen könnte. Eine solche „Erklärung“ nimmt das Kapital und
Großmachtpolitik aus der Verantwortung für die real stattfindenden
Kriege – denn sie sind ja „genetisch“ bedingt.

Uns würde als Erklärung einfallen, dass der US-Imperialismus seine
gesamte ökonomische, politische und militärische Macht genutzt hat, um
seine „Bündnispartner“ mit in den „Krieg gegen den Terror“ zu zwingen.
Uns würde als Erklärung einfallen, dass das Kapital auch die Medien
besitzt und nutzt, um den Krieg propagandistisch vorzubereiten und
durchzuführen. Wir trauen dem Imperialismus, den Großmächten alles zu.
Nicht umsonst gibt es dutzende Beweise, dass der US-Imperialismus
mehrmals Regierungen, die ihm nicht passten, mit allen Mitteln zu Fall
brachte. Vor dem Einsatz des CIA, vor Terror und Mord wurde nie
zurückgeschreckt – siehe der Putsch in Chile oder die Umsturzversuche
in Kuba. Es ist sicher zulässig eine Verwicklung von Geheimdiensten und
auch des CIA in die Anschläge vom 11.9. zu vermuten. Ungereimtheiten
lassen eine solche Vermutung als eine Möglichkeit erscheinen.
Stichhaltige Beweise fehlen allerdings bisher – im Gegensatz z.B. zu
den CIA-Aktivitäten in Chile. Schlimm ist also nicht Bröckers Vermutung
einer Geheimdienst-Verwicklung. Schlimm ist, dass er Verwirrung schafft
statt Klarheit. Schlimm ist, dass er spekuliert statt zu analysieren.
Schlimm ist, dass er die wahren Ursachen, Imperialismus und
Großmachtpolitik zwar erwähnt, aber gleich wieder mit
pseudo-psychologischen und „genetischen“ Erklärungen verschleiert.
Bezeichnend ist auch, dass bei Bröckers nur Geheimdienste, Konzerne,
Regierungen usw. handeln. Völker tauchen in seinen Betrachtungen
überhaupt nicht auf. Dabei ist es offensichtlich, dass der Nahe und
Mittlere Osten in Aufruhr sind. Der nicht klein zu kriegende Widerstand
in Palästina, im Irak und auch in Afghanistan machen dem
US-Imperialismus die Beherrschung der Region schwierig. Es ist die
arrogante Sichtweise von Großmächten, die sich selbst, ihre Armee, ihre
ökonomische Macht und die des Gegners sehen, die Völker als Handelnde,
als aktive Kraft jedoch außer Acht lassen.

Schlußfolgerung

„Wenn dieses Buch so zuerst einmal zu einer allgemeinen Verunsicherung
beitragen könnte, wäre sein aufklärerischer Zweck schon halb erfüllt.“
(S.16) Zur „allgemeinen Verunsicherung“ trägt das Buch sicher bei.
Allerdings erfüllt es keinen „aufklärerischen Zweck“.
Es ist erstaunlich, dass ein solches Buch mittlerweile eine Auflage von
mehreren hunderttausend Exemplaren und in linken Kreisen Einfluss hat.
Sicher Bröckers kritisiert den US-Imperialismus radikal. Doch auf
welcher Grundlage und mit welchen Konsequenzen? Sein Einfluss unter
Linken zeigt nur die allgemeine Verunsicherung. Statt sich auf die doch
sehr eindeutigen und nachvollziehbaren Analysen von Marx zum
Kapitalismus oder Lenin zum Imperialismus zu stützen und in diesem
Zusammenhang die Anschläge vom 11. September zu untersuchen, flüchtet
man sich lieber in Phantasien. Das ist heute leichter. Doch „linke“
Phantasien wie die von Bröckers können einen leicht nach rechts
bringen. Wenn Bröckers die Zinsknechtschaft anprangert oder von der
Beherrschung der US-Politik durch Israel redet, nähert er sich – wir
hoffen ungewollt – rechtsradikalen „Analysen“ der Anschläge des 11.
September. Denn NPD-Ideologe Mahler phantasiert auch von einer
jüdischen Verschwörung, hinter dem nach alter NS-Ideologie der
Zinswucher steht, als Ursache der Anschläge vom 11.9.

Wie gut, dass es das Internet gibt. Auf der Seite
http://www.klick-nach-rechts.de/ticker/2003/07/verschwoerung2.htm wird
über eine Veranstaltung in Berlin berichtet, in der Bröckers auf dem
Podium saß und an der auch NPD-Mahler teilnahm. „’Mahler hat sich sogar
vor Gericht mit Zitaten aus meinem Buch verteidigt, da kann ich doch
nichts dagegen machen’, rechtfertigt sich Mathias Bröckers“

Wir danken für so viel Aufrichtigkeit! Dann machen wir uns doch lieber
die Mühe, unsere Analysen auch weiterhin auf der Realität basierend zu
machen. Denn: Wahrheit ist keine Lüge!