Firma Schlafhorst, Mönchengladbach – Kapital wird immer dreister: 40-Stunden-Woche bei voller Ausbeutung gefordert!

Angetrieben von der globalen Konkurrenz und ermutigt durch die hohe
Arbeitslosigkeit werden das Kapital bzw. seine Vollstrecker im
Management von Konzernen immer dreister, was die Durchsetzung seiner
Interessen betrifft. Dass Unternehmer, die nicht im Arbeitgeberverband
sind, meist mittelständische Betriebe, sich nur recht vage an
tarifliche Standards halten, ist bekannt. Z.B. die Firma Hermle in der
Schwäbischen Alb mit über 500 Beschäftigten, die 38 Stunden bezahlt,
aber in Zeiten voller Auftragsbücher zwischen 40 und 43 Stunden in der
Woche arbeiten lässt. So etwas nennt man das „atmende
Unternehmen“.  Immerhin zahlt Hermle auch dann 38 Stunden, wenn
auftragsbedingt weniger gearbeitet wird. Manche Unternehmen, die nicht
im Tarifverband sind, verlangen von ihren Beschäftigten auch 38 Stunden
und bezahlen nur 35 (z.B. Magnet-Schulz in Memmingen).

Ganz genau wissen wollen es aber einige Konzernbosse, darunter Bosch
und der Schweizer Textilmaschinen-Hersteller Saurer, der in Deutschland
mit immerhin 9 Produktionsstandorten vertreten ist. Darüber berichtet
die Westdeutsche Zeitung vom 27.09.2003:

 „Mönchengladbach. Mit 61 Prozent der Stimmen haben sich gestern
die Beschäftigten von Schlafhorst bei einer geheimen Wahl für
Lohnverzicht und Mehrarbeit ausgesprochen.“
Die Unternehmensführung hatte die insgesamt 558 Mitarbeiter bei
Autocoro in den vergangenen zwei Wochen informiert, dass Einschnitte
nötig seien, um den Standort Mönchengladbach zu sichern. Ansonsten
müsse die Produktion nach Tschechien verlagert werden. Wovon 175
Stellen betroffen gewesen wären. Grund sei der Wettbewerbsdruck vor
allem aus dem asiatischen Bereich. In den vergangenen Jahren hat sich
der Textilmarktbereich immer mehr in Länder wie China, Indien und
Bangladesch verlagert.

Nach der Abstimmung vom Freitag kann mit dem Betriebsrat und der
Gewerkschaft IG Metall nun über einen Haustarifvertrag verhandelt
werden. Das Ergebnis kommentieren möchte die Firmenleitung erst am
Montag (29.09.03). Das „Ja“ zum Verzicht soll aber, wie verlautet, eine
Sicherheit für den Standort Gladbach bis weit über das Jahr 2010
bedeuten. Für den Fall, der nun gestern eingetreten ist, hatte man
außerdem angekündigt, dass 50 Arbeitsplätze aus Tschechien nach
Mönchengladbach zurückgeholt werden sollen.
Dafür haben sich die Beschäftigten mit ihrer Wahl nun grundsätzlich
bereit erklärt, eine Anhebung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40
Stunden zu akzeptieren. „Außerdem werden Prämien um zehn Prozent
gekürzt“, erklärte André Wissenberg im Vorfeld der Entscheidung.

Ab 2005 sollen die Anpassungen bei der Lohnentwicklung immer 2,5
Prozentpunkte unter den allgemeingültigen tariflichen Entwicklungen
liegen. „2008 und 2009 wird das Weihnachtsgeld um 25 Prozent gekürzt„,
so Wissenberg weiter. Und ein Teil der Führungskräfte verzichtet auf
fünf von 30 Urlaubstagen.

Trotz Verzicht weiterer Personalabbau

Der Blick ins Jahr 2010 ist jedoch nicht ungetrübt. Denn eine Garantie
für einen kompletten Stellenerhalt in der Zukunft geben die
Entwicklungen bei Schlafhorst nicht. „Es wird noch ein harter
Preiskampf auf diesem Markt werden„, blickte André Wissenberg in die
Zukunft. Bisher habe es in dem Unternehmen „noch keine größeren
Einbußen gegeben„.
Aber es sei zu erwarten, dass die Zahl der Anbieter in China wachse und
das Geschäft „immer schwieriger„ werde. „Weiterer Personalabbau ist zu
erwarten„, so Wissenberg allein schon, weil bei neuen
Maschinengenerationen weniger Montageleistung vonnöten sei.„

Mit diesem Votum für 40 Stunden bei vollem Lohnausgleichs-Verzicht wird
das Management jetzt an die IGMetall herangehen und einen
entsprechenden „Haustarif„ verhandeln. Gleichzeitig haben große Teile
des Saurer-Konzerns (nicht nur Autocoro) ihren Austritt aus dem
Unternehmerverband zum Ende des Jahres erklärt. Es ist also noch die
Frage, ob sich der Konzern überhaupt mit der Gewerkschaft, die ja zu
vielen Kompromissen bereit ist „um Arbeitsplätze zu retten„, einigen
will und muss. Rückendeckung gibt es etwa von Wirtschaftsminister
Clement,  der laut ap vom 24.10. „in jeder Hinsicht für eine
Ausweitung der Arbeitszeit: in der Woche, im Jahr und im Leben„
plädiert, und natürlich von diversen Wirtschaftsverbänden.

Wenn also die Wirtschaftsfunktionäre von den schlechten
Rahmenbedingungen für Unternehmen in Deutschland fabulieren, dann ist
das durchaus nicht nur ein Gejammer in Richtung Regierung und
Gesetzgeber, etwas zur Verbesserung der Gewinne zu tun. Es ist auch die
Aufforderung an die Industriebosse, selbst tätig zu werden: und sie tun
es.

Die Kolleginnen und Kollegen bei Autocoro haben sich nun leider selbst
eine Niederlage beigebracht, wohlgemerkt sicher in dem guten Glauben,
ihren jeweiligen Arbeitsplatz wenigstens etwas sicherer zu machen. Wenn
die IGMetall einlenkt, haben alle Beschäftigten an allen Standorten ein
Problem.

39 Prozent der Beschäftigten haben allerdings ein solches „Angebot„ zur
„Beschäftigungs-Sicherung„ abgelehnt. Das lässt hoffen, dass es auch
genug kämpferische Kolleginnen und Kollegen gibt, welche die Erpressung
durchschauen und in Zukunft Sand im Getriebe der kapitalistischen
Ausbeutung sind.

S.N.