Presseerklärung der türkischen Tageszeitung

Der Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte die Tageszeitung
„Günlük Evrensel“ wegen einemr Karikatur des Karikaturisten Sefer Selvi,
die am 5. April 2004 erschienen war, um 10 Milliarden Türk. Lira
„Schmerzensgeld“ verklagt. Beim Amtsgericht in Ankara wurde unter
Vorsitz vom Richter Bülent Cinar verhandelt und die Zeitung zu einer
Geldstrafe von 10 Milliarden Lira verurteilt. Der Betrag soll auch noch
ab dem Erscheinungsdatum der Karikatur mit dem höchsten Zinssatz der
Banken verzinst werden.
Gerade dass Erdogan, der bei den Diskussionen um den sog.
Ehebruch-Paragrafen so tut als ob dieser ein wichtiges
Demokratie-Kriterium für die Türkei wäre, selbst nicht mal Kritik
ertragen kann, kann nicht hingenommen werden.
Sogar in Zeiten der despotischsten Herrschaften hat Humor eine gewisse Toleranz genossen.
Die Regierung peitscht einerseits, um in die EU zu kommen,
Gesetzesnovellen durch das Parlament, andererseits bleibt sie durch die
Praktiken sogar hinter den osmanischen Herrschern.
Dass die türkischen Gerichte auch noch alles tun, um den Regierenden
alles recht zu machen, zeigt auch die traurige Situation in der die
türkische Justiz steckt.
Eine Demokratie, die den Humor verbietet, kann im besten Falle eine tragische Demokratie sein.
Wir werden uns aber auch durch solche Beschlüsse davon nicht aufhalten
lassen, den Ministerpräsidenten Erdogan und die Praktiken der Regierung
zu kritisieren. Unsere Zeitung Evrensel wird nicht zulassen, dass die
Meinungsfreiheit durch Gelderpressungen auf der Strecke bleiben. Wir
verurteilen diesen Urteil und rufen alle, die für die Demokratie und
Pressefreiheit sind auf, gegen solche antidemokratische Praktiken zu
protestieren.
Ihsan Caralan
Verantwortliche Leiter
der Tageszeitung „Günlük Evrensel“
EVRENSEL
Hermann-Becker-Str. 2
50672 Köln
Tel:0221-913 12 90
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Istanbul, 23 September 2004